Nur 46 Sekunden hält Angela Carini den Schlägen von Imane Khelif stand. Dann endet das ungleiche Box-Gefecht. Es wird von einer hitzigen Geschlechter-Diskussion begleitet. Mittendrin überrascht der IBA-Präsident mit einem Entschluss.

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Am 1. August hatte sie in ihrem olympischen Achtelfinale nach 46 Sekunden aufgegeben, danach waren die Tränen geflossen - nun erhält die italienische Boxerin Angela Carini vom skandalumwobenen Weltverband International Boxing Association (IBA) das gleiche Preisgeld, das die Organisation für die Olympiasiegerin vorsieht. Der Grund: Carinis Gegnerin Imane Khelif.

Angela Carini boxte gegen Imane Khelif
Die Italienerin Angela Carini unterliegt in der ersten Runde des Box-Turniers in der Klasse bis 66 Kilogramm der Algerierin Imane Khelif bereits nach 46 Sekunden. (Archivbild) © AFP/Mohd Rasfan

Um Khelif ist spätestens seit ihrem Blitzsieg eine wilde Debatte entbrannt. Von der IBA war sie bei der WM im Jahr 2023 disqualifiziert worden, weil sie die "Teilnahmebedingungen" nicht erfüllt habe. Das soll ein nicht weiter spezifizierter Geschlechtertest ergeben haben. Für die Olympischen Spiele war die Algerierin vom Internationalen Olympischen Komitee (IOC) aber zugelassen worden - denn die IBA ist wegen zahlreicher Skandale ausgeschlossen und nicht für die Organisation der Boxwettkämpfe in Paris zuständig.

"Ich konnte mir ihre Tränen nicht ansehen."

IBA-Präsident Umar Kremlew zum Hintergrund der Zahlung eines Preisgelds an Angela Carini

Trotzdem hält der Weltverband an seinen Überzeugungen fest und belohnt Carini nun mit einem Preisgeld von insgesamt 100.000 US-Dollar, von dem die Hälfte an die Athletin selbst und die andere Hälfte anteilig an ihren Trainer und ihren nationalen Verband fließen sollen. "Ich konnte mir ihre Tränen nicht ansehen", wird IBA-Präsident Umar Kremlew in einer Verbandsmitteilung zitiert.

"Ich bin nicht gleichgültig in solchen Situationen", sagte Kremlew, "ich kann versichern, dass wir jede Boxerin schützen werden. Ich verstehe nicht, warum sie das Frauenboxen töten. Ausschließlich geeignete Athletinnen sollten der Sicherheit wegen im Ring gegeneinander antreten."

Kremlew kündigte zudem an, auch die Usbekin Sitora Turdibekowa unterstützen zu wollen. Sie hatte am 2. August ihren Kampf in der Klasse bis 57 Kilogramm gegen die Taiwanesin Lin Yuting verloren. Lin war von der IBA im Jahr 2023 bei der WM aus den gleichen Gründen wie Khelif disqualifiziert worden.

Imane Khelifs Vater beteuert: "Mein Kind ist ein Mädchen"

Omar Khelif, Vater der im Blickpunkt stehenden Boxerin, versicherte derweil im Gespräch mit der Nachrichtenagentur AFP: "Mein Kind ist ein Mädchen. Ich habe sie erzogen, hart zu arbeiten und mutig zu sein." Khelif kämpft am 3. August (17:22 Uhr) gegen die Ungarin Anna Luca Hamori in der Klasse bis 66 Kilogramm um eine Medaille. Lin Yuting hätte mit einem Sieg gegen die Bulgarin Swetlana Kamenowa Stanewa am Sonntagvormittag Bronze sicher.

Die Zukunft des Boxens bei Olympia ist aufgrund der skandalträchtigen Vergangenheit der IBA offen. Ein Konkurrenzverband mit dem Namen World Boxing steht zwar bereit, doch ob die Sportart auch Teil der Olympischen Spiele 2028 in Los Angeles sein wird, steht noch nicht fest. (sid/hau)

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