Seine Ururgroßeltern Franz Joseph und Sisi sind das wohl berühmteste Kaiserpaar der Geschichte, Schauspieler Leopold Altenburg ist aber ein Verfechter der Demokratie. Ein Interview über Familiengeschichte, Sissi-Filme und das Rennen um die Hofburg.
Seit fast 15 Jahren lebt er in Berlin, aber ganz klar - sein Herz schlägt österreichisch: Leopold Altenburg (45) ist nicht nur Schauspieler, Regisseur und Krankenhaus-Clown, sondern auch der Ururenkel von Kaiser Franz Joseph I. und Kaiserin Elisabeth.
Für eine TV-Dokumentation schlüpfte er kürzlich in die Rolle seines prominenten Vorfahren. Mit welchem Gefühl er heute an der Hofburg vorbeigeht und wer sein Favorit für die Bundespräsidentenwahl ist, verrät er im Gespräch mit unserer Redaktion.
Als Ururenkel von Franz Joseph und Sisi: Gibt es Dinge, die Sie wissen, die die Öffentlichkeit nicht weiß?
Leopold Altenburg: Es sind vor allem die Geschichten über meinen Großvater Clemens, die nicht so bekannt sind, die man sich aber in der Familie erzählt. Er mochte die dunklen Gänge und die Stimmung in der Hofburg nicht und hat sich dort sehr unwohl gefühlt.
Sein Großvater Kaiser Franz Joseph hat ihn aber sehr gern gehabt. Er war am Ende sehr einsam, und Clemens' Besuche in Bad Ischl bedeuteten ihm viel, wie er auch in Briefen an Katharina Schratt (Schauspielerin und enge Vertraute des Kaisers, Anm.) festhielt. Ich selbst habe meinen Großvater leider nicht mehr bewusst erlebt, ich war bei seinem Tod noch zu klein.
An Ihrem Großvater Clemens Salvator von Österreich-Toskana liegt es auch, dass Sie heute nicht Habsburg, sondern Altenburg heißen.
Ja, er verliebte sich in Gräfin Elisabeth Rességuier, die Tochter eines Angestellten. Das war laut Hausgesetz der Habsburger nicht standesgemäß. Als er sie 1930 heiratete, änderte er den Familiennamen von Habsburg in Altenburg, und der Titel Erzherzog wurde ihm aberkannt. Daher sind wir Altenburgs Prinzessinnen und Prinzen. Der Ursprung dieser Namensveränderung war also eine echte Liebe.
... anders als bei Ihren Ururgroßeltern, auch wenn deren Ehe in den Sissi-Filmen wie die große Liebe dargestellt wurde. Wie stehen Sie zu den Filmen?
Die meisten wissen, dass die Sissi-Filme nicht die Realität wiedergeben und vieles romantisiert wurde. Man muss es aus damaliger Sicht betrachten, so kurz nach dem zweiten Weltkrieg: die Sehnsucht nach einer heilen Welt.
Gerade ich als Künstler finde es berechtigt, Dinge dramaturgisch zu verändern. Den Sissi-Filmen ist viel zu verdanken: Ohne sie wären die Habsburger nicht so weltberühmt, wie sie es heute sind. Und dass Romy Schneider meine Ururgroßmutter gespielt hat, freut mich schon sehr.
Kürzlich waren Sie auf ServusTV in der zweiteiligen Dokumentation "Der letzte große Kaiser" zu sehen. Der Stolz auf Ihre Vorfahren war Ihnen anzumerken. Ist die Herkunft aber auch manchmal eine Bürde?
Es war immer ein Vorteil, dass ich Altenburg und nicht Habsburg heiße, so musste ich nie sofort Stellung beziehen. Viele in meinem Umfeld haben es auch lange nicht gewusst. Erst durch meinen Besuch bei der Berlin-Premiere des Musicals "Elisabeth" im Jänner, der ein großes Presseecho auslöste, erfuhren Bekannte und Arbeitskollegen auf einmal von meiner Herkunft.
Wenn Sie in Wien sind, mit welchem Gefühl gehen Sie an der Hofburg vorbei?
Das gehört eigentlich mir (lacht). Zögert sich die Bundespräsidentenwahl weiter hinaus, komme ich vielleicht in ein Alter, wo ich sage: Jetzt passt's, jetzt könnte ich kandidieren, dann komme ich zurück in die Hofburg.
Nein, ich bin genauso Tourist wie alle anderen, aber es war schon interessant, für die Dokumentation durch die ganzen Räumlichkeiten zu gehen. Dass der Kaiser an genau diesem Schreibtisch regiert und den Vielvölkerstaat geprägt hat, ist für mich genauso Geschichte wie für alle anderen. Aber zu wissen, unter diesem Schreibtisch hat mein Großvater gespielt, macht alles greifbarer, persönlicher.
Die extravagante Persönlichkeit Ihrer Ururgroßmutter liefert immer noch Stoff für Diskussionen und Verfilmungen. Aber auch über Franz Joseph ist natürlich viel bekannt, etwa seine ausgeprägte Ordnungsliebe und seinen Fleiß. Sucht man als Verwandter da Parallelen zum eigenen Wesen? Und findet sie sogar?
Von ihm habe ich den starken Bartwuchs und von Kaiserin Elisabeth die Schönheit (lacht). Natürlich sucht man Parallelen - vor allem zwischen meinem Vater und Kaiser Franz Joseph finde ich da einige. Ich selbst bin sicher kein Frühaufsteher wie der Kaiser, sondern eher ein Nachtmensch wie Elisabeth. Und ich teile mit ihr die Liebe zu Zirkus und Varieté - darüber würde ich mich wahrscheinlich mit ihr unterhalten.
Dann passt Ihre Arbeit als Künstler besser in die Habsburg-Linie als man auf den ersten Blick meinen könnte?
Wahrscheinlich! Den Habsburgs war es ja damals gar nicht möglich, den Beruf auszuüben, den sie wollten. Wer weiß, wie viele Talente da schlummerten als Komiker oder Schriftsteller. Elisabeth beispielsweise dichtete ja leidenschaftlich gerne, veranlasste aber, dass alles erst 60 Jahre nach ihrem Tod veröffentlicht wird. Heute gibt es zwei Schauspieler und einige andere Künstler in der Altenburg-Familie.
Für die Dokumentationen haben Sie sich noch einmal intensiv mit der Geschichte Ihrer Ahnen befasst. Kamen Sie da auch ins Hadern?
Mir und auch dem Regisseur Stefan Ludwig war wichtig, Franz Joseph weder zu glorifizieren noch zu verurteilen. Mir war wichtig, seine positiven wie negativen Seiten zu betrachten. Natürlich ist es hart zu wissen, dass er die Kriegserklärung unterzeichnet hat.
Gerade zwischen Deutschen und Österreichern wird die Kriegsschuldfrage nach wie vor heiß diskutiert.
Kaiser Franz Joseph I. hat den Ersten Weltkrieg vielleicht nicht verschuldet, aber er hat den Anstoß dazu gegeben. Er ging davon aus, dass es ein kurzer Krieg wird und dass er geführt werden muss, da die Ehre verletzt wurde durch die Ermordung des Thronfolgers.
Wichtig finde ich, mit Distanz aus der Geschichte zu lernen. Wie kam es damals dazu und in der Folge zum Zweiten Weltkrieg? Das hängt ja alles stark zusammen.
Geschichtlich war auch dieses Jahr eines, das Österreich nicht vergessen wird. Die Querelen und Pannen rund um die Bundespräsidentenwahl - müssen sie einem Kaiser-Nachkommen nicht wie Zeichen des Himmels erscheinen?
So würde ich das jetzt nicht sehen (lacht). Ich hoffe, dass bei der nächsten Wahl alles klappt.
Sie gehen also wählen?
Ja, sicher! Die Demokratie ist ein hart erworbenes, hohes Gut.
Wer ist Ihr Favorit?
Ich wünsche mir, dass Alexander Van der Bellen gewinnt. Als Künstler ist es mir wichtig, dass Österreich das bleibt, was es ist: ein liberales und weltoffenes Land.
Doch Wehmut, dass die Monarchie Vergangenheit ist?
Nein, ich bin mit der Republik sehr zufrieden.
Vielleicht kann man das eine oder andere von der k. u. k Monarchie lernen. Franz Joseph einte einen Vielvölkerstaat, in dem Menschen verschiedener Sprachen, Religionen und Kulturen 50 Jahre friedlich miteinander lebten. Man muss sich anschauen: Was hat gut funktioniert, und woran ist der Vielvölkerstaat zerbrochen?
Dennoch halte ich die Monarchie heute nicht mehr für notwendig. Wir haben der Republik 70 Jahre Frieden und Freiheit zu verdanken. Und auch, wenn es einem vielleicht manchmal schwerfällt, jemanden zu finden, den man zu 100 Prozent unterstützen will: Auch dann soll man zur Wahl gehen - und die Demokratie wählen.
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