Trauer um Gerhard Klingenberg: Der ehemalige Burgtheater-Direktor ist im Alter von 95 Jahren gestorben. Als Regisseur war er an vielen renommierten Bühnen engagiert. Klingenberg arbeitete auch mit Bertolt Brecht zusammen.

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Der ehemalige Burgtheater-Direktor Gerhard Klingenberg ist tot. Wie das Burgtheater am Mittwoch mitteilte, starb er am Dienstag im Alter von 95 Jahren in Villach. Der Schauspieler, Regisseur und Intendant leitete das Haus von 1971 bis 1976. Klingenberg sei "immer wach im Geist, klug in der Erinnerung und vielseitig interessiert" gewesen, würdigte Burgtheater-Direktor Martin Kušej den Verstorbenen.

Geboren wurde Gerhard Klingenberg am 11. Mai 1929 als Sohn eines sozialdemokratisch geprägten Vaters und einer streng katholischen Mutter. Er wuchs im traditionellen Arbeiterbezirk Floridsdorf auf. Nach dem Zweiten Weltkrieg nahm er Schauspielunterricht und sprang als 18-jähriger Einspringer als Camille in "Dantons Tod" am Burgtheater ein, danach führte ihn sein erstes Engagement an das Klagenfurter Stadttheater. Zugleich manifestierte sich hier bereits Klingenbergs Interesse an der Regie, inszenierte er doch schon in seinem ersten Jahr Curt Goetz' "Das Haus in Montevideo".

Nach einem Direktionswechsel verließ er Klagenfurt und ging zunächst ans neu eröffnete Stadttheater in St. Pölten, danach nach Innsbruck. Als Regisseur folgten Aufträge an renommierten Bühnen wie dem Deutschen Theater in Ostberlin, in Köln, Hamburg, am Schauspielhaus Zürich oder in Düsseldorf. Auch inszenierte der junge Klingenberg fürs deutschsprachige Fernsehen. Zugleich war der theatrale Tausendsassa weiterhin als Schauspieler tätig und wurde in dieser Funktion gleichsam geadelt, als ihn Bertolt Brecht 1956 ans Berliner Ensemble holte. Hier wirkte Klingenberg unter anderem an der Uraufführung des Brecht-Stücks "Die Tage der Commune" mit.

Klingenberg inszenierte in den 1960er-Jahren erstmals am Burgtheater

1968 inszenierte Klingenberg dann erstmals am Burgtheater und sah sich mitten in Debatten um eine Strukturreform inklusive Auflösung der Bundestheaterverwaltung bald im Zentrum der Nachfolgespekulationen, als Direktor Paul Hoffmann sich zum vorzeitigen Rücktritt bereit erklärte. Wie er schließlich 1970 tatsächlich gewählt wurde, schilderte Klingenberg in seiner 1998 erschienenen Autobiografie "Kein Blatt vor dem Mund" so: "Leopold Gratz (der zuständige Minister, Anm.) versammelte das Ensemble des Burgtheaters im Zuschauerraum und bat die Schauspieler, den Namen des Direktors, den sie sich wünschten, auf einen Zettel zu schreiben und diesen in einen vorbereiteten Karton zu werfen." Jahre später hätte er von Gratz das geheim gehaltene Ergebnis erfahren: Von 86 abgegebenen Stimmen waren auf Klingenberg 33 entfallen.

Und so begann 1971 eine prägende Zeit für die große Bühne am Ring. Klingenberg holte europäische Regiegrößen wie Jean-Louis Barrault, Giorgio Strehler oder Luca Ronconi nach Wien und platzierte Stücke von Horvath, Bernhard, Pinter und Stoppard zwischen den Kanon der Klassiker. Er selbst ein Verfechter des Theaters als moralischer Anstalt setzte sich als Regisseur vor allem mit Shakespeare, Brecht, Marlowe, Ionesco oder Grillparzer auseinander. Zugleich bemühte sich Klingenberg, mit dem Projekt "Die Junge Burg" ein jüngeres Publikum ans Haus zu binden und der Zuschauerschaft moderne Literatur und neue Inszenierungsstile vor allem am Akademietheater näher zubringen.

Aufsehen in Berlin

Und doch währte Klingenbergs Regentschaft an der Spitze der Burg nicht allzu lange. Nach Konflikten mit Politikern, Beamten, Presse und Ensemble machte Klingenberg bereits 1976 Platz für Achim Benning. Anschließend wurde er Leiter des Schauspielhauses in Zürich, wo er bis 1982 blieb. Zwischen 1986 und 1995 war Klingenberg dann Intendant des Berliner Renaissancetheaters und erregte einiges Aufsehen, als er 1991 Harald Juhnke wegen dessen Alkoholeskapaden kurzerhand feuerte. In der Folge arbeitete Klingenberg als freier Regisseur und an Büchern wie "Das gefesselte Burgtheater" (2003) und "Aus vergangenen Burgtheater Tagen" (2009).

Zu den vielen Auszeichnungen, die der Vater des Regisseurs Reinhard Schwabenitzky erhalten hat, zählen das Große Ehrenzeichen für Verdienste um die Republik Österreich (2000), der Jakob Prandtauer-Preis (2002) und das Große Goldene Ehrenzeichen für Verdienste um die Republik Österreich (2009). (APA/tas)

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