• Romed Baumann gewinnt die Silbermedaille bei der Ski-WM in Cortina d‘ Ampezzo.
  • Der Österreicher wechselte erst vor zwei Jahren in den deutschen Skiverband.
  • Auf seinen Erfolg reagiert der 35-Jährige sehr emotional.

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Ein lautes "Jawoll" schallte durch den Zielraum der Alpinen Ski-WM in Cortina d’Ampezzo.

Soeben war der deutsche Starter Romed Baumann mit der Startnummer 20 im Super-G auf Rang zwei gerast, gerade einmal sieben Hundertstel fehlten auf den Erstplatzierten Vincent Kriechmayer (Österreich).

"Es ist heute alles so locker von der Hand gegangen", sagte Baumann nach seiner Silber-Fahrt. "Ich habe gar nicht geschnauft im Ziel. Es ist unglaublich." Beinahe jedoch wäre Baumanns Coup nicht passiert. Er hatte aufgrund seiner bisherigen Saisonergebnisse die Wahl zwischen der Nummer 2, die eine gute Piste garantiert und der Nummer 20, bei der die Piste schon Spuren aufweist, dafür aber schon viel über die Ideallinie bekannt ist.

Glücklicherweise entschied sich Baumann für die höhere Nummer, denn beim ersten Rennen auf der neu erschaffenen Piste, schieden die ersten drei Fahrer jeweils am selben Tor aus. Der 35-Jährige hatte das nötige Quäntchen Glück, das ihm zuvor in seiner Karriere zumeist verwehrt blieb.

Baumann wird in Österreich angefeindet

Im Jahr 2018 hatte Baumann im österreichischen Alpin-Team keine Zukunft mehr, wurde sogar in den sozialen Medien teilweise als "Sündenbock" im ÖSV-Team dargestellt. Damals habe er viel zu hören bekommen "da geht nichts mehr, der ist zu alt, der traut sich nicht mehr, der attackiert nicht, seit er seine Familie hat", wie Baumann, Vater zweier Töchter, sich nun erinnerte.

Über 300 Starts hatte er für den ÖSV absolviert, dabei zwei Siege und zehn Podien eingefahren und zwei Mal WM-Bronze geholt. Ein Karriereende wollte er nach seinem Aus beim ÖSV aber nicht einfach so hinnehmen. Baumann wechselte kurz nach seiner Hochzeit mit einer Deutschen im April 2019 zum deutschen Skiverband, um wieder sein Glück zu finden.

Dort wurde er vom DSV mit offenen Armen empfangen. "Er ist zu uns gekommen und hat eine Gelassenheit ausgestrahlt", erinnerte sich DSV-Alpinchef Wolfgang Maier. Baumann sei "einer, an den man sich anlehnen kann."

Baumann musste im Weltcup von vorne anfangen

Baumann erklärte seinen Wechsel rückblickend so: "Ich bin ein Mensch, der immer ein gutes Gefühl braucht." Im Gegenzug für das gute Gefühl gab Baumann seine Erfahrung aus dem ÖSV-Team weiter. Tipps zu schweren Passagen der Weltcup-Abfahrten oder Tipps und Tricks bei der Tüftelei an den Rennanzügen beispielsweise.

Der 35-Jährige musste nach seinem Nationenwechsel aber wieder von vorne beginnen. Von den hintersten Startnummern kämpfte sich Baumann immer wieder in die Punkte, sammelte dadurch Selbstvertrauen und bekam nach und nach auch bessere Startnummern.

Im vergangenen Winter ließ er mit Platz sieben bei der legendären "Streif"-Abfahrt in Kitzbühel erstmals wieder aufhorchen. In diesem Winter gehörten Plätze unter den ersten zehn Fahrern für Baumann beinahe zum Alltag, ein Podiumsplatz wollte ihm aber nicht gelingen.

Größter Erfolg für Deutschland im Super-G

In Cortina, auf diesem so schweren Kurs, passte aber dann auf einmal alles zusammen. Den höchstschweren Anfangspart absolvierte Baumann abgeklärt und routiniert und in der zweiten Hälfte spielte er seine grandiosen Gleiterfähigkeiten aus.

Der Lohn für diesen Husarenritt ist einerseits der größte Karriereerfolg des 35-Jährigen und andererseits der bedeutendste Erfolg für den Deutschen Ski-Verband in einem Super-G bei einer Weltmeisterschaft.

Auch aus dem österreichischen Skiverband gab es Anerkennung für Baumann. "Er hat’s nicht leicht gehabt, er hat sich das verdient", sagte Österreichs Abfahrtstrainer Sepp Brunner.

Baumann wird emotional

Diese emotionale Last fiel dann auch bei Baumann ab, als er den Dank an seine Familie richtete, musste er die Tränen sichtlich unterdrücken: " Es ist dann alles so schnell gegangen (der Wechsel zum DSV; Anm. d. Red.). Ich muss da Danke sagen an die Vroni, meine Frau. Sie hat mich einfach so unterstützt." "Ich liebe euch", sendete er an seine Frau und die beiden Töchter nach Hause.

Sichtlich ergriffen fasste er die vergangenen Jahre zusammen: "Ich war ganz unten, sportlich gesehen, jetzt bin ich fast ganz oben."

Für Baumann ist ein Ski-Märchen über Nacht wahr geworden.

Verwendete Quellen:

  • ARD-Übertragung WM-Super-G am 11.2.2021
  • Süddeutsche.de: "Bist du deppert, Romed, du Lauser"
  • Süddeutsche.de: Das Lächeln des Piefke-Zebras
  • Krone.at: Romed Baumann: "Rache" war noch nie so süß"
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