Lawinen sind schnell, zerstörerisch und in vielen Fällen tödlich. Jahr für Jahr sterben alleine in den Alpen rund 100 Menschen durch Schneeabgänge, trotz immer besserer Warnsysteme. Die meisten Lawinen werden von den späteren Opfern selbst ausgelöst. Und gerade diese tragische Tatsache birgt auch die größte Hoffnung: Denn Prävention und das richtige Verhalten am Berg können wesentlich dazu beitragen, Lawinenunfälle zu verhindern. Wir haben zusammengestellt, wie Lawinen entstehen und wie man sich beim alpinen Wintersport verhalten sollte.
Einer einmal ausgelösten Schneelawine zu entkommen, ist schwer. Im schlechtesten Fall ist es unmöglich. Die Lawine rast mit einer Geschwindigkeit von bis zu 300 Stundenkilometern gen Tal und reißt mit ihrem ungeheuren Druck alles mit sich, was sich in den Weg stellt - Häuser, Bäume, erst recht Menschen. Die Jahrhunderte seit der ersten Alpenüberquerung bis zum modernen Skisport haben dies nicht geändert. Doch das Wissen um die Entstehung von Lawinen ist heute größer denn je. So können sichere Pisten präpariert und präzise Warnungen für die Zufahrtswege in die Berge gegeben werden. Spezialausrüstung hilft, im Falle eines Lawinenabgangs zu überleben. Die Fakten:
Wie Lawinen entstehen
Lawinen entstehen nicht durch Zufall. Es müssen bestimmte Voraussetzungen erfüllt sein, die zumindest im Grundsatz erforscht sind. Entscheidend für die Lawinengefahr sind dabei vor allem klimatische und geographische Faktoren. Gerade bei den klimatischen Parametern wird das Gefahrenpotential allerdings nicht allein von den gerade herrschenden Wetterverhältnissen beeinflusst. Entscheidend sind neben den aktuellen Niederschlägen auch die Verhältnisse, die in den vergangenen Tagen und Wochen vor Ort geherrscht haben, und so Einfluss auf die Beschaffenheit der abgelagerten Schneeschichten hatten.
Erstes Kriterium ist immer der Hang selbst. Fällt er steiler als 30 Grad ab, besteht die potentielle Gefahr von Schneebrettlawinen. Schneeschollen, die nur noch ungenügenden Halt finden, lösen sich ab und donnern talwärts. Dabei wird weiterer Schnee mitgerissen.
Der Halt der Schneemassen am Hang wird maßgeblich von der Beschaffenheit der übereinander liegenden Schneeschichten bestimmt. So können zum Beispiel Schönwetterphasen nach dem Schneefall dafür sorgen, dass sich auf der Oberfläche Reif bildet und neuer Schnee nicht mehr richtig haftet. Im Extremfall ist die Spannung zwischen den Schneeschichten so hoch und die Stabilität der Lagen damit so gering, dass es ohne weitere Einflüsse von außen zum Lawinenabgang kommt. Skifahrer, die unbedacht in einen derart gefährdeten Hang fahren, würden das Lawinen-Risiko erheblich verstärken. Aufgrund der Erschütterungen können die Zwischenschichten die obere Schneedecke nicht mehr halten, es kommt zum Bruch und damit zur Lawine.
Neben Schneebrettern kann auch lockerer Schnee als Lawine abgehen. Meist, jedoch nicht generell, sind diese Abgänge weniger gefährlich. Formt sich der lockere Schnee zu einer Staublawine, kann es zu einer verheerenden Kettenreaktion kommen. Schon die Druckwelle, die vor der Lawine hergeschoben wird, entwickelt dabei eine hohe Zerstörungskraft. Der Mensch kann bei den Druckverhältnissen im Schnee-Luft-Gemisch nicht atmen, eine oft tödliche Verbindung.
Wer ist am meisten gefährdet
Die Gefahr, dass ganze Alpendörfer unter den Schneemassen einer Lawine begraben werden, ist heutzutage gering - trotz der immer dichteren Besiedlung. Seit Jahrzehnten wird viel Zeit, Geld und Knowhow in den Schutz investiert. Zu den Maßnahmen zählt auf der einen Seite die Aufforstung, denn Gebirgswälder bieten einen effektiven und relativ günstigen Schutz, und auf der anderen Seite die Umsetzung technischer Schutzmaßnahmen. Die Spannbreite reicht von der hangseitigen Verstärkung von Gebäuden bis hin zu großen Ablenkdämmen und Stützverbauungen.
Die Wahrscheinlichkeit von einer Lawine überrascht zu werden, ist für Wintersportler, die jenseits der normalen Pisten fahren, mit Abstand am höchsten. Das eigene Verhalten bestimmt das Risiko mit. Den meisten Wintersportlern ist dies auch bewusst.
Wie senke ich das Risiko
Bleiben Sie auf ausgeschilderten Pisten und meiden Sie gerade bei starkem Schneefall Gebiete, die sich unter steilen Hängen befinden. Damit ist das Risiko, von einer Lawine erfasst zu werden, sehr gering.
Für viele Menschen sind die unberührten Pisten in einsamen Bergregionen der eigentliche Reiz. Allerdings sollte man dort die Gefahren dann einzuschätzen wissen, die richtige Ausrüstung besitzen und vor allem auch in der Euphorie bedacht handeln. Mutproben gefährden auch andere, und die Folgen sind oft irreversibel.
Vor der Tour sollte man sich gezielt über die örtlichen Wetter- und Schneeverhältnisse erkundigen. Dafür stehen sowohl diverse regionale Bandansagen als auch persönliche Auskunftsdienste zur Verfügung. Die wichtigsten Rufnummern finden Sie zum Beispiel hier.
Es beginnt bei der passenden Kleidung, die vor Unterkühlung schützen muss. Wer sich alleine auf Tour begibt, erhält im Notfall keine Hilfe. Von Alleingängen ist daher abzuraten. Zugleich sollte jedoch beachtet werden, dass man sich als Tourengruppe nicht gemeinsam in potentielle Gefahrenbereiche begibt. Nur wer ausreichend Abstand hält, kann im Notfall helfend eingreifen. Ein sogenanntes VS-Gerät zur Suche nach Verschütteten sowie eine Lawinenschaufel müssen mitgeführt werden. Erprobt sind auch Lawinenbälle und Lawinen-Airbags, die im Notfall an der Oberfläche bleiben, oder ein tiefes Verschütten zu verhindern helfen.
Von entscheidendem Einfluss auf die Lawinengefahr ist der eigene Fahrstil, der Wissen und Erfahrung voraussetzt. Die Schneedecke sollte im Zweifelsfall nur vorsichtig belastet werden, was unnötige Sprünge und scharfe Schwünge ausschließt. Hänge sind möglichst weit oben zu queren, unter Ausnutzung der örtlichen Gegebenheiten wie Bäume, die im Zweifelsfall Schutz bieten. Erkennbare Vertiefungen wie Gräben sollten gemieden werden.
Was tun, wenn ich in eine Lawine gerate
Um eine Lawine zu überleben, muss schnell aber nicht übereilt gehandelt werden. Die Chance, einer großen Lawine durch "Flucht" zu entgehen, ist oft gering. Der Versuch kann dem dazu führen, dass die Zeit für andere Vorsorgemaßnahmen fehlt. Fahrfehler führen in die Katastrophe, die sonst vielleicht noch zu verhindern gewesen wäre.
Wichtig ist es, Skistöcke und Ski rechtzeitig abzuwerfen. Sie würden sich im Schnee verankern, womit dem Skifahrer der Bewegungsraum fehlt und er noch tiefer verschüttet wird. Wenn möglich, sollte der Betroffene versuchen, sich mit Schwimmbewegungen an der Oberfläche zu halten. Zugleich gilt es den Mund- und Nasenraum mit einem Hohlraum zu schützen, um die Erstickungsgefahr zu verringern. Meist stehen hierfür nur die Hände zur Verfügung. Wer eine Avalung-Weste trägt, kann das Mundstück zwischen die Zähne klemmen und zur Atmung im Schnee nutzen.
Wer spürt, dass die Bewegungen des Schnees langsamer werden, sollte versuchen, in Hockstellung zu gehen, die Arme vor der Brust zu kreuzen und das Gesicht mit den Händen zu schützen. Auch hier geht es vorrangig darum, ausreichend Atemraum zu schaffen.
Wie kann ich Verschütteten helfen?
Bei der Bergung von Verschütteten geht es vor allem um Zeit, denn oft stehen nur wenige Minuten für die Rettung zur Verfügung. Umso genauer der Helfer beobachten konnte, wo sich das Opfer befindet, umso größer sind die Chancen, rechtzeitig helfen zu können. Dabei sollte man allerdings die Gefahr von Nachlawinen nicht unterschätzen und den Hang im Auge behalten.
Entscheidend ist der richtige Umgang mit dem VS-Gerät - die Rettung beginnt daher weit vor dem Unglücksfall. Nur wer den Umgang mit der Technik geprobt hat, wird im Ernstfall sicher reagieren können. Im Allgemeinen gilt es, von der groben Ortung über Signale zur Punktortung zu gelangen. Dafür muss das Gerät von der maximalen Reichweite immer weiter feinjustiert werden.
Der Verschüttete wird im Rahmen seiner Möglichkeiten versuchen, sich bemerkbar zu machen, wenn er die Helfer selbst hören kann. Achten Sie daher auf Rufzeichen oder andere Signale.
Sollte es an technischen Hilfsmitteln fehlen oder die Suche erfolgslos bleiben, sollte eine Unfallmeldung abgesetzt werden, ohne die Suche abzubrechen. Der Notruf der Bergrettung ist in Österreich unter 140, der allgemeine Notruf unter 144 erreichbar.
Nützliche Tipps und Adressen
Im Laufe der Zeit wurden verschiedene mobile Geräte entwickelt, um die Chancen bei Lawinenabgängen zu verbessern. Hier die wichtigsten im Überblick:
Lawinenairbag: Dieses Druckluftsystem wird am Körper getragen und per Zug aktiviert. Es füllt sich mit Luft und hält den Skifahrer so näher an der Oberfläche.
Lawinenschaufel: Da sich der Schnee bei einer Lawine stark verdichten kann, muss mit einer Schaufel gegraben werden. Um die Verletzungsgefahr für den Verschütteten zu verringern, hat diese keine scharfen Kanten.
Lawinen-Verschütteten-Suchsystem/ LVS: Das System besteht aus Sender und Empfänger und dient der Ortung des Verschütteten. Es wird von den Skifahrern am Körper getragen. Vor der Tour ist die Batterie-Ladung zu kontrollieren.
Lawinensonde: Diese leichten, bis zu vier Meter langen Stäbe werden zusammengesteckt und zur Suche nach dem Verschütteten im Schnee verwendet. Mit der Sonde lässt sich auch der genaue Fundort markieren.
Reflektoren: Kleidungsreflektoren reagieren auf die Peilgeräte der Suchkräfte, indem sie Mikrowellen zurückwerfen und so einen Signalton zur Ortung auslösen.
Lawinenseminare: Es gibt ein breites Angebot an Kursen, in denen das richtige Verhalten geschult wird. Adressen und Daten regionaler Angebote bietet das Internet.
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