Der Schwimm-Weltverband hat entschieden: Russische und belarussische Athleten und Athletinnen dürfen bei den Wettbewerben im Schwimmen wieder antreten. Bei den europäischen Schwimmverbänden stößt die Entscheidung auf Verwunderung

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Der Krieg in der Ukraine tobt weiter, doch eine olympische Kernsportart hat die Tür für russische und belarussische Athleten sperrangelweit aufgerissen: Ein Jahr vor den Sommerspielen ermöglicht der Schwimm-Weltverband den bislang Verbannten die Rückkehr - gegen den Widerstand aus Europa und zur Überraschung der deutschen Funktionäre.

"Im Rahmen der letzten Weltmeisterschaften in Japan hieß es, dass die Zulassung russischer und belarussischer Sportler kein Thema ist, solange die kriegerischen Handlungen unverändert andauern", sagte Vizepräsident Kai Morgenroth vom Deutschen Schwimm-Verband (DSV) am Dienstag dem SID: "Unsere Haltung dazu war und bleibt eindeutig, entsprechend groß fällt die Verwunderung über die aktuelle Entwicklung aus."

Europäischer Schwimmverband bedauert Entscheidung

Mit seiner Ablehnung steht der DSV nicht alleine. Man habe "die Besorgnis in Europa" über die Wiederzulassung "zum jetzigen Zeitpunkt zum Ausdruck" gebracht, berichtete der Kontinentalverband LEN in einem Schreiben an seine Mitglieder. Die Beteiligten aus Europa hätten "diesen Teil der Entscheidung nicht unterstützt".

Am Montagabend hatte der Weltverband World Aquatics verkündet: Russen und Belarussen dürfen als neutrale Athleten unter gewissen Voraussetzungen wieder an Wettkämpfen teilnehmen - gemäß der Empfehlung des Internationalen Olympischen Komitees (IOC). Bei der WM im Juli hatte der Verband die Entscheidung noch vertagt. Damals war der DSV nach einem Gespräch mit dem wiedergewählten Weltverbandschef Husain Al-Musallam aus Kuwait noch von einem weiteren Ausschluss ausgegangen.

Zwei Drittel der Schwimmer sprach sich für Rückkehr aus

Die Kehrtwende begründete World Aquatics jetzt unter anderem mit dem Ergebnis einer Umfrage, bei der sich 67 Prozent der Athleten für eine Rückkehr ausgesprochen haben sollen. Das Stimmungsbild ist jedoch fragwürdig. So soll es dem Vernehmen nach möglich gewesen sein, die Fragebögen mehrfach auszufüllen, aber nicht alle Sportler sollen sie tatsächlich erhalten haben. Außerdem nahmen nicht nur Leistungssportler an der Umfrage teil, sondern auch Junioren- und sogenannte Masters-Athleten, also Ehemalige und Hobbyschwimmer jeden Alters.

Russen und Belarussen sollen erstmals beim Weltcup in Budapest (20. bis 22. Oktober) wieder an den Start gehen dürfen, wie aus dem Schreiben der LEN hervorgeht. In Berlin (6. bis 8. Oktober) wären sie somit noch nicht dabei, eine WM-Teilnahme im Februar in Katar wäre aber möglich - und damit auch die Qualifikation für die Olympischen Spiele in Paris.

Den "neutralen" Athleten ist unter anderem das Tragen von Nationalfarben, -flaggen und -symbolen untersagt, Hymnen werden ebenfalls nicht erklingen. Sie dürfen nicht mit dem Militär im Zusammenhang stehen, den Krieg nicht unterstützen, von Teamwettbewerben bleiben sie ausgeschlossen. Zudem ist jeweils nur ein Sportler aus Russland und Belarus pro Wettbewerb zugelassen. Wichtig sei außerdem die Einhaltung eines Standards bei Anti-Doping-Maßnahmen. (sid/jum)

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