Für die Super-G-Sensationssiegerin schließt sich mit ihrem Gold in St. Moritz ein Kreis. Nicole Schmidhofers Karriere erzählt die Geschichte einer Berg- und Talfahrt, inklusive Happy-End.

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Vielleicht hilft diese erheiternde Episode, um Nicole Schmidhofer zu verstehen: Die Überraschungssiegerin im Super-G steht im Österreicher-Haus "TirolBerg" vor den Journalisten und schaut auf ihr Smartphone.

Sie habe 60 unbeantwortete Nachrichten auf dem Handy, sagt sie dann. "Tut mir leid, die muss ich alle löschen."

Eigentlich freut man sich, wenn viele Leute Anteil an etwas ganz Großem haben wollen. An einem WM-Titel zum Beispiel. Aber Schmidhofer hat eine ganz eigene, durchaus einleuchtende Erklärung für ihren radikalen Entschluss.

"Es wundert mich, dass so viele Leute meine Handynummer haben. Als ich keinen Erfolg hatte, waren diese Leute auch nicht da. Also brauche ich sie jetzt nicht." So einfach ist das. Jetzt, als Weltmeisterin.

Junioren-Weltmeisterin - und weg vom Fenster

Der Triumph von St. Moritz wird einiges verändern im Leben der 27-Jährigen. Sie ist auf einen Schlag nicht mehr das ewige Talent und eine, die zu viele Dinge auf die leichte Schulter nimmt. Es gab eine Zeit, da waren das ihre Markenzeichen.

Vor zehn Jahren galt Schmidhofer, die sich wegen ihre überschaubaren Körpergröße von nur 1,57 Metern den Spitznamen "Schmid-Zwerg" verpasst hat, als größtes Talent der ÖSV-Fahrerinnen.

Da holte sie sich in Altenmarkt-Zauchensee den Junioren-WM-Titel im Super-G und im Riesentorlauf. Die Geschlagenen damals unter anderem: Lara Gut und Tina Weirather.

Aber während diese beiden in den kommenden Jahren zu prägenden Figuren im Weltcup aufsteigen, verschwindet der Schmid-Zwerg in den Untiefen des Europacups. Die Kärntnerin bekommt den Spagat zwischen Unter- und Überforderung einfach nicht hin.

"Im Europacup wusste ich am Start, dass ich gewinne. Im Weltcup habe ich mich manchmal gefragt: Bin ich hier richtig?", sagt sie rückblickend.

Das ewige Auf und Ab und das Pendeln zwischen den Wettbewerben gehen fast fünf Jahre, ehe der ÖSV einen knallharten Schlussstrich zieht.

Raus aus dem ÖSV-Kader

Im Frühjahr 2012, kurz nach einer schweren Verletzung, fliegt Schmidhofer aus dem Kader. "In diesem Moment ist eine Welt für mich zusammengebrochen. Es war, als ob man einem Kind das Spielzeug wegnimmt."

Ohne Fördermittel und Trainer ist der Weg zurück ein mühsamer. Für Schmidhofer aber auch eine lehrreiche Zeit - und fast schon eine Art Erweckungserlebnis.

Sie trainiert auf eigene Rechnung, ändert ihre grundsätzliche Einstellung zu ihrem Beruf und wird "so langsam erwachsen". Ein Jahr nach dem Rauswurf darf sie wieder mit dem Kader trainieren und schafft in Cortina den ersten von bisher zwei Stockerlplätzen.

Vor fast genau einem Jahr dann der nächste schwere Dämpfer: Beim Abfahrtstraining in Cortina reißen das Kreuzband und der Meniskus. Nicht wenige vermuten das Ende einer hoffnungsvollen, aber unerfüllten Karriere.

"Anscheinend musst es so sein"

Aber der Schmid-Zwerg hat gelernt zu beißen, überwindet das Tal und kämpft sich zurück. Der Leistungsanstieg seit Beginn der Saison war zwar nicht zu übersehen; eine Podestfahrerin hatte aber trotzdem kaum jemand in ihr vermutet.

Dann glückt ihr der Lauf ihres Lebens - den sie sogar vorausgeahnt hat. "Im Sommer habe ich mir gedacht, wenn es wo möglich wäre, eines Tages eine WM-Medaille zu holen, könnte es der Super-G in St. Moritz sein", sagt sie nach ihrer Goldfahrt.

Und jetzt, mit 27 Jahren und einer WM-Goldmedaille in der Tasche, verändert sich der Standpunkt zu vielen Dingen noch einmal fundamental.

"Alles was passiert ist, hat dazu beigetragen, dass ich heute hier stehe", erklärt Schmidhofer. "Ich bin in jeder Situation reifer geworden, auch durch die Verletzung. Ab und zu braucht man einen Schubser oder ein Tief, um Schwung zu holen. Anscheinend musste es so sein."

Ein Segen für die Sponsoren

Nicole Schmidhofer, der Schmid-Zwerg, ist jetzt Weltmeisterin und eine sehr gefragte Persönlichkeit. Ihre unverstellte Art macht sie besonders, in naher Zukunft wohl auch für die einen oder anderen Sponsoren oder Werbepartner.

Seit zwei, drei Jahren habe sie das Gefühl gehabt, dass sie reif wäre für einen Sieg, glaubt sie. Der Durchbruch kam jetzt gerade noch zur rechten Zeit.

"Gut aufgespart, hätte ich gesagt. Es war immer knapp mit dem Podium in letzter Zeit. In Cortina habe ich gesehen, wie es nicht geht", sagte sie nach dem Rennen am Dienstag und erinnerte sich: "Ich bin am Start gestanden und die anderen mussten sich gedacht haben: 'Die ist nicht ganz normal.' Ich habe mir Sachen vorgesagt - das habe ich im Training auch gemacht. Und es ist aufgegangen."

In St. Moritz hat sich der Kreis geschlossen. Eine Dekade nach den ersten großen Vergleichen mit ihren Konkurrentinnen Gut und Weirather ist Nicole Schmidhofer endlich am Ziel. "Es hat bei mir schon lange gedauert", sagt sie, "zehn Jahre. Aber besser spät, als nie."

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