Der Eklat zwischen Donald Trump und Wolodymyr Selenskyj wird bei der Oscar-Verleihung lange nicht thematisiert, insgesamt wirkt die Show etwas zu gewollt gutgelaunt in schwierigen Zeiten. Erst gegen Ende sendet Moderator Conan O'Brien eine klare Botschaft an den US-Präsidenten.

Eine Kritik
Diese Kritik stellt die Sicht von Christian Stüwe dar. Informieren Sie sich, wie unsere Redaktion mit Meinungen in Texten umgeht.

Fast 100 Minuten vergingen bis zum ersten politischen Statement bei der 97. Verleihung der Academy Awards in der Nacht von Sonntag auf Montag deutscher Zeit. "Slava Ukraini" (dt. Ruhm der Ukraine), rief Daryl Hannah zu Beginn ihrer Ansprache, die Schauspielerin hob die rechte Hand und machte das Victory-Zeichen.

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Der Eklat zwischen US-Präsident Donald Trump und dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj im Weißen Haus, der seit Freitag die Welt in Atem hält, wurde bis zu diesem Punkt ausgespart. Hannah positionierte sich als erste Laudatorin an diesem Abend klar und sie sollte die einzige bleiben.

Weder Whoopi Goldberg noch Oprah Winfrey oder Mark Hamill, die eigentlich für eindeutige politische Statements bekannt sind, äußerten sich zu Trump, der US-Präsident stand wie der berühmte Elefant im Raum.

Conan O'Brien macht einige böse Witze

Auch Moderator Conan O'Brien, der die Show mit einem fast 15-minütigen Stand-up begann, sparte das Thema zunächst aus. Dafür kroch er in einem Einspieler als Anspielung auf den Body-Horrorfilm "The Substance" aus dem Körper von Demi Moore und machte einige böse Witze.

"Diese Show wird ohne KI produziert, wir setzen stattdessen auf Kinderarbeit", sagte O'Brien. Er witzelte über den hellgelben Anzug von Schauspieler Timothée Chalamet und vermutete, dass der "Dune"-Star wohl eher nicht von einem Auto angefahren werde, wenn er nach der Show nach Hause radele.

Regisseur von "No Other Land" spricht von ethnischen Säuberungen

Sehr politisch wurde es im Dolby Theatre in Los Angeles, als "No Other Land" als bester Dokumentarfilm ausgezeichnet wurde. Der palästinensische Regisseur und Aktivist Basel Adra sprach über die Besetzung seiner Heimat und von "ethnischen Säuberungen" durch Israel.

Bei der Berlinale 2024 hatte der Auftritt der Filmemacher um Adra Diskussionen über Antisemitismus ausgelöst, bei den Oscars wurde die Rede nicht weiter eingeordnet.

Auch nicht von Steven Gätjen und seinem Netman und Co-Kommentator Paul Luca Fischer, die in der deutschen Übertragung auf ProSieben in den Pausen immer wieder zugeschaltet wurden und das Geschehen kommentierten.

Feuerwehrleute aus Los Angeles tragen Witze vor

Oscar-Verleihung
Conan O'Brien begrüßte einige Feuerwehrleute auf der Oscar-Bühne. © picture alliance/ZUMAPRESS.com/AMPAS

Wenig später standen Feuerwehrleute auf der Bühne, die die verheerenden Brände in Los Angeles bekämpft hatten. Sie bekamen viel Applaus, aber auch hier wurde eine Chance vertan. Anstatt die Einsatzkräfte gebührend zu würdigen, ließ O'Brien sie Witze vortragen.

Was irgendwie typisch war für eine Show, die in schwierigen Zeiten etwas zu gewollt gutgelaunt wirkte.

Einige große Momente hatten die Oscars 2025 aber zweifellos. Zoe Saldaña dankte nach ihrer Auszeichnung als beste Nebendarstellerin im Film "Emilia Perez" in einer tränenreichen Rede ihrer Mutter und Großmutter und sprach über den Migrationshintergrund der Familie.

Morgan Freeman würdigt verstorbenen Gene Hackman

Paul Tazewell verwies darauf, als erster schwarzer Mann den Kostüm-Oscar gewonnen zu haben und erhielt viel Applaus. Morgan Freeman würdigte den verstorbenen Gene Hackman. "Ich habe einen lieben Freund verloren", sagte Freeman über seinen Kollegen, mit dem er in mehreren Filmen vor der Kamera stand.

Eine besondere Geschichte hatten auch die Filmemacher Hossein Molayemi und Shirin Sohani zu erzählen, die für den Kurzfilm "In the Shadow of the Cypress" ausgezeichnet wurden.

Erst kurz vor dem Abflug hatten sie ihre Visa erhalten, nach 25-stündiger Reise waren sie unmittelbar vor der Show in Los Angeles gelandet. Sie nutzten die Gelegenheit, um auf die schwierige Lage im Iran hinzuweisen.

Gerd Nefzer bedankt sich auf Schwäbisch

Aus deutscher Sicht hatte die 97. Oscar-Verleihung zwei Höhepunkte. "Du bist der Beste", sagte der Brite Peter Straughan auf Deutsch zu Regisseur Edward Berger, nachdem er den Oscar für das beste Drehbuch für "Konklave" erhalten hatte.

Wenig später wurde sogar Schwäbisch gesprochen. "Dankeschön, das ist großartig!", rief der Effektkünstler Gerd Nefzer mit deutlich schwäbischem Einschlag, nachdem er für seine Mitarbeit an "Dune 2" ausgezeichnet worden war. Dann setzte Musik ein, um seine Ansprache abzuwürgen. Eine Unart, die auch Gätjen kritisierte. "Wenn man sieht, dass jemand noch etwas sagen möchte, ist das einfach nicht in Ordnung", sagte der Oscar-Veteran.

Ähnlich erging es Adrien Brody, der den Oscar als bester Hauptdarsteller in "The Brutalist" erhielt. Brody, der bereits 2003 einen Oscar für "Der Pianist" bekommen hatte, stellte aber mit seiner ganzen Routine klar, dass er sich nicht unterbrechen lassen würde. Er hielt ein Plädoyer gegen Hass, Rassismus, Antisemitismus und gesellschaftliche Spaltung, was ein Highlight der Oscar-Nacht war.

Am Ende stichelt Conan O'Brien gegen Trump

Und auch Moderator Conan O'Brien sendete gegen Ende der Oscar-Show noch eine politische Botschaft.

"Ich denke, die Amerikaner freuen sich, dass sich endlich jemand gegen einen mächtigen Russen wehrt", sagte O'Brien, als er über die Handlung des Films "Anora" sprach, der mit fünf Oscars der Gewinner des Abends war.

Zunächst war Raunen aus dem Publikum zu hören, dann Jubel. Dafür musste der Comedian den Namen von Donald Trump nicht einmal aussprechen.