Ob als Susi Gmeinwieser in den urbayerischen "Eberhoferkrimis" oder als Kommissarin Sarah Kohr in der gleichnamigen Krimireihe: Seit gut einem Jahrzehnt bleibt Lisa Maria Potthoff ihren Paraderollen treu.
Am 18. März (ab 20.15 Uhr im ZDF) ermittelt die 45-jährige Schauspielerin im neuen "Sarah Kohr"-Fall "Zement" quasi gegen sich selbst. Wie sich dieser ungewohnte Handlungsstrang für sie angefühlt hat, wie es ihr nach ihrem Unfall bei den Dreharbeiten geht und wo sie sich wirklich heimisch fühlt, verrät
Frau Potthoff, wie fühlt es sich eigentlich an, wenn man gegen sich selbst ermitteln muss? Vor genau dieser besonderen Herausforderung stehen Sie als Kommissarin Sarah Kohr in dem Film "Zement"…
Lisa Maria Potthoff: Ich gehe stark davon aus, dass es kein gutes Gefühl ist. Sarah Kohr kann sich sicherlich etwas Besseres vorstellen. Sie muss sich in diesem Film auch mit der Schuldfrage auseinandersetzen – und damit meine ich weniger die juristische, sondern vielmehr die moralische Schuld. Sie muss sich die Frage stellen, wie es überhaupt dazu kommen konnte.
Zur Einordnung: Sarah Kohr soll angeblich einen Unschuldigen getötet haben, kann sich daran aber nicht erinnern…
Ja, genau. Ich selber war noch nie in so einer Situation, kann mir aber gut vorstellen, dass es der reinste Horror ist, wenn man etwas Furchtbares begangen haben soll, man sich selber aber die Erklärung schuldig bleibt. Der Film beginnt mit einem dramatischen Krankenwagen-Unfall, ehe Sarah Kohr plötzlich in einem Krankenhaus aufwacht…
Ungeplanter Krankenhaus-Aufenthalt
Es gibt eine Parallele zwischen der Figur Sarah Kohr und Ihnen, auf die Sie ganz bestimmt gerne verzichtet hätten: Auch Sie hatten vor gar nicht allzu langer Zeit einen ungeplanten Krankenhaus-Aufenthalt. Was war passiert?
Ich habe mich bei den Dreharbeiten verletzt – also nicht am Set von "Zement", sondern während der Arbeiten am nächsten "Sarah Kohr"-Film. Im Grunde genommen ist es einfach dumm gelaufen, verschiedene Faktoren haben zu dem Unfall geführt. Grundsätzlich war der Stunt, bei dem es passiert ist, nicht besonders herausfordernd. Ich bin einfach falsch aufgekommen, nachdem ich über einen Schreibtisch geworfen wurde.
Ärgerlicherweise bin ich parallel auf Knie und Fuß gelandet, wobei ich mir das Kreuzband, den Außenmeniskus und das Innenband gerissen habe. Immerhin konnte ich die Dreharbeiten vor meiner Operation noch relativ weit voranbringen. Wir haben sie sogar fast in den Hafen gefahren – mit Ausnahme einiger bewegungsintensiver Szenen.
Wie geht es Ihnen aktuell? Machen Sie Fortschritte?
Die Reha läuft eigentlich ganz gut. Ich war zuvor noch nie im Krankenhaus, bin insofern eine Erstbetroffene. Klar ist aber, dass es sich schon um eine recht langwierige Geschichte handelt. Man muss sich eben nach und nach wieder herantasten.
Wollen Sie nach Ihrer vollständigen Genesung Ihre Stunts weiterhin selbst umsetzen oder werden Sie auf ein Stunt-Double zurückgreifen?
Mir bleibt im Prinzip gar nicht so viel Zeit, um intensiv in mich hineinzuhorchen. Hinter uns steht ein 30-köpfiges Team, sowohl die Produktion und der Sender als auch meine Person wollen so schnell wie möglich weiterdrehen. Zudem ist in rund zehn Jahren "Sarah Kohr" bisher alles gut gegangen. Irgendwann erwischt es einen leider mal. Von daher werden wir jetzt nicht in Panik verfallen, sondern sicherlich vieles beibehalten. Wenn das Risiko dann doch mal zu groß erscheint, kann ich am Set jederzeit auf ein Double zurückgreifen. Das war im Übrigen auch schon vor dem Unfall so.
Welche Erkenntnisse haben Sie mit Blick auf den Unfall am Set für sich persönlich mitgenommen?
Tatsächlich gibt es schon ein paar Dinge, die ich ohne meine Verletzung vielleicht nicht gelernt hätte. Das soll jetzt gar nicht so esoterisch klingen, aber: Ich habe versucht, das Glück in diesem Unglück zu suchen. Dass ich auf diese Weise mit meinem Unfall umgehen würde, hat mich ein Stück weit überrascht. Es hätte nämlich auch gut sein können, dass ich monatelang schimpfend und mit meinem Schicksal hadernd durchs Leben gehe. Das ist nicht passiert. Also ich hatte da im Vorfeld keine große Erwartungshaltung an mich (lacht).
Mentale Stärke durch Krav Maga
Sie betreiben privat Krav Maga, eine Kampfsportart. Kommt Ihnen dieses Hobby jetzt zugute?
Vielleicht mit Blick auf die mentale Stärke, die einem beim Ausüben der Kampfkunst mitgegeben wird. Ich lerne verschiedenste Kampfkunstrichtungen wie Thaiboxen und Kickboxen, seit einigen Jahren weniger Krav Maga. Wir trainieren auch Elemente aus dem Kung Fu oder Taekwondo. Ich hatte nach meinem Unfall schon das Gefühl, dass ich ein bisschen davon zehren kann. Der Kopf spielt grundsätzlich eine große Rolle.
Zurück zu "Zement": Warum demonstriert in dem Film eigentlich eine Umweltgruppe gegen den Bau einer U-Bahnstrecke? Ist doch besser, als mit dem Auto zu fahren, oder etwa nicht?
Diesen Seitenstrang finde ich auch sehr spannend, da ich bisher genauso gedacht habe. Mit der U-Bahn zu fahren, ist doch für die Umwelt besser, als sich mit dem Auto fortzubewegen. Das stimmt ja auch, aber: Der Film zeigt, dass der ökologische Gewinn mit Blick auf die massiven Bauarbeiten und die immensen Mengen an Zement wahnsinnig gering beziehungsweise sogar anzuzweifeln ist. Mir war das persönlich so gar nicht bewusst.
Was tun Sie mit Ihrer Familie für den Umweltschutz?
Ich würde schon meinen, dass ich ein ökologisch denkender Mensch bin – wobei noch viel mehr möglich wäre. Das gebe ich ganz ehrlich zu. Es gibt aber ein paar Dinge, die sich aus meiner Sicht ohne großen Aufwand in den Alltag einbauen lassen. Unsere Töchter und ich leben zum Beispiel quasi vegetarisch. Oder um es anders auszudrücken: Es gibt nur wenige Tage, an denen wir Fleisch konsumieren. Für uns ist das ein Luxusgut und wir achten genau auf die Herkunft der Produkte.
Diesen ökologischen Beitrag versuche ich auch meinen Kindern zu vermitteln. Es geht mir aber nicht nur um den ökologischen Gedanken, sondern auch darum, regional und saisonal einzukaufen. Mülltrennung, möglichst viel mit dem Fahrrad zu fahren und innerdeutsch nicht zu fliegen: Das sind weitere Beiträge, die ich beherzige und vorleben möchte.
Sie sind gebürtige Berlinerin, aber in der Nähe von München aufgewachsen. Und die "Sarah Kohr"-Reihe spielt in Hamburg. Wo fühlen Sie sich heimisch?
Bayern ist für mich Heimat, Berlin ist mein Zuhause. Es gibt ja dieses ganz spezielle Gefühl, das man nur empfindet, wenn man in seine Heimat kommt – so eine Mischung aus Nostalgie und Wärme. Da kann ich in Berlin noch so glücklich sein: Diese ultimative Wucht an Emotionen befällt mich nur in Bayern – insbesondere in Oberbayern, südlich von München. Dennoch lebe ich gerne in Berlin und auch zu Hamburg hat sich eine Bindung aufgebaut. Ich bin ein großer Fan dieser Stadt, weil Hamburg für mich Berlin und München auf eine gewisse Weise vereint.
Sie blicken auf ein sehr prägendes Jahrzehnt zurück: 2013 lief der erste "Eberhoferkrimi", seit 2014 sind Sie als Sarah Kohr im Einsatz. Als wie kräftezehrend haben Sie die vergangenen Jahre empfunden?
Generell gelten ja die Lebensjahre zwischen 30 und 40 als "Rush-Hour of Life". Bei mir war das auch so. Ich habe in der Zeit Projekte angenommen, die ich mit einer großen Leidenschaft gemacht habe und immer noch mache. Es sind sehr viele schöne und intensive Dinge passiert, auf die ich mit einer großen Dankbarkeit blicke. Das Jahrzehnt war aber auch nicht ohne – mir war jedenfalls nicht langweilig (lacht). Ich bin vor fast 15 Jahren Mutter geworden. Mit Kindern ändert sich das Leben radikal.
Der Erfolg der "Sarah Kohr"-Reihe hat vermutlich auch zu der radikalen Veränderung in Ihrem Leben beigetragen, oder?
Vor allem haben wir dem ZDF-Publikum damit zunächst einmal ganz schön was zugemutet. Ich habe mich zuvor nie wirklich für Quoten interessiert, weil man versuchen muss, sich als Schauspielerin davon weitestgehend unabhängig zu machen. Bei Sarah Kohr war das anders, weil ich wusste, dass unser Produzent Gegenwind bekommen hätte, wenn das Konzept nicht aufgegangen wäre. Der Zuschauer hat uns aber nicht abgestraft, sondern offenbar honoriert, dass wir einen anderen Weg gegangen sind.
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In den urbayerischen "Eberhoferkrimis" wiederum spielen Sie die Susi Gmeinwieser, die von Film zu Film eine Entwicklung genommen und sich emanzipiert hat. Macht es Ihnen dieser Handlungsstrang noch leichter, dem Projekt treu zu bleiben?
Für diese Entwicklung und die Idee, die im Übrigen von der Autorin Rita Falk stammt, bin ich auf jeden Fall sehr dankbar. Diese Transformation ist schon ein gewisses Statement mit Blick auf die zeitgemäße Rolle der Frau. Obwohl wir die Figuren hinsichtlich ihrer gesellschaftspolitischen Bedeutung auch nicht überhöhen sollten.
Dennoch kann man in einer besonderen Komödie wie dieser ein paar Themen mit einem kleinen Augenzwinkern anpacken. Aber selbst wenn sich die Susi, die im letzten Film ("Rehragout-Rendeszvous"; Anm. d. Red.) ziemlich im Fokus stand, nicht so entwickelt hätte, wäre ich dabei geblieben. Das Team macht es mir leicht, wir sind zu einer engen Filmfamilie zusammengewachsen. Auch das ist ein Gefühl von Heimat.
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