Batic ein Mörder? Der "Tatort: Der Tod ist unser ganzes Leben" führt nicht nur die Freundschaft zwischen den Kommissaren an ihre Grenzen, sondern wirft auch einen kritischen Blick auf die Arbeitsweise von Kommissar Batic. Aber was ist Fiktion und was realistisch? Der "Tatort" im Faktencheck.
Ein "Tatort" der besonderen Art: "Der Tod ist unser ganzes Leben" ist kein klassischer Krimi mit dem Dreieck Täter – Opfer – Kommissar. Stattdessen steht diesmal Kommissar Ivo Batic (
Sein Kollege Franz Leitmayr (
1. Arbeiten Polizisten wirklich mit diesen riesigen Pinnwänden?
Sie gehört zum Krimi wie Schmauchspuren und Fingerabdrücke: die Pinnwand. Wenn die Kommissare im Fernsehen den Mörder suchen, dann heften sie stets Fotos von Verdächtigen, Opfern oder dem Tatort an eine große Pinnwand.
Königsklasse der Pinnwandhefterei sind rote Wollfäden, mit denen mögliche Verbindungen zwischen Beteiligten nachgezeichnet werden sollen. Auch im "Tatort" sieht man Kommissar Leitmayr, wie er Fotos von einer riesigen Pinnwand nimmt, nachdem der Fall erledigt scheint.
Aber arbeiten echte Kommissare wirklich noch damit oder ist das nur eine nette Filmrequisite? Ja und nein. Pinnwände sind tatsächlich auch in der Realität im Einsatz, wie Tom Bernhardt, Kriminalhauptkommissar und Pressesprecher des Landeskriminalamtes (LKA) Sachsen, erklärt: "Natürlich verwenden viele Kollegen noch die guten alten Pinnwände. Auch auf Flipcharts wird gerne herumgemalt und skizziert."
Aber nur Oldschool ginge 2017 natürlich nicht, wie Bernhardt ergänzt: "Wir nutzen aber auch moderne Visualisierungsmethoden wie interaktive Whiteboards oder spezielle Software, welche entsprechend gefüttert ganze Netzwerke visualisieren kann."
Weiter sagt er: "Das Thema Massendatenauswertung hat mittlerweile eine große Bedeutung, da wir im Zeitalter der mobilen Kommunikation mit 'einfachen' Visualisierungen nicht mehr hinkommen würden."
2. Darf ein Kommissar private Kontakte zu Opfern haben, in deren Fall er ermittelt?
Kommissar Batic hat eine ganz besondere Beziehung zu Ayumi Schröder (Luka Omoto). Im Vorgänger-"Tatort: Die Wahrheit" wurde ihr Mann vor ihren Augen niedergestochen. Batic freundete sich damals mit Ayumi und ihrem Sohn Taro an.
Eine Freundschaft, die Batic auch jede Menge Ärger einbrachte, besonders mit der internen Ermittlung. Da stellt sich natürlich die Frage, ob Ermittler überhaupt solche privaten Beziehungen zu Opfern haben dürfen.
Dazu erklärt Kriminalhauptkommissar Bernhardt: "Potenzielle Beziehungen haben sich natürlich möglichst auf den Zeitraum nach einem Verfahren zu beziehen. Entscheidend ist hier immer, dass es zu keiner Beeinflussung des Verfahrens kommt und die Dienstgeheimnisse gewahrt bleiben. Unter diesen Maßgaben ist dies natürlich durchaus denkbar."
Zu einer Beeinflussung eines Zeugen oder auch nur zu einem solchen Verdacht darf es also nicht kommen. Für Bernhardt gehört ein gewisses Engagement aber zum beruflichen Selbstverständnis dazu: "Ein richtiger 'Vollblutpolizist' fragt unter Umständen auch mal nach oder kümmert sich um Unterstützung, welche über den Fall hinaus geht – vermittelt Ansprechpartner oder Hilfe."
3. Was hatte Batic überhaupt beim Transport von Barthold zu suchen?
Es ist die tragische Entscheidung des "Tatorts": Kommissar Batic möchte beim Transport des mutmaßlichen Täters Klaus Barthold (Gerhard Liebmann) von der Justizvollzugsanstalt zum Prozess dabei sein. Sein Ziel: Mit Barthold reden und dem scheinbar teilnahmslosen Mann klarmachen, "dass ihn das etwas angeht".
Diese Entscheidung, den Beschuldigten zu begleiten, bringt alles andere erst ins Rollen – bis die Situation eskaliert. Ist es aber überhaupt realistisch, dass Batic mitfahren, geschweige denn mit Barthold reden darf?
Wenn ein Tatverdächtiger in Haft ist, erfolgt der Transport von Beschuldigten, eine sogenannte Vorführung, meist durch die Kräfte der Justiz. Soweit ist der "Tatort" also stimmig. "Wenn der Angeklagte vielleicht vergisst zu erscheinen, werden auch mal Polizisten tätig und holen die Person ab", erklärt Kriminalhauptkommissar Bernhardt.
Dass es zu solchen Szenen wie im "Tatort" kommt, versucht man aber in der Realität auszuschließen: "Grundlegend wird man hier immer vermeiden, die direkten Fallbearbeiter zu nehmen, denn dann könnte jeder mittelprächtige Verteidiger eine Beeinflussung seines Mandanten in den Raum stellen", so Bernhardt: "Ob wahr oder nicht, es verzögert die Verhandlung unnötig und beeinflusst vielleicht sogar die Urteilsfindung – also vermeidet man dies."
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