In der Münchner Allianz Arena fand am Sonntag das zweite Deutschland-Spiel der NFL (National Football League) statt. Die Carolina Panthers setzten sich in einem Spiel, das in der zweiten Halbzeit spannend wurde, mit 20:17 durch. Zum Tailgating, dem großen US-Fan-Event, trafen sich allerdings nur wenige Fan-Gruppen vor dem Spiel.

Eine Reportage
Dieser Text enthält neben Daten und Fakten auch die Eindrücke und Einschätzungen von Victoria Kunzmann. Informieren Sie sich über die verschiedenen journalistischen Textarten.

Er wirft ein paar Bälle, um sich warmzuhalten. Denn auf dem Parkplatz vor der Allianz Arena ist es am Sonntagmittag bitterkalt – kurz vor dem Gefrierpunkt. Scott nimmt den Football und wirft ihn Passanten zu. Fans, die vorbeilaufen und schauen, was er da veranstaltet. Sie lachen, fangen den Ball und werfen zurück. Dann gehen sie weiter Richtung Stadion. Scott fällt auf mit seiner typisch amerikanischen Art, ein American-Football-Spiel zu zelebrieren. Nur ist er damit am Sonntag in München fast allein.

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"Wir sind die einzigen hier vor der Arena, die eine Tailgate-Party veranstalten", sagt Scott lachend und zeigt um sich herum. Viele Busse parken auf dem Parkplatz zwischen dem Parkhaus, der U-Bahn-Station und der Esplanade, dem riesigen Vorplatz vor der Allianz Arena. Hier finden normalerweise die Heimspiele des FC Bayern München statt. An diesem Sonntag aber gastieren hier zwei Teams der National Football League (NFL), die extra für das Munich Game in die bayerische Landeshauptstadt reisten: die Carolina Panthers und die New York Giants.

Panthers und Giants: Beide Teams mit schwacher Bilanz 2024

Viele Fans in den USA und in Deutschland spotteten über die Ansetzung des München-Spiels. Denn anders als vor zwei Jahren ist nicht Superstar Tom Brady zu Gast in Bayern, sondern zwei eher unbekannte Quarterbacks, also Spielgestalter, mit Bryce Young (Panthers) und Daniel Jones (Giants). Beide Mannschaften haben mehr Spiele verloren als gewonnen in der laufenden Spielzeit und eher geringe Chancen, die Playoffs zu erreichen.

Dass das Spiel spannend bis zum Ende werden würde und sich die Panthers nach Verlängerung nur knapp mit 20:17 durchsetzen können – damit hatten wohl nur die wenigsten gerechnet.

Tailgating: Ein Spektakel in den USA, aber nicht in Deutschland

"Ich habe keine Ahnung, warum alle Fans so früh ins Stadion gehen. Es ist doch kalt! Und ich weiß nicht einmal, ob es dort Bier gibt", sagt Scott etwa drei Stunden vor dem Spiel. Er habe deshalb sein eigenes mitgebracht, erklärt er und öffnet die große Camping-Kühltruhe, in der verschiedene Sorten von US-amerikanischem Bier lagern. Seines hat Blaubeer-Geschmack.

Tailgating nennt man die Parkplatzpartys in den USA, bei denen ursprünglich die Kofferräume zu Essensbüffets umfunktioniert wurden. Bei Scott gibt es Spare Ribs, Kartoffeln und "Würstchen im Schlafrock", also mit Blätterteig ummantelt, wie sein Freund Matthias ergänzt, da Scott sich den deutschen Namen nicht merken kann. In München machen außer Scott, Matthias und ihre Freunde kaum Fans eine Tailgate-Party. Vielleicht liegt es an der Kälte, mutmaßen die beiden. Ganz genau können sie sich das aber auch nicht erklären. Tailgating ist in den USA fast wichtiger als das Spiel selbst. In München hingegen zählte für die meisten Zuschauer nur das, was im Stadion passiert.

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Gute Stimmung bei den Fanpartys, aber weniger vor dem Stadion

Scott lebt seit Januar in Deutschland, in der Nähe von Nürnberg. Er ist für die Arbeit nach Deutschland gekommen. Eigentlich kommt er aus South Carolina, sein Heimatort ist nur eine halbe Stunde vom Stadion der Carolina Panthers entfernt. Die Spiele seines Teams schaut er normalerweise im heimischen Bank of America Stadium, und das seit 1995, als die Franchise gegründet wurde.

Er sei "ein bisschen enttäuscht von der Atmosphäre" in München bisher, erzählt Scott. Wie die meisten Panthers-Fans in München trägt er ein Trikot mit der Rückennummer von Luke Kuechly, der 59, einem der besten Linebacker der NFL in den vergangenen Jahren. Er spielte sieben Jahre für die Carolina Panthers. Mit der Stimmung bei Spielen in North Carolina sei das hier nicht vergleichbar, erzählt er, fügt aber hinzu, dass er auch auf keinem Fanfest in der Münchner Innenstadt gewesen sei. Dort soll die Stimmung toll gewesen sein, für viele Fans gar das eigentliche Highlight des Wochenendes. In zwei unterschiedlichen bayerischen Wirtshäusern hatten die Fanclubs der beiden Franchises zuvor gefeiert.

Nur das Spiel zählt

Grundsätzlich seien die NFL-Spiele in Deutschland aber toll, ergänzt Matthias, der ein Panthers-Trikot von Scott trägt, weil er selbst kein Lieblingsteam hat. Überhaupt habe er noch nie ein NFL-Spiel live gesehen. Was so toll sei: Fans vieler verschiedener Mannschaften kommen und feiern zusammen. Anhänger fast aller Mannschaften sahen sich die Partie im Münchner Stadion an, darunter viele Fans der Seattle Seahawks, Kansas City Chiefs, San Francisco 49ers, Green Bay Packers. Auch die New York Giants haben seit vielen Jahren eine große Fanbase in Deutschland.

Als die Fans eine Choreografie, die alle Stadionränge umfasst, zaubern, als Ja‘Tavion Sanders nach acht gespielten Minuten den ersten Touchdown-Pass fängt, als Machine Gun Kelly den Gänsehaut-Song "Country Roads" anstimmt – da ist die Fan-Zugehörigkeit egal.

Letztlich gehen dann auch Scott, Matthias und ihre Freunde etwa eine Stunde vor Spielbeginn in Richtung Stadion. Irgendwann geht es dann doch um das Spiel. Bei den deutschen Fans vielleicht noch ein bisschen früher als bei den US-Fans.

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