Mit "With Love, Meghan" ist die neue Doku-Reihe von Herzogin Meghan auf Netflix gestartet. Die Serie ist voll mit Instagram-tauglichen Nichtigkeiten – der Vorwurf, anti-feministisch zu sein, geht allerdings zu weit.
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Um eines gleich vorweg zu sagen: Wer auf Gossip über das britische Königshaus hofft, wird hier bitter enttäuscht. In "With Love, Meghan" geht es einzig darum zu zeigen, wie schön und leicht das Leben in irgendeinem lichtdurchfluteten Luxus-Cottage irgendwo in Montecito, Kalifornien, sein kann.
In der ersten Folge lernen wir, wie Meghan mit wenigen Handgriffen One-Pot-Pasta für ihren Gast und guten Freund Daniel Martin zubereitet und mit selbst geerntetem Honig eine "nackte" Torte zaubert. Aus den Wachs-Überresten der Honigernte werden anschließend gemeinsam Bienenwachskerzen gegossen, die – durch Zugabe von Lavendel- oder Rosmarinöl – eine "erdende" Wirkung verströmen.
"With Love, Meghan": Sinnlich statt alltagstauglich
Nachahmungswürdig dürfte der gezeigte Lifestyle – vom ein oder anderen Kuchenrezept mal abgesehen – wohl für die allerwenigsten Zuschauerinnen und Zuschauer sein: Diese Tipps richten sich an Menschen, die neben Gästezimmern auch die Zeit haben, das Badesalz für ihre Übernachtungsgäste selbst herzustellen. Im Alltag der wenigsten wird dafür Platz sein. Aber darum geht es vielleicht auch gar nicht.
Seit jeher lieben wir es, den Schönen und Reichen bei ihrem vermeintlich perfekten Leben zuzuschauen, obwohl – oder gerade weil – wir uns selbst nie ein Anwesen mit 13 Badezimmern leisten könnten. Schon bei vielen Lifestyle-Shows vor "With Love, Meghan" stand weniger die Alltagstauglichkeit als vielmehr die Sinnlichkeit im Vordergrund – und so tropft auch hier der selbst geerntete Honig sekundenlang ästhetisch langsam durch ein Sieb, bevor er zu Kuchen verarbeitet wird.
Auch die Unterhaltungen mit ihren prominenten Gästen – in der ersten Folge ihr früherer "Suits"-Maskenbildner Daniel Martin – stören die kontemplative Stimmung des Cottage-Küchen-Idylls nicht. Kontroverser als "Magst du Tomaten?" – "Ich liebe Tomaten!" wird es zumindest in der ersten Folge nicht. Keine Ecken, keine Kanten, alles fließt: "With Love, Meghan" wirkt wie eine zur Serie gewordene Lavalampe: absolut beruhigend.
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Anti-Feministisch? Kritik an der Heimeligkeit
Doch wenn die Herzogin von Sussex ein Projekt startet, lässt die Kritik nicht lange auf sich warten. Zuallererst der Vorwurf, dass es sich bei dem ansehnlichen Cottage tatsächlich nicht um Meghans eigene vier Wände handelt, sondern um ein angemietetes Anwesen in der Nähe.
Schwerer wiegt der Vorwurf, die Doku-Serie sei "anti-feministisch". Mit ihrem Rückzug ins Heimelige gieße sie Öl ins Feuer der "Tradwife"-Bewegung, in der die Frau – ganz im Stil der 1950er-Jahre – gefälligst im häuslichen Umfeld ihre Selbstverwirklichung zu finden hat.
Dabei ist es nicht per se unfeministisch, sich für Kochen oder Blumenarrangements zu begeistern. Viele Menschen haben Freude daran, darunter offenbar auch Meghan. Zum Problem wird die Rückkehr ins Häusliche erst, wenn sie als gesellschaftlich zugewiesene Rolle verstanden wird – doch weder beschränkt die Unternehmerin Meghan ihren Wirkungskreis allein auf Heim und Herd, noch rät sie ihren Zuschauerinnen dazu.
Es spricht nichts dagegen, es sich zu Hause gemütlich zu machen – und sei es nur durch das Einschalten einer Lifestyle-Show auf Netflix. Man kann "With Love, Meghan" zwar gerade jetzt schrecklich banal finden. Wahr ist jedoch auch, dass sich Menschen in unruhigen Zeiten wie diesen nach Rückzug und Entschleunigung sehnen und dazu neigen, sich in Nostalgie zu flüchten – ein gedanklicher Rückzug in eine Welt von früher, in der vermeintlich alles besser war.
Das gilt auch für Meghan selbst: Die Serie knüpft inhaltlich an ihren früheren Lifestyle-Blog "The Tig" an – und damit an eine Zeit, als ihr Name noch nicht mit dem royalen Drama in Verbindung gebracht wurde. Ob "With Love, Meghan" mit den vielen Instagram-tauglichen Nichtigkeiten für alle anderen als Mittel zur individuellen Alltagsflucht taugt, darf jeder und jede für sich selbst entscheiden.