Ex-ÖSV-Coach Walter Mayer steht wegen Verleumdung vor Gericht. Es ist ein kurioser Fall, der ihn erneut vor den Richter bringt.
Es ist ein Prozess um eine Falschaussage im Prozess um eine Falschaussage. Verwirrend? In der Tat: Was im Landesgericht Leoben geklärt werden soll, hat mit einem fassbaren Sachverhalt wenig zu tun. Konkret geht es um Aussagen, die Mayer im Dopingverfahren gegen Ex-ÖSV-Langläufer Michail Botwinow getätigt haben soll. Mayer hatte von 1999 bis 2006 führende Betreuerpositionen in Langlauf und Biathlon im Österreichischen Skiverband (ÖSV) inne.
Mayers einstiger Schützling Michail Botwinow war Anfang Mai 2012 seinerseits - nicht rechtskräftig - wegen Falschaussage verurteilt worden. Der zweifache Olympia-Medaillengewinner fasste vier Monate bedingt aus, weil er bei den Dopingermittlungen gegen Walter Meyer gelogen haben soll.
Hintergrund des Prozesses
Botwinow beteuerte, dass er sich in der Wiener Plasmapheresestation "Humanplasma" nie Blut habe abnehmen lassen. Das Gericht schenkte jedoch dem Geschäftsführer der Station, Rudolf Meixner, Glauben. Dieser hatte angegeben, den Langläufer bei der Blutabnahme gesehen zu haben.
Ex-Trainer Walter Mayer erklärte als Zeuge vor Gericht, dass er nicht wisse, ob Botwinow bei "Humanplasma" gewesen sei. Er selbst sei mit ihm definitiv nie dort gewesen.
"Humanplasma" soll von Herbst 2003 bis Februar 2006 eine Anlaufstelle für "organisiertes Blutdoping" gewesen sein, wie es in einem Abschlussbericht an die Staatsanwaltschaft Wien von 2011 heißt. Beim Blutdoping wird durch Transfusionen und/oder Medikamente die Konzentration von roten Blutkörperchen im Blut erhöht. So transportiert der Körper mehr Sauerstoff in die Muskeln - und es steigern sich Ausdauer und Leistung. Blutdoping ist für Profisportler seit 1988 verboten.
Wer lügt im Fall Botwinow?
Nach Angaben von "Humanplasma"-Chef Meixner und Transfusionsmediziner Paul Höcker hatte Mayer höchstselbst die Idee, sich an Blutdoping zu versuchen. "Walter Mayer [hat] unter anderem an unseren Patriotismus appelliert, indem er uns erklärt hat, dass sämtliche Ausdauersportler weltweit leistungssteigerende Maßnahmen durchführen würden, ohne die man gar nicht die Chance hat zu gewinnen", zitiert der ORF Salzburg Meixners Aussage vor der "Soko Doping".
"Dabei überzeugte er uns davon, dass das Blutdoping eine legale, leistungssteigernde Maßnahme ist, deren Anwendung (auch) für die österreichischen Sportler notwendig ist." Meixner hatte zudem den Eindruck, "dass Walter Mayer nicht nur für 'seine' Langläufer, sondern vielmehr für den gesamten Ausdauersport sprach".
NADA ist eine "Kaspertruppe"
Zum Prozessauftakt im aktuellen Fall hatte der Richter Mayer immer wieder gefragt, ob seine früheren Aussagen vor der Polizei und der österreichischen Antidopingagentur (NADA Austria) stimmen. Mayer bestätigte seine Angaben und betonte, keine falschen Anschuldigungen getätigt zu haben. Die NADA bezeichnete er als "Kaspertruppe", deren Funktionäre sportpolitisch gesteuert seien.
Belastet wird Mayer von einer Mitarbeiterin von "Humanplasma". Sie will den Ex-ÖSV-Trainer mehrmals in der Firma gesehen haben. Weil sich die Zeugin aber nicht erinnern kann, welche Sportler ihn bei den Besuchen begleiteten, wurde der Prozess auf den 10. Juli vertagt. Nun sollen weitere Zeugen befragt werden, darunter Michail Botwinow, die Läuferin Steffi Graf und Ex-Langläufer Christian Hoffmann.
Mayer ist als Dopingsünder vorbestraft
Seit 11. April ist Mayer als Dopingsünder rechtskräftig verurteilt. Das Wiener Oberlandesgericht wies seine Nichtigkeits- und Schuldberufung zurück. Allerdings wurde die vom Erstgericht verhängte Haftstrafe von 15 Monaten zur Gänze auf Bewährung ausgesetzt. Ursprünglich waren drei der 15 Monate unbedingt ausgesprochen worden.
Zwischen Dezember 2005 und Anfang 2009 hat Mayer demnach Wachstumshormon-Präparate, anabole Steroide, EPO und mindestens 20 Packungen Dynepo in einer Menge erworben, die ausreichte, um die Gesundheit einer größeren Gruppe von Menschen in Gefahr zu bringen. Diese Mittel soll Mayer an mehrere namentlich nicht mehr feststellbare Sportler weitergegeben und zudem für eine Senioren-Weltmeisterin im Langlauf einen Doping-Plan erstellt haben, den er bis Februar 2009 überwachte.
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