Berlin - Die 90er Jahre waren nicht nur das Jahrzehnt der Baggy Pants und tragbaren CD-Player. Auch einem kleinen Klebestreifen gelang der Durchbruch: dem Nasenpflaster. Ursprünglich als Anti-Schnarchmittel entwickelt, verhalfen NFL-Stars wie Jerry Rice dem Mini-Plättchen zu einem Boom im Spitzensport. Die Idee dahinter: Pflaster rauf, mehr Sauerstoff rein und so die Leistung steigern.
Tennis-Legende
Ende der 90er Jahre verschwand das biegsame Band genauso schnell, wie es gekommen war. Wissenschaftler enttarnten das angebliche Wundermittel als Hokuspokus. Eine ihrer Begründungen: Unter Belastung atme man kaum durch die Nase, sondern durch den Mund.
Alcaraz, Goggia und Tietz
Rund 30 Jahre später startet der Klebestreifen ein fulminantes Comeback. Skirennfahrerin
"Es ist für meine Gesundheit. Ich bin etwas erkältet und kann so besser atmen", begründete
Auch Augsburgs Bundesliga-Profi Tietz scheint der kleine Schnipsel zu helfen. Mit sechs Liga-Toren ist der 27 Jahre alte Mittelstürmer zweitbester Torjäger beim FCA. "Durch das Nasenpflaster habe ich das Gefühl, dass ich einfach besser atmen kann und besser Luft bekomme. Ich trage das Nasenpflaster in den Spielen, aber nicht im Training. Manchmal trage ich auch nachts beim Schlafen eines. Es gibt mir einfach ein gutes Gefühl", sagte Tietz der dpa.
"Besser ein Placebo-Effekt als gar keinen Effekt"
Nur ein subjektives Gefühl oder ist ein positiver Effekt auf Atmung, Ausdauer oder Regeneration mittlerweile auch wissenschaftlich haltbar? "Ihr Effekt auf die sportliche Leistung liegt im Bereich des Placebo-Effekts, denn die leistungssteigernde Wirkung ist minimal bis nicht messbar", sagte Sportwissenschaftler Lars Donath vom Institut für Trainingswissenschaft und Sportinformatik an der Deutschen Sporthochschule Köln.
Eine Meta-Analyse aus dem Jahr 2020, die 624 Arbeiten zu dem Thema überprüfte, kam zu derselben Erkenntnis. Zunächst einmal genügten nur 19 dieser Studien den wissenschaftlichen Standards. Das Fazit der Experten: Das Pflaster bringt keinerlei Vorteile. Null mit Blick auf die Sauerstoffaufnahmefähigkeit, null bezüglich Puls und null betreffend Belastungsempfinden. Also mehr Hokuspokus als Wunderwaffe.
Allein der Placebo-Effekt rechtfertigt aber wohl für viele Sportler den Einsatz des kleinen Hilfsmittels. Denn wer sich gut fühlt, ist dem Sieg die womöglich entscheidenden Prozentpünktchen näher. "Besser ein Placebo-Effekt als gar keinen Effekt. Gerade im Spitzensport sind minimale Unterschiede ergebnisrelevant und da kann der Placebo-Effekt helfen. Man darf ihn aber nicht mit einer physiologischen Wirkung gleichsetzen", erklärte Donath.

Unsichtbares Nasenpflaster
Mittlerweile gibt es sogar die Möglichkeit, den kleinen Helfer unauffällig anzubringen. "Es gibt jetzt transparente Gestelle, die in die Nase eingeführt werden und somit nicht mehr sichtbar sind. Der Effekt ist, dass die Nasenwände nach außen gedrückt werden und somit ebenfalls der Luftstrom gefördert wird", erklärte Modedesigner Kilian Kerner über die Nasenspreitzer.
Ob nun auf oder in der Nase - eines wollte der Österreicher, der oft in der Box des früheren US-Open-Champions Dominic Thiem saß, klarstellen: "Ein modisches Accessoire ist dieses Pflaster definitiv nicht". © Deutsche Presse-Agentur