24 Jahre alt und schon eine Legende: Skispringer Gregor Schlierenzauer ist ein Ausnahmetalent. Er hat WM-Gold, den Gesamtweltcup und die Vierschanzentournee gewonnen. Abseits der Schanze bleibt der Tiroler jedoch auf dem Boden.

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Als Mensch und als Sportler sucht Gregor Schlierenzauer Herausforderungen. Zum Abschluss der Vierschanzentournee reiste der heute 24-Jährige vergangenes Jahr mit einem komfortablen Vorsprung nach Bischofshofen. Als aber der Norweger Anders Jacobsen mit einem sagenhaften 139-Meter-Satz vorlegte, glaubte keiner der 20.000 Zuschauer an einen Sieg des Tirolers. doch der springt einfach. Und gewinnt.

"Ich habe mir da gedacht: 'Erst unter großem Druck reifen die richtig großen Diamanten'", erklärt Schlierenzauer später im Gespräch mit der "Welt". "Dann bin ich gesprungen." Es wurde Schlieris zweiter Gesamtsieg auf der Vierschanzentournee. Zwar hatte ihn der Jacobsen im zweiten Sprung um 1,5 Meter übertroffen, aber sein Vorsprung reichte knapp aus.

Gregor Schlierenzauer ist ein Ausnahmeathlet. Mit 16 Jahren gewann er seinen ersten Weltcup. Heute stehen auf seinem Guthabenkonto 52 Weltcupsiege. Je zweimal hat er den Gesamtweltcup und die Vierschanzentournee auf dem ersten Platz beendet. Fünf WM-Titel mit dem Team und einer in der Einzelwertung stehen ebenso auf seiner Habenseite wie drei Goldmedaillen mit der Mannschaft und eine im Einzel bei der Skiflug-WM. Bei Olympia 2010 in Vancouver holte er mit dem Team Gold, dazu kamen zwei Bronzene im Einzelspringen von der Normal- und der Großschanze. In Sotschi sprang er mit der Mannschaft zu Silber, für eine Einzelmedaille reichte es diesmal nicht. Zeit, auch noch Olympia-Gold im Einzel zu gewinnen, bleibt dem 24-Jährigen genug.

Lasagne von der Mama als Henkersmahlzeit

Trotz seiner Titel und seines Talents ist Schlierenzauer ein bodenständiger Mensch geblieben. Rund 300 Tage im Jahr verbringt er in Hotelzimmern rund um die Welt. Um so wichtiger ist ihm deshalb sein Zuhause. Seinen Hauptwohnsitz hat er immer noch bei seinen Eltern und Geschwistern in Fulpmes im Tiroler Oberland. Bei einer Partie Poker findet er genauso Abstand zum Wettkampfstress wie bei einem Spaziergang mit seiner Freundin Sandra.

Insbesondere zu seiner Mutter Angelika hat er ein inniges Verhältnis. Sooft es geht, nimmt er sich die Zeit und spielt mit ihr Tennis. Wer auf dem Court der Bessere ist, will er nicht verraten. In der Küche allerdings, so gibt er unumwunden zu, hat seine Mutter die Nase vorne. Eine Lasagne, von der Mama gemacht, ist Schlieris Lieblingsspeise. "Ich glaube, das wäre sogar meine Henkersmahlzeit", sagt er.

"Taub sein hat auch etwas Gutes"

Gregor Schlierenzauer ist auch ein sensibler und nachdenklicher Mensch. Vergangenes Jahr sprach ihn Conny Bischofberger in einem "Krone"-Interview auf seine Taubheit auf dem linken Ohr an. "Es hat auch was Gutes", antwortete er. "Mir ist die Welt nämlich auch so schon laut genug. Beim Einschlafen leg' ich mich auf das Ohr, mit dem ich höre, und schalte so alle Lärmquellen ab."

In einem Alter, in dem andere Spitzensportler gerade erst anfangen, erste Medaillen und Titel zu sammeln, hat Schlierenzauer schon so gut wie alles erreicht. Mit Regelmäßigkeit denkt der schlaksige Tiroler in letzter Zeit über einen zumindest vorübergehenden Ausstieg vom Hochleistungssport nach.

Langweilig würde ihm dabei sicher nicht: Unter dem Markennamen GS entwirft er seit 2011 eine eigene Modekollektion, und auch als Fotograf feierte er erste Erfolge. Von der etablierten Kameramarke Leica wurde er vergangenes Jahr in den hauseigenen Talentpool aufgenommen. "In meinen jungen Jahren habe ich bereits viel von der Welt sehen dürfen. Deshalb sehe ich auch viele Dinge anders", sagt Schlierenzauer. "Seit ich fotografiere, gehe ich offener durchs Leben und schaue bewusster hin. Ich suche die stillen Momente in meinem Leben, genieße sie und nehme sie mit."

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