• Für sein neues Open-World-Abenteuer kreuzt Hersteller Ubisoft die "Assassin's Creed"-DNA mit der von "Zelda"-Held Link.
  • Ungewöhnlich, farbenfroh, humorvoll: Das Spiel nimmt sich selbst nicht ernst.
  • Das Ergebnis lässt sich auf PC, PS4, PS5, Xbox One, Series X/S und Switch bestaunen.
Eine Kritik
von Robert Bannert

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Ubisofts neues Spiel "Immortals Fenyx Rising" darf durchaus als eine Art göttliches Gaga-Gegenstück zur "Assassin's Creed"-Reihe betrachtet werden: Ja, auch hier ist es eine Open World, die erkundet werden will. Aber die Mini-Antike ist dann doch ein gutes Stück weit kleiner, bunter und "Zelda"-hafter, als man das von der nie enden wollenden Meuchelmörder-Mär gewohnt ist. Hinzukommt: Es darf auch gelacht werden.

Im altgriechischen Olymp hängt der Haussegen schief: Weil sich das mythologische Riesenmonster Typhon aus seinem Gefängnis befreit hat, müssen die Götter jetzt zittern: Der Macht der Bestie haben sie selbst mit vereinten Kräften wenig entgegenzusetzen - darum sucht der verzweifelte Zeus die Hilfe eines ungewöhnlichen Verbündeten: die des Titanen Prometheus.

Weil der vor Jahrtausenden den Menschen Feuer und Erleuchtung brachte, ist er im Tartarus angekettet - dem finstersten Winkel der Unterwelt. Aber der Gefangene weiß Rat - und zwar in Form einer Geschichte: Er berichtet dem Göttervater von den Abenteuern einer Kriegerin, die Typhon bezwingen könnte: Fenyx, Titelgeberin von Ubisofts neuem Abenteuer "Immortals Fenyx Rising".

Während Prometheus weiter erzählt und der leicht dümmliche Göttervater das Epos mit schnippischen Kommentaren garniert, ist es eigentlich der Spieler, der durch seine Aktionen die Geschichte schreibt.

Mächtiges Equipment für Fenyx

Nachdem Fenyx an die Küste der Götterwelt gespült wurde, findet sie während einer Art Tutorial-Prolog rasch das Rüstzeug für das gesamte spätere Spiel: Mit Herkules' mächtigen Armschienen wuchtet sie Kisten und schwere Steinbrocken mühelos hoch, um sie anschließend auf Rätsel-Plattformen zu platzieren oder sie aufdringlichem Sagengetier an den Schädel zu schmeißen. Odysseus' Bogen wiederum verschießt entweder aufgeladene oder zielsuchende Schüsse, die der Spieler aus der Ego-Perspektive steuert. Mit Ikarus' mechanischen Flügeln vollführt Fenyx Doppelsprünge und gleitet über Abgründe, in den Echtzeit-Kämpfen dagegen werden das Schwert des Achilles oder eine wuchtige Axt geschwungen.

Das Möchtegern-Zelda

All das ergibt in Summe ein abenteuerlustiges Kraftpaket, das es zwar vor allem mit dem fiesen Typhon und seinen Schergen aufnehmen, aber außerdem einem großen Vorbild gleichtun will: Nintendo-Spitzohr "Link" und seinen "Zelda"-Abenteuern. Vor allem der Switch-Starttitel "Breath of the Wild" stand den "Immortals Fenyx Rising"-Designern offenkundig Pate: Wie der Open-World-Link durchstreift Fenyx eine bunte Comic-Welt voller Rätsel und Geheimnisse - aber ohne NPCs. Alle Bürger sind zu Stein erstarrt.

Hirnschmalz spielt beim Entwirren der oft Physik-basierten Puzzles in den Tiefen des Tartarus eine ebenso wichtige Rolle wie das Equipment der Heldin: Mit dem Armband Kisten verschieben und auf Schalter-Platten bugsieren, mithilfe der Flügel über warme Luftströme segeln oder über bewegliche Plattformen springen, fragile Aufbauten mit Steinbrocken bewerfen - ähnliche Rätsel-Konstruktionen kennen Genre-Fans aus den Tempelanlagen von "Breath of the Wild".

Sogar ihre Kletter-Technik scheint sich Fenyx bei Link abgeschaut zu haben: Auch die Griechin klettert senkrechte Wände mühelos empor - und wie das Nintendo-Spitzohr büßt sie dabei nach und nach Segmente ihrer Ausdauer-Anzeige ein. Bis sie erschöpft in die Tiefe stürzt. Darum ist gut beraten, wer genug magische Pilze (ja, Pilze) gebunkert hat: Die werden entweder direkt oder in Form eines Tranks verzehrt, um die angeschlagene Ausdaueranzeige aufzumöbeln. Ähnlich funktioniert die Regeneration der Lebensenergie: Wer im Kampf gegen haushohe Zyklopen, wütend schnaubende Minotauren und schlangenhaarsträubende Gorgonen zu viele Federn lässt, der knabbert an leckeren Granatäpfeln oder mixt daraus im magischen Kessel von Zauberin Circe einen heilenden Sud.

Göttliche Sammelleidenschaft

Aber auch sonst gibt es in der Welt der griechischen Götter- und Sagen-Gestalten jede Menge zu sammeln: Ambrosia erhöht das Maximum der Lebensenergie und ist ähnlich selten wie ein Herzteil in der "Zelda"-Welt. Für die Münzen von Fährmann Charon kauft man stärkere Fähigkeiten, die Blitze des Zeus möbeln die Ausdauer auf und verschiedene Juwele sowie Mineralien helfen dabei, Fenyx Ausrüstung zu verbessern.

Obwohl die für Open-World-Spiele von Ubisoft typische DNA an dieser Stelle deutlich erkennbar ist, artet "Immortals Fenyx Rising" niemals in eine Sammelorgie wie "Assassin's Creed" oder "Far Cry" aus: Die frei bereisbare Spielwelt ist angenehm kompakt, die Rätseldichte erfreulich hoch und die von Zeus sowie Prometheus humorig kommentierte Geschichte zwar nicht sonderlich komplex, aber zumindest charmant erzählt.

Das Fazit:

Endlich hat man in einem Open-World-Titel von Ubisoft mal wieder das Gefühl, als wäre jeder Berg, Hügel, Baum und Höhleneingang mit viel Bedacht gesetzt worden. Auch wenn die visuelle Qualität des Titels selbst auf Next-Gen-Maschinen nicht das Niveau eines "Assassin's Creed"-Spiels erreicht, so ist "Immortals Fenyx Rising" immer schön und vor allem dynamisch genug, um in Spielern die Sorte Emotion zu wecken, die zum Weiterzocken ermuntert: Man fiebert mit, lacht, flucht und jubelt - und freut sich über das vielleicht nicht prachtvollste, aber auf jeden Fall sympathischste und engagierteste Ubisoft-Projekt seit vielen Jahren. Noch ein bisschen besser - und diese prächtig andersartige Fenyx hätte Link gefährlich werden können.

(tsch)  © 1&1 Mail & Media/teleschau

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