Berlin - Es wirkt alles so nett. Mr. Reed (Hugh Grant), ein älterer Herr mit karierter Strickjacke und Opa-Brille, wohnt in einem hübschen Häuschen mit Blumentapete. Er trinkt aus einer Tasse auf der "Hubby"(Kosewort für "Husband", auf Deutsch: Ehemann) steht und hat ein sehr charmantes Lächeln.
Doch nett bleibt es im neuen Horrorfilm "Heretic" nicht lange. Mr. Reed lockt zwei junge Mormoninnen (gespielt von Sophie Thatcher und Chloe East) in sein Haus. Er ist witzig und freundlich und kennt sich zur Freude der Mädchen hervorragend mit Religion aus, entpuppt sich aber als Psychopath. Sein freundliches Lächeln verliert er im Laufe des Films nicht, seine scheinbare Harmlosigkeit aber schon.
"Die Haustür lässt sich nicht mehr öffnen", sagt Reed, als die jungen Frauen panisch versuchen, das Haus zu verlassen. Irgendwann wird es dann - so viel soll verraten sein - brutal, blutig und auch ein bisschen gruselig.
Was ist die wahre Religion?
Der Film hat viele Slapstick-Momente, die für laute Lacher im Kinopublikum sorgen. Mr. Reed reißt ständig Witze. Das macht auch die teils brutalen Szenen etwas erträglicher und verleiht dem sonst etwas vorhersehbaren Drehbuch Originalität. Echte Horror-Fans dürfte der Film aber kaum schocken. Zwar werden die Szenen immer krasser, wirken aber sehr gewollt. Die Logik bleibt dabei etwas auf der Stecke.
Inhaltlich geht es im Film um die großen Fragen: Was ist die wahre Religion? Wie fest ist der eigene Glaube, wenn er auf die Probe gestellt wird? Was haben die unterschiedlichen Glaubensrichtungen gemeinsam?
Grant will Romcom-Image ablegen
Stattdessen spricht der 64-jährige Brite lieber darüber, warum ihm die Rolle als Schurke so viel Spaß macht. "Ich bin nicht der einzige Schauspieler, der gerne den Bösewicht spielt", so Grant. Aus den Rollen sei für gewöhnlich mehr rauszuholen. Sie seien tiefgründiger. "Ich habe den schrecklichen Verdacht, dass wir von Natur aus ziemlich böse, schwarz, gierig, gewalttätig, eifersüchtig, unattraktiv, eitel und narzisstisch sind, und dass sich Schauspieler immer zu dem hingezogen fühlen, was sie am nächsten zu den Wurzeln der eignen DNA zurückführt."
Nominierung für Golden Globe
In den 1980ern habe er öfter Schurken gespielt. "Ich hätte mit all dem weitermachen sollen, habe ich aber nicht." Den Wechsel in die Romcom-Schiene (romantische Komödien) scheint er zu bereuen.
Ein Talent für dunkle Charaktere, ohne Kitsch und Knutschen, hat Grant allemal, wie er in "Heretic" eindrucksvoll beweist. Für seine Darbietung ist er als bester Schauspieler für den Golden Globe nominiert.
Im Film sind der tollpatschig-süße und der bösartige Grant allerdings nicht immer ganz auseinanderzuhalten. Sein Blick - erstaunt hochgezogene Augenbrauen, breites Lächeln - löst unweigerlich Flashbacks aus. Ist das nicht der etwas unbeholfene Premierminister aus "Tatsächlich...Liebe", der sich in seine Assistentin verliebt? © Deutsche Presse-Agentur
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