Köln - Jedes Jahr am 6. Januar zieht der Kölner Dom alle Register. Dann rumort es im Turm wie sonst nur an Weihnachten und Ostern. Die ganz großen Glocken läuten, und es gibt Weihrauch bis zum Umfallen. Denn an diesem Tag feiern die weltweit 1,4 Milliarden Katholiken eines ihrer höchsten Feste: Heilige Drei Könige. Und eben diese Royals aus dem Nahen Osten liegen der Überlieferung zufolge in Köln am Rhein.

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Ein ganzer Dom nur für ein paar Knochen

Der Kölner Dom ist sogar eigens für diese Könige gebaut worden. Im Mittelalter ging eine solche Faszination von ihren Reliquien - den sterblichen Überresten - aus, dass Köln zum größten Pilgerort nach Rom und Santiago de Compostela aufstieg. Auch heute ist die Magie noch nicht ganz verschwunden.

Der Goldschrein, in dem die Knochen der Heiligen Drei Könige aufbewahrt werden, ist der größte und wertvollste, der im Mittelalter je hergestellt wurde. Am 6. Januar wird er jeweils für eine Woche geöffnet, und das zieht viele Gläubige an. Hinter einem Gitter können sie dann die verschrumpelten Totenköpfe von Kaspar, Melchior und Balthasar erkennen - so sollen die Könige angeblich geheißen haben.

Unterwegs mit Kamel und Elefant

Für manche überzeugte Katholiken ist das ein erhebender Anblick, für andere vielleicht eher gruselig. Manch einer mag die Könige vermutlich lieber als Bestandteil von Weihnachtskrippen: Mit prachtvollen Kronen, Turbanen und exotischen Gewändern ausstaffiert, werden sie von Kamelen und mitunter sogar von Elefanten begleitet. Oftmals sind die Könige mit ihrem prächtigen Gefolge die eigentlichen Hingucker. Sie stehlen Maria und Josef die Schau.

Die Heiligen Drei Könige werden sichtbar
Am 6. Januar wird im Kölner Dom der Schrein der Heiligen Drei Könige geöffnet. (Archivbild) © dpa / Rolf Vennenbernd/dpa

Was weiß man nun aber eigentlich über sie? Heilige sind sie eigentlich gar nicht, denn sie wurden nie vom Papst heiliggesprochen. Dass es drei waren, wird nur davon abgeleitet, dass sie dem Jesuskind drei Geschenke mitgebracht haben sollen: Gold, Weihrauch und Myrrhe.

Könige sind es wohl auch nicht gewesen: Diese Bezeichnung wird erst seit dem 5. Jahrhundert verwendet - vermutlich, weil im Alten Testament prophezeit wird, dass der Messias von Königen beschenkt werden würde. Und dieser Messias ist nach christlicher Überzeugung Jesus. Da wäre es - so die gängige Auffassung damals - gut, wenn die Prophezeiung auch erfüllt würde. Ein bisschen Trickserei, könnte man sagen.

Am Anfang stand eine Werbetournee

In der Bibel kommen die Könige nur an einer einzigen Stelle vor. Der Evangelist Matthäus erwähnt sie. Aber er bezeichnet sie nicht als "Könige", sondern als "magoi" - Sterndeuter aus dem Morgenland.

Wie kamen die Knochen nun ausgerechnet nach Köln? Köln war im Mittelalter die größte Stadt im deutschsprachigen Raum. Der mächtige Kölner Erzbischof und Erzkanzler Rainald von Dassel brachte die Knochen 1164 als Kriegsbeute aus Mailand nach Köln.

In Italien hatten sie bis dahin gar nicht so viel Aufsehen erregt, aber Rainald legte auf seiner langen Reise nach Köln immer wieder Zwischenstopps ein und feierte Gottesdienste - das steigerte die Bekanntheit der Könige enorm. Es war eine Art Werbetour, und diese erwies sich für Köln als enorm vorteilhaft, weil nun zahllose Pilger in die Stadt strömten und dort Geld ausgaben. Die Heiligen Drei Könige waren jahrhundertelang ein enormer Wirtschaftsfaktor für die Handelsmetropole.

Sind die eigentlich echt?

Interessant ist natürlich die Frage, wie alt die Knochen sind. Wissenschaftlich untersucht wurden sie noch nie, wohl aber die Stoffe, in die sie eingewickelt sind. Ergebnis: Es handelt sich um syrischen Damast, Purpur und Seide aus dem 2. oder 3. Jahrhundert nach Christus. Also immerhin aus der Antike, wenn auch nicht aus der Zeit von Jesus.

Öffnung des Dreikönigsschreins im Kölner Dom
Die Öffnung des Schreins der Heiligen Drei Könige zieht jedes Jahr viele Gläubige an. (Archivbild) © dpa / Rolf Vennenbernd/dpa

Das sei aber letztlich auch gar nicht so wichtig, sagt die katholische Kirche heute. Wie bei einem Kunstwerk ist entscheidend, was die Leute darin sehen.

Ein Aspekt macht die Könige bis heute aktuell und relevant: Schon im Mittelalter wurden sie den drei damals bekannten Kontinenten Europa, Asien und Afrika zugeordnet. Sie repräsentieren damit gleichsam alle Menschen der Welt. Zu einer Stadt wie Köln, in der Menschen aus über 180 Nationen mit mehr als 150 verschiedenen Religionen zusammenleben, passt das ziemlich gut.  © Deutsche Presse-Agentur

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