Das Erfreulichste vorab: Kira Grünberg geht es sehr gut. Ein Jahr nach ihrem Unfall spricht die 23-Jährige im Interview mit unserem Portal über ihre Therapiefortschritte, ihr Ende August erscheinendes erstes Buch und die Medaillenchancen der österreichischen Protagonisten bei den Olympischen Sommerspielen in Rio.
Sie sind kürzlich als Beifahrerin von Rennfahrer Fritz Rabensteiner mit über 200 km/h in einem Porsche über den "Red Bull Ring" gebrettert. Wie war’s?
Kira Grünberg: Das war eine ganz neue Erfahrung. Am Anfang waren wir uns noch unsicher, wie ich die Fliehkräfte aushalten werde, aber es hat dann richtig Spaß und Lust auf mehr gemacht.
Seit Ihrem tragischen Unfall ist ein Jahr vergangen. Wie geht es Ihnen heute?
Es ist ein ganz anderes Leben, nicht besser oder schlechter – nur eben anders. Es geht mir generell sehr gut, und ich hab mich auf meine neue Lebenssituation eingestellt. Die kleinen Fortschritte, die ich durch tägliches hartes Training erreiche, sind nach wie vor sehr wichtig für mich.
In einem Interview sagten Sie kürzlich, Sie hätten sogar unglaubliche Fortschritte in der Therapie gemacht. Welche Therapien machen Sie derzeit?
Im Moment trainiere ich nahezu jeden Tag mit meinem persönlichen Physiotherapeuten. Wir arbeiten gerade an der Mobilisierung des Trizeps, dessen Funktion ein wichtiger Schritt wäre.
Und wie äußern sich diese Fortschritte in Ihrem Alltag?
Ich kann jetzt zum Beispiel schon beim Kochen und Gemüseschneiden mithelfen, mir einzelne Kleidungsstücke selbst anziehen, auch selbst die Zähne putzen oder die Haare kämmen.
Entspricht dieser großartige Verlauf auch ungefähr jenem, den Ihnen die Ärzte prognostiziert haben?
Nicht wirklich. Die anfänglichen Prognosen waren negativ und nicht sehr ermutigend und stellten mir eigentlich lediglich im Bereich des Kopfes Bewegungen in Aussicht. Es hat uns allen aber gezeigt, wie viel man mit harter Arbeit und täglichem Training erreichen kann.
Der Therapiehund Balu steht Ihnen treu zur Seite. Wie erleichtert er Ihnen den Alltag?
Balu ist ab Jänner ganz bei mir und wird mir bei vielen Dingen helfen können – zum Beispiel beim Aufheben von Dingen, beim Öffnen von Türen und Fenstern, beim Bedienen von Schaltern oder beim Melden eines Notfalls.
Sie fungieren als Botschafterin des ÖOC-Teams der Olympischen Spiele in Rio. Wie sehen hier Ihre Aufgaben aus?
Ich versuche, die Sportler so gut wie möglich zu motivieren, bin mit vielen in persönlichem Kontakt und schreibe zusätzlich einen Blog über die Geschehnisse rund um unsere Olympiaathleten.
Hat unser Team realistische Chancen auf Medaillen?
Bei Olympia gelten generell eigene Gesetze, und es ist dort noch viel schwieriger, der Allerbeste zu sein. Für Top-Ten-Platzierung muss schon viel und für eine Medaille eigentlich alles passen.
Aber ich glaube zum Beispiel, dass meine Freundin Lara Vadlau (Anm: eine österreichische Seglerin) realistische Chancen hat. Und auch unseren Judokas traue ich durchaus etwas zu. Für die anderen gilt: Fokussiert bleiben und versuchen, am Tag X alles zu geben!
Sie veröffentlichen am 27. August Ihr erstes Buch mit dem Namen "Mein Sprung in ein neues Leben". Wie kam es zur Idee?
Wir hatten seit dem Tag des Unfalls so viele Anfragen und Interessensbekundungen aus der ganzen Welt. Und mein Manager Tom wurde schon sehr früh auf das Thema "Buch" angesprochen.
Es war uns aber erst einmal wichtig, den weiteren Verlauf meiner Genesung abzuwarten und zu schauen, wie es mir im neuen Leben geht, bevor wir mit einem Buch an die Öffentlichkeit treten. Jetzt weiß ich, dass man auch solche Schicksalsschläge bewältigen kann – und diese Erfahrung möchte ich anderen Menschen mitgeben.
Wie kann man sich den Entstehungsprozess vorstellen?
Selber schreiben konnte ich es aufgrund meiner fehlenden Fingerfunktion nicht, aber wir hatten mit Manfred Behr einen sehr erfahrenen Autor an unserer Seite, mit dem ich täglich mehrere Wochen lang mein Leben Revue passieren habe lassen.
Was dürfen sich die Leser erwarten?
Das Buch wird einen Einblick in meine Kindheit, meine sportliche Karriere und mein Leben danach geben. Mehr Details möchte ich erst im Rahmen der Buchpräsentation verraten.
Menschen, die heftige Schicksalsschläge hinnehmen mussten, machen sehr oft einen enormen Reifeprozess durch und erlangen einen neuen Blick aufs Leben. Wie lässt sich das erklären?
Man muss lernen aus der Situation das Beste zu machen und darf sich nicht mit Kleinigkeiten aufhalten. Ich bin seit meinem Unfall viel ruhiger und laut meinem Manager auch demütiger und dankbarer geworden.
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