Miriam Fussenegger ist die neue Buhlschaft im Salzburger "Jedermann". Noch ist die österreichische Schauspielerin recht unbekannt. Doch das wird sich ändern.

Mehr News zum Thema Kultur

Helga Rabl-Stadler, die Präsidentin der Salzburger Festspiele, war rundum zufrieden. Kein "Zund", kein einziger Hinweis sei nach außen gedrungen über diese Personalie, und das in einer "so vertratschten Branche".

Und die Personalie, über deren gelungene Geheimhaltung sich Rabl-Stadler bei einer Pressekonferenz im Januar so gefreut hatte, war die neue Buhlschaft für den "Jedermann" des Festspielsommers 2016. Sie heißt Miriam Fussenegger, stammt aus Linz und ist mit 25 Jahren eine der bisher jüngsten "Jedermann"-Geliebten der Festspielgeschichte.

Wenn eine Buhlschaft abtritt - diesmal war es Brigitte Hobmeier, die während dreier Festspielsommer die begehrte Rolle verkörperte - wird in den Medien immer lustvoll über die Nachfolgerin spekuliert.

Fussenegger hatte wohl keiner auf der Liste. Denn die junge Linzerin ist schauspielerisch ein mehr oder weniger unbeschriebenes Blatt. Auch die Tatsache, dass sie 2015 die Lucy Brown in der ziemlich verunglückten Salzburger Neuinszenierung von Bertolt Brechts "Dreigroschenoper" gab, verhalf ihr noch nicht zu nachhaltiger Bekanntheit.

Miriam Fussenegger: "Ich war perplex"

"Im ersten Moment, in dem das Angebot kam, war ich geschockt, geschmeichelt, aufgeregt und ziemlich perplex - alles auf einmal. Und mir war klar: das muss ich erst einmal sickern lassen", bekannte die junge Schauspielerin in einem von den Festspielen veröffentlichten Interview.

Die Rolle mit einer so jungen und unbekannten Schauspielerin zu besetzen, rechne sie dem scheidenden Festpielchef Sven-Eric Bechtolf hoch an. "Das ist verwegen, und ich hoffe, der Mut zum Risiko wird belohnt."

Dabei ist die Rolle gar nicht so bedeutend - oder doch?

Das traditionelle Tamtam um die Salzburger Buhlschaften verhält sich umgekehrt proportional zur Bedeutung der Rolle. Gerade einmal fünfzig kurze Verszeilen hat Hugo von Hofmannsthal der Geliebten seines "Jedermann" gedichtet.

Das ergibt eine Sprechzeit von wenigen Minuten - bei zwei Stunden Aufführungsdauer. Und besonders wichtig für den dramaturgischen Verlauf des "Spiels vom Sterben des reichen Mannes" mit seinen mittelalterlich anmutenden Knittelversen ist sie auch nicht. Eher nettes Beiwerk als tragende Rolle.

Und doch verspricht die Rolle viel Prestige. Die Liste der bisherigen Buhlschaften ist lang und verzeichnet so bedeutende Schauspielerinnen wie Christiane Hörbiger, Senta Berger, Sunnyi Melles und Veronika Ferres.

Eines haben die Damen gemeinsam: blendendes Aussehen. Auch wenn sich Festspielchef Sven-Eric Bechtolf beeilte anzumerken, für ihn sei wichtig gewesen, "eine Künstlerin zu suchen, die vor allem als Schauspielerin vorkommen kann - und nicht eine Kostümträgerin mit berühmtem Namen".

Frau und Kind in einem

Für Fussenegger verkörpert die Buhlschaft die "Jederfrau", den "Prototypen der Weiblichkeit". Der Figur werde oft Eindimensionalität vorgeworfen und etwas Kommerzielles, sagte sie.

"Ich aber sehe so viele verschiedene Frauentypen in ihr. Da ist diese stolze, erhabene und sinnliche Frau, genauso wie ein kleines trotziges Kind, das nur feiern, Spaß haben will. In ihr sehe ich die derbe Wirtin genauso wie die weiblich Kluge, die Empathische."

Dass Fussenegger Talent hat, dürfte außer Frage stehen. Immerhin wurde sie am Wiener Max-Reinhardt-Seminar ausgebildet, das viele Burgschauspieler hervorgebracht hat.

Auch Fusseneggers "Jedermann"-Partner, Cornelius Obonya, hatte ein Jahr an der Talentschmiede zugebracht. Zu ihren Lehrern gehören Klaus Maria Brandauer und Nicholas Ofczarek, die beide als "Jedermann" auf dem Salzburger Domplatz Erfolge gefeiert hatten.

Auf Fotos wirkt die junge Frau mit den langen, blonden Haaren und den sinnlichen Lippen fast noch etwas kindlich. Starrummel ist ihr bislang fremd. Doch das dürfte sich nach der Premiere am Abend des 23. Juli auf dem Salzburger Domplatz ändern.  © dpa

JTI zertifiziert JTI zertifiziert

"So arbeitet die Redaktion" informiert Sie, wann und worüber wir berichten, wie wir mit Fehlern umgehen und woher unsere Inhalte stammen. Bei der Berichterstattung halten wir uns an die Richtlinien der Journalism Trust Initiative.