Rollstuhlbasketballerin Mareike Miller kritisiert die Aussagen von Comedian Luke Mockridge mit deutlichen Worten. Die vermeintlichen Witze seien "geschmacklos und respektlos".

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Die Paralympics 2024 in Paris sind Geschichte, am Sonntagabend endeten die Spiele mit einer spektakulären Abschlussfeier. Das deutsche Team landet im abschließenden Medaillenspiegel auf dem elften Platz, insgesamt zehnmal konnten die Athletinnen und Athleten Gold gewinnen.

Kurz vor dem Ende der Spiele dominierten allerdings Kommentare von Luke Mockridge die Schlagzeilen. Der Comedian hatte sich im Podcast "Die Deutschen" über die Para-Athletinnen und -Athleten lustig gemacht, und das mit teils unsäglichen Kommentaren. So sagte Mockridge unter anderem: "Es gibt Menschen ohne Beine und Arme, die wirft man in ein Becken – und wer als Letzter ertrinkt, der hat halt gewonnen."

"Die Äußerungen von Luke Mockridge waren geschmacklos und respektlos."

Rollstuhlbasketballerin Mareike Miller

"Es gibt einen großen Unterschied zwischen Humor und verunglimpfenden, hämischen Provokationen. Die Äußerungen von Luke Mockridge waren geschmacklos und respektlos", erklärt Rollstuhlbasketballerin Mareike Miller nun auf Nachfrage unserer Redaktion.

Miller ist Athletensprecherin und macht deutlich, dass nicht zugelassen werden dürfe, dass durch die Aussagen von Mockridge "die beeindruckenden Leistungen von Athletinnen und Athleten bei den Paralympischen Spielen in der Wahrnehmung in den Hintergrund rücken".

Silber-Gewinner Kappel wird deutlich

Bereits zuvor hatte die nach einem Trainingsunfall im Rollstuhl sitzende zweimalige Bahnrad-Olympiasiegerin Kristina Vogel die Podcast-Aussagen mit deutlichen Worten kritisiert. Der Podcast wurde bereits Mitte August veröffentlicht. Dass die Aussagen überhaupt so in die Öffentlichkeit geraten waren, dürfte an Vogels Posting bei Instagram liegen. "Für die Frage, warum Menschen sich den Mund fusselig reden, weil es immer noch welche gibt, die eine so menschenverachtende Sch** erzählen und behinderte Menschen einfach so niedermachen. Hier einfach ein Beispiel, es ist unfassbar", schrieb sie.

Kugelstoß-Weltmeister Niko Kappel, der in Paris Silber gewann, sagte der Deutschen Presse-Agentur: "Luke Mockridge und seine beiden Mitstreiter haben Pech, dass Menschenverachtung, Ignoranz und Geschmacklosigkeit nicht paralympisch sind. Sonst hätten sie diese tollen Spiele als Athleten erleben können und wären heiße Gold-Kandidaten gewesen."

"Es ist beschämend, dass solche unsäglichen Aussagen immer wieder vorkommen."

Rollstuhlbasketballerin Mareike Miller

Zwar ließen sich die deutschen Para-Athletinnen und -Athleten ihre ausgelassene Party-Stimmung im Deutschen Haus von Paris durch die Mockridge-Kommentare nicht vermiesen. Beschäftigt haben die behindertenfeindlichen Äußerungen die Sportlerinnen und Sportler aber dennoch teilweise sehr, wie Miller erklärt. "Natürlich war das ein Thema, auch wenn sich Athletinnen und Athleten noch auf ihre Wettkämpfe konzentrieren mussten und versucht haben, das Thema auszublenden."

Miller wisse, dass die Sprüche des Comedians viele der Sportlerinnen und Sportler traurig, aber auch wütend gemacht hätten. "Es ist beschämend, dass solche unsäglichen Aussagen immer wieder vorkommen."

Nachdem die Podcast-Häme immer größere Kreise gezogen hatte, sah sich Mockridge zu einer öffentlichen Entschuldigung gezwungen: "Selbstverständlich war es nie meine Absicht, Menschen mit Behinderung ins Lächerliche zu ziehen – besonders während dieser großartigen Paralympischen Spiele", beteuerte Mockridge bei Instagram.

"Aus meiner eigenen Erfahrung bei der Arbeit mit behinderten Menschen habe ich immer einen scharfen, schwarzen Humor erlebt, den ich gefeiert habe. Dass es mir nicht gelungen ist, das richtig zu vermitteln, und dass ich Menschen verletzt habe, tut mir wirklich leid", schrieb er unter anderem.

Sat.1 zieht nach Mockridge-Eklat Konsequenzen

Dennoch haben seine respektlosen Aussagen nun auch direkte Konsequenzen: Sat.1 verzichtet auf den für 12. September geplanten Start des neuen Mockridge-Formats "Was ist in der Box?".

Sat.1-Sprecher Christoph Körfer sagte, Mockridge habe sich zwar "öffentlich glaubhaft für seine unangebrachten Worte entschuldigt". Der Sender wünsche aber, dass der Comedian einen Weg finde, "seiner Entschuldigung Taten folgen zu lassen und das Thema im Sinne aller Menschen mit Behinderung und im Sinne aller Para-Sportlerinnen und Sportler, die uns aus Paris mit ihren Leistungen beeindruckt und verzaubert haben, weiter aufzuarbeiten". Die Aussagen von Mockridge würden nicht den Werten des Senders entsprechen, sagte Körfer.

Taten kann er möglicherweise direkt beim Deutschen Behindertensportverband (DBS) folgen lassen. Dieser hatte nach den Sprüchen und vor der Entschuldigung des 35-Jährigen mit einer Einladung reagiert: "Wir möchten dazu ermuntern, sich Para-Sport live anzuschauen, um zu erleben, zu welch beeindruckenden Leistungen Menschen mit Behinderungen in der Lage sind – und, um zu verstehen, welche Bereicherung sie für unsere Gesellschaft sind. Eine größere Aufmerksamkeit möchten wir diesem Beitrag nicht widmen", heißt es in der knapp gehaltenen Mitteilung.

Der Comedian versicherte, die Einladung "sehr gerne" annehmen zu wollen. Er freue sich "auf den Perspektivwechsel und darauf, aktiv zu lernen. Comedy und Sport sollen Spaß machen – immer! Heute hat das nicht geklappt, und das geht auf meinen Deckel", hieß es in seinem Statement abschließend.

Der Präsident des Behinderten- und Rehabilitations-Sportverbands Berlin hatte vor Mockridges Stellungnahme eine Entschuldigung gefordert und sprach laut dpa von einer "Entgleisung sondergleichen. Das kann weder als Comedy noch als bloße Dummheit abgetan werden", sagte Özcan Mutlu. "Solche herabwürdigenden Äußerungen sind absolut inakzeptabel und verdienen scharfe Verurteilung." Mockridge solle sich zutiefst schämen.

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