Im Super Bowl stehen sich die Kansas City Chiefs und die Philadelphia Eagles gegenüber. Neutrale Zuschauer könnte diese Paarung langweilen: Es ist ein Rematch von vor zwei Jahren, zudem stehen die Chiefs fast jedes Jahr im Endspiel. Grund zum Gähnen gibt es trotzdem nicht. In unserer Super-Bowl-Preview zeigen wir, warum.
Was, schon wieder die Chiefs? Und auch noch gegen Philadelphia wie vor zwei Jahren? Die Wunschpaarung sah für viele NFL-Fans sicher anders aus. Aber was den neutralen Zuschauer eher langweilen könnte, ist für die Fans der beiden Teams wie Weihnachten und Geburtstag an einem Tag.
Doch auch all jene, die weder Kansas City noch den Eagles die Daumen drücken, dürfte der Super Bowl LIX in New Orleans nicht zum Gähnen bringen – wenn man von der nachtschlafenden Uhrzeit für europäische Fans einmal absieht. Ganz im Gegenteil.
Darum ist das Endspiel ein besonderes
Denn wenn in der Nacht von Sonntag auf Montag ab 0.30 Uhr deutscher Zeit der Kickoff das größte Einzelsportereignis der Welt einläutet, geht es für die Eagles um die Revanche für die bittere 35:38-Niederlage vor zwei Jahren. Und für die Chiefs geht es sogar um mehr: Sie können Geschichte schreiben und eine Dynastie zementieren, die ihresgleichen sucht. Noch nie ist es einem Team in der NFL gelungen, dreimal in Folge den Titel zu holen. Nicht einmal
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Genau das will Patrick Mahomes am Sonntag erreichen. Der Chiefs-Quarterback würde sich damit endgültig unsterblich machen und einen Lauf krönen, der ohnehin schon zu den beeindruckendsten in der NFL-Geschichte gehört: Viermal in den vergangenen fünf Jahren stand das Team von Coach Andy Reid im Endspiel, dreimal ging die Vince Lombardy Trophy nach Missouri. Eine Statue vor dem Arrowhead Stadium, der Spielstätte der Chiefs, ist Mahomes so oder so bereits sicher. Die Frage ist vor dem 59. Super Bowl eigentlich nur: Wird sie zwei oder sieben Meter hoch werden?
Die Eagles-Defense wird Mahomes das Leben schwermachen
Wenn es nach den Eagles geht, eher zwei Meter. Oder nur eineinhalb, wenn Mahomes eine richtig schlechte Leistung zeigen sollte gegen die beste Defense der Liga. Denn das ist das Markenzeichen, die Identität des Teams von Coach Nick Sirianni: eine knallharte Verteidigung, die dem Quarterback die Luft zum Atmen nimmt.
Die Sportanalysten von "Pro Football Focus" haben die Leistung der von Defensive Coordinator Vic Fangio angeleiteten Verteidigung mit der famosen Note 90,6 bewertet, mit weitem Abstand Liga-Bestwert.
Vor allem die Defensive Line ist eine Bank. Dazu kommen eine starke, (gedanken-)schnelle Linebackergruppe und exzellente Cornerbacks und Safties. Der Pass Rush, also die Fähigkeit der Defense, Druck auf den Quarterback zu machen, ist eine echte Waffe.
Travis Kelce und Patrick Mahomes müssen es für die Chiefs richten
Das könnte für Kansas City zum Problem werden, liegt genau da doch die große Schwachstelle der Offensive – einen Star-Passempfänger sucht man im Kader vergebens. Richten muss es daher wohl wieder mal Travis Kelce, Boyfriend von Taylor Swift und im Nebenberuf Tight End. Einer der besten aller Zeiten.
Denn auch Patrick Mahomes hat eine durchschnittliche Saison gespielt und setzt, auch bedingt durch die eher schwachen Receiver, weniger auf tiefe Pässe und mehr auf das schnelle Passspiel. Daran ist seine Offensive Line nicht ganz unschuldig, die mitunter bedenklich wackelt. Das Run Game dürfte gegen diese Defense eine eher untergeordnete Rolle spielen.
Ein gutes Pferd springt nur so hoch, wie es muss, klar. Aber die Chiefs haben in vielen Spielen gewonnen, obwohl sie nicht gut gespielt haben – das muss nicht ewig so weitergehen.
Chris Jones sticht aus der Chiefs-Defense heraus
Andersherum ist das Bild ähnlich: Eine starke Defense trifft auf eine Offense, die mitunter stottert. Defensive Coordinator Steve Spagnuolo versteht es, seine Mannen auf jeden Gegner individuell einzustellen. Hinter Top-Tackle Chris Jones, der Guards und Center zum Frühstück frisst, ist die Defensive Line der Chiefs aber eher durchschnittlich.
Die Linebacker spielen eine gute Saison und die Secondary kann an guten Abenden jeden Receiver einhegen. Und auf die Passverteidigung wird es ankommen: Gelingt es, die Offense der Eagles eindimensional zu machen und Quarterback Jalen Hurts den Pass wegzunehmen, wäre das ein großer Schritt in Richtung "Three-peat".
Die Eagles-Offense hat eine Schwachstelle – und einen Dominator
Denn Hurts ist die Schwachstelle in einem ansonsten richtig starken Team. Zwar hat er mit AJ Brown und DeVonta Smith eines der besten Receiver-Duos der Liga zur Verfügung. Doch Hurts findet seine Passempfänger zu selten, eine Verletzung hat ihn zusätzlich behindert.
Daher versteckt Offensive Coordinator Kellen Moore seinen Quarterback so gut es geht und setzt massiv auf das Run Game, zu dem Hurts einen beträchtlichen Teil beiträgt. Gerade mobile Quarterbacks bereiten Kansas City oft Probleme, wie die Footballexperten Adrian Franke und Christoph Kröger vom Podcast "DownSetTalk!" anmerken; möglicherweise kann Hurts das Spiel auf dem Boden prägen.
Das Herzstück der Eagles aber hört auf den Namen Saquon Barkley. Der Running Back spielt mit mehr als 2.000 Rushing Yards eine der besten Saisons aller Zeiten und kann jederzeit für 50, 60 oder 70 Yards explodieren. Hinter der besten Offensiv-Line der Liga ist er kaum zu stoppen.
Die Rechnung ist simpel: Dominiert Barkley so, wie er die gesamte Saison über dominiert hat, wird den Eagles der Sieg kaum zu nehmen sein. Gelingt es den Chiefs, ihn zu bremsen, und liegt die Last der Offensive auf den recht schmalen Schultern von Jalen Hurts, steigen die Aktien von Kansas City.
Duell der Coaches – Vorteil Kansas City
Doch wie sieht es mit den Coaches aus? Bei den Chiefs steht mit Andy Reid ein echter Offensiv-Guru an der Seitenlinie, der jede Defense schon gesehen und jede Situation schon erlebt hat.
Der 66-Jährige bringt jahrzehntelange Erfahrung mit und war 14 Jahre lang Trainer von Gegner Philadelphia; der große Wurf blieb ihm dort allerdings verwehrt. Das holt Reid in Kansas City nach, wo er mit Mahomes ein kongeniales Duo bildet, vor dem jede Defensive zittert. Sogar, tief drinnen, die der Eagles.
In Philadelphia hat mit Nick Sirianni ein jüngerer Coach die Zügel in der Hand. Vor gar nicht allzu langer Zeit noch akut von einem Rauswurf bedroht, hat er sein Team zu 14 Siegen geführt und die Kritiker verstummen lassen.
Anders als Reid verlässt er sich mehr auf Offensive Coordinator Moore, wenn es um die Spielzüge der Offense geht. Das Duell der Coaches geht an Reid.
X-Faktoren auf beiden Seiten – darauf kommt es an
Doch Butter bei die Fische: Worauf kommt es wirklich an? Für Philadelphia ist die Lage klar: Spielt Barkley wie Barkley, machen die Eagles keine Fehler, stoppt die Offensive Line Chris Jones und bekommt die Defense das schnelle Passspiel der Chiefs unter Kontrolle, deutet viel auf eine gelungene Revanche hin.
Kann Mahomes andererseits einmal mehr seine patentierte Magie wirken und Spielzüge am Leben halten, kann Kelce noch einmal über sich hinauswachsen, hält die Offensive Line dem unvermeidlichen Pass Rush stand und kann die Defense das Laufspiel der Eagles limitieren, ist der dritte Triumph in Folge wahrscheinlich.
Zwei starke Defenses, ein Running Back auf einer historischen Mission und der beste Quarterback der letzten fünf Jahre, der Geschichte schreiben will: Die Voraussetzungen für einen hoch spannenden Super Bowl sind gegeben. Revanche oder Dynastie: Es geht um viel an diesem 9. Februar. Und das, obwohl die Teams auf den ersten Blick vielleicht wirklich eher zum Gähnen anregen.
Verwendete Quellen
- pff.com: NFL Conference Championships: Ranking Eagles, Commanders, Bills, Chiefs at every position group
- Podcast DownSetTalk!: NFL Super Bowl Preview
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