Am Samstagabend zeigt Das Erste (ab 20:15 Uhr) die ersten vier Folgen von "Finsteres Herz – Die Toten von Marnow 2", die zwei weiteren Episoden werden am 11. Dezember ausgestrahlt. Sabrina Amali und Bernhard Conrad geben in der Fortsetzung der Krimi-Miniserie ihr "Marnow"-Debüt und übernehmen als Sonderermittler den rätselhaften Fall.
Im Interview mit unserer Redaktion spricht Bernhard Conrad über seine "ambivalente" Figur Hagen Dudek und die Erzählung von zwei Zeitebenen in der zweiten Staffel. Zudem erklärt der 43-Jährige, warum er als Schauspieler gern mit dem Zweifel arbeitet.
Herr Conrad, nach der erfolgreichen ersten Staffel von "Die Toten von Marnow" kommen in der zweiten Sonderermittler hinzu, einer davon sind Sie. Warum wurden Hagen Dudek, den Sie verkörpern, und Maja Kaminski auf den Fall angesetzt?
Bernhard Conrad: Die beiden Hauptkommissare Mendt (gespielt von
Ziehen die beiden denn an einem Strang?
Nun ja, sie ist von der Polizei, er vom LKA. Die beiden sollen den Fall übernehmen, stehen aber vor großen Herausforderungen. Sämtliche Akten sind vernichtet worden. Es gibt nichts, woran sie sich halten können. Hinzu kommt, dass meine Figur von seinem LKA-Chef unter Druck gesetzt wird, da dieser Dudeks dunkles Geheimnis kennt. Obwohl Maja und Hagen eigentlich ein Team sind, soll er das Mädchen im Rahmen einer verdeckten Ermittlung vor ihr finden. Es beginnt ein verzweifelter Wettlauf gegen die Zeit.
"Die Toten von Marnow 2": Die beiden Teams ermitteln zu verschiedenen Zeiten
Ist ein großer Unterschied zu anderen Krimis, dass sich die beiden Ermittlerteams im Verlauf der sechs Folgen gar nicht begegnen?
Ja, die beiden Teams ermitteln zu verschiedenen Zeiten – zwei Wochen liegen zwischen den Ereignissen. Ich finde, die Erzählung von zwei Zeitebenen und die damit verbundenen Vor- und Rückblenden machen den großen Reiz der zweiten Staffel aus. Ich liebe diese Art der Dramaturgie total.
Es ist großartig, wie Drehbuchautor Holger Karsten Schmidt die Serie konzipiert und geschrieben hat und der Regisseur Andreas Herzog die sechs Teile zusammen mit unserer Kamerafrau Claire Jahn umgesetzt hat. Und ein entscheidender Vorteil entsteht bei dieser Art des Erzählens noch – die Zuschauenden wissen nie, wie es weitergeht, perfekt für eine Serie.
Wie schwierig ist es für die Zuschauenden, der Handlung zu folgen?
Man muss schon dran und konzentriert bleiben. Die Handlung lebt aber auch von der Atmosphäre und den Emotionen der einzelnen Figuren. Zudem wird sehr vieles nonverbal erzählt. Mir gefällt es, dass nicht alles haarklein erklärt wird – wie so häufig bei Fernsehproduktionen üblich. "Die Toten von Marnow 2" hat wirklich Kinoformat.
Zunächst ist nicht klar, ob Dudek wirklich ein "Guter" oder vielleicht doch ein "Böser" ist. Spielen Sie lieber den "Guten" oder den "Bösen"?
Das Menschliche ist immer das Wahrhaftigste. Wann sind wir nur gut? Und wann sind wir nur böse? Da sind wir bei den großen Schwarz/Weiß-Fragen des Lebens. Jeder Mensch trägt doch Geheimnisse in sich. Ich persönlich mag diese Ambivalenz. Für jede Schauspielerin und jeden Schauspieler ist es ein schönes Geschenk, einen vielschichtigen Charakter darstellen zu dürfen. Diese Gelegenheit habe ich hier bekommen.
Was für ein Mensch ist dieser "ambivalente" Hagen Dudek?
Hagen Dudek lebt mit seiner Schwester, die infolge eines tragischen Unfalls an den Rollstuhl gebunden ist, zusammen in einem Haus. Die Eltern gibt es nicht mehr. Es gibt Spekulationen über das Verhältnis der Geschwister. Sind sie vielleicht mehr als das? Besteht zwischen den beiden etwa eine Liebesbeziehung?
Beruflich gesehen ist Hagen ein harter Arbeiter, der trotz des großen Stresses und der Begleiterscheinungen versucht, möglichst seine innere Ruhe zu bewahren. Wir dürfen nicht vergessen, wie krass dieser Beruf ist. Ermittler haben es regelmäßig mit Leichenfunden oder Kindesentführungen zu tun. Das ist harter Tobak.
Haben Sie sich im Vorfeld der Krimireihe mit echten Ermittlern darüber ausgetauscht?
Ich hatte das Glück, in der Vorbereitung auf den Film "Tod am Rennsteig" (Conrad verkörpert darin einen Fallanalytiker; Anm. d. Red.) den Leiter des niedersächsischen Profilings kennenzulernen. Dieser Mann hat mir Geschichten erzählt, die du im ersten Moment gar nicht glauben magst. Diese Leute haben Nerven aus Stahlseilen. Anders kann ich es mir nicht erklären, dass sie 40 Jahre lang diesen Beruf ausüben und trotzdem noch ruhig schlafen können.
Können Sie denn ruhig schlafen, nachdem Sie Krimi-Drehbücher gelesen oder harte Szenen abgedreht haben?
Eine große Portion Empathiefähigkeit gehört zu meinem Beruf dazu. Da ich mich als empathischen Menschen bezeichnen würde, fällt es mir nicht schwer, das auch beruflich anzuwenden. Dennoch muss man aufpassen, dass man schwierige Situationen, die man als Schauspieler in seiner Figur durchlebt, nicht mit nach Hause nimmt.
Ich versuche immer, möglichst tief in die Psyche meiner Rollen einzudringen. Für den Moment setzt man sich damit natürlich einer Verletzlichkeit aus. Das kann sehr einsam machen. Zum Glück habe ich aber eine Familie, die mich auffängt, und eine Frau, die mich versteht – weil sie selbst Schauspielerin ist.
Sind Sie ein Perfektionist?
Ja, das Wort könnte man auch verwenden (lacht). Ich bin definitiv mein größter Kritiker und arbeite gern mit dem Zweifel. Das bedeutet aber nicht, dass ich ein Zweifler bin. Vielmehr hinterfrage ich das, was ich tue – mit Blick darauf, ob es vielleicht noch einmal eine andere Wendung oder Perspektive braucht.
In einer Episode kommt es für Kaminski und Dudek zu einem Showdown am Schweriner Hauptbahnhof. Wie aufwendig waren die Dreharbeiten?
Der Dreh dafür fand nicht im, sondern außerhalb des Bahnhofs statt. Insofern ist es vielleicht spannender, über die Szenen zu sprechen, die wir in einer Einkaufsmall in Hannover gedreht haben. Das lief nämlich alles im laufenden Betrieb ab. Um Filmfehler zu vermeiden, muss genau darauf geachtet werden, dass der Hintergrund einer Szene unverändert bleibt.
Komparsen müssen zum Beispiel exakt da sitzen, wo sie schon bei der vorherigen Klappe gesessen haben. Hier war das anders. Das Mädchen musste bei der Verfolgungsjagd im Shoppingcenter dauernd in Bewegung sein, Rolltreppe rauf, Rolltreppe runter, der Blick der Kamera über mehrere Etagen musste immer gegeben sein.
Wir benötigten zum Glück kein großes Aufgebot an Aufpassern – und absperren konnten wir sowieso nichts. Aufgrund der Weitläufigkeit haben die Menschen drumherum auch gar nicht viel von uns mitbekommen.
Sie haben von einem Komplizen ("Soko Leipzig") über einen Trickbetrüger ("Nord bei Nordwest") bis hin zu einem Vergewaltiger ("Stralsund: Kein Weg zurück") schon eine Reihe zwielichtiger Gestalten gespielt. Wäre es nach "Die Toten von Marnow" mal an der Zeit für eine Komödie?
Da sprechen Sie etwas an, das mir tatsächlich am Herzen liegt. Ich habe wahnsinnige Lust auf eine kluge Komödie. Grundsätzlich bin ich ein Fan von Tragikomödien. Ich sehe mich da, wo sich das lachende und das weinende Auge zuzwinkern – auch wenn ich mich generell in tiefgründigen Krimis und Thrillern spielerisch sehr wohlfühle.
Sie wurden in Weimar geboren. Welchen Anteil hatte Goethe daran, dass Sie Theater- und Filmschauspieler geworden sind?
Bei mir war es reiner Zufall. Mein Vater hat nach seinem Studium in Leipzig eine Stelle als Geiger am Orchester in Weimar angenommen. Nach zwei Jahren wechselte er an das Leipziger Gewandhausorchester und meine Eltern zogen mit uns Kindern wieder zurück. Ich bin schlicht und einfach in der Weimarer Zeit meiner Eltern zur Welt gekommen.
Ob nun Goethe und Schiller, der in Bezug auf Weimar übrigens gern unter den Tisch gekehrt wird, bei mir gedanklich etwas beigetragen haben, glaube ich eher nicht. Unabhängig davon wollte ich schon seit meiner frühesten Kindheit Schauspieler werden.
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Wen wollten Sie damals gerne spielen?
Ich konnte mich als Kind nicht entscheiden, ob ich einen Gendarmen, Robin Hood oder einen Piraten spielen wollte. Irgendwie wollte ich immer alles sein können. Als ich hörte, dass es einen Beruf gibt, in dem man spielen kann, dachte ich: Das ist es doch! Ich bin drangeblieben, obwohl ich zwischenzeitlich auch Tierarzt werden und später ein Malerei-/Grafikstudium anfangen wollte.
Über den Gesprächspartner:
- Bernhard Conrad ist ein deutscher Schauspieler. Der in Weimar geborene Theater- und Filmdarsteller tritt häufig in renommierten Krimireihen in Erscheinung. Unter anderem blickt er auf Episodenhauptrollen in den Serien "Polizeiruf 110", "Tatort" oder "Stralsund" zurück.
- In "Tod am Rennsteig: Auge um Auge" verkörperte Conrad einen Fallanalytiker. Für den Kinofilm "Kahlschlag" wurde er 2020 in der Kategorie "Schauspieler in einer Hauptrolle" mit dem Deutschen Schauspielpreis ausgezeichnet. Neben seiner Tätigkeit als Darsteller fungiert Bernhard Conrad als Sprecher für Hörspiele und TV-Dokumentationen.
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