In Amerika ist College-Sport derzeit so gefragt wie noch nie. Die Zuschauerzahlen gehen durch die Decke, die Umsätze erreichen schwindelerregende Höhen. Warum der Amateursport an den Universitäten so beliebt ist, hat vielschichtige Gründe.

Eine Analyse
Dieser Text enthält eine Einordnung aktueller Ereignisse, in die neben Daten und Fakten auch die Einschätzungen von Daniel Kugler sowie ggf. von Expertinnen oder Experten einfließen. Informieren Sie sich über die verschiedenen journalistischen Textarten.

College-Sport erlebt in den USA derzeit einen Boom, der seinesgleichen sucht. Gleich mehrere sportliche Top-Events erzielten in den vergangenen Monaten Rekord-Einschaltquoten.

Mehr News zum Thema Sport

Das Meisterschaft-Finale der Frauen im Basketball zwischen den Iowa Hawkeyes um Superstar Caitlin Clark, die mittlerweile in der WNBA spielt, und den South Carolina Gamecocks erreichte laut Marktforschungsunternehmen "Nielsen" im Durchschnitt knapp 19 Millionen Zuschauer und brach damit gleich mehrere Rekorde. Die Einschaltquoten für das National Title Game stiegen im Vergleich zum Vorjahr nach Angaben der "Associated Press" allein um satte 90 Prozent.

Das Spiel übertraf damit erstmals nicht nur das Finale der Männer zwischen den Purdue Boilermakers und UConn Huskies um mehr als vier Millionen Zuschauer, sondern war auch das meistgesehene Basketballspiel der letzten fünf Jahre und übertraf damit auch alle Spiele in der Männer-Profiliga NBA in diesem Zeitraum.

Und auch College Football ist ein echter Quotenrenner. Das Championship Game zwischen den Michigan Wolverines und Washington Huskies erreichte laut "ESPN" mit 25 Millionen Zuschauer die beste Einschaltquote seit 2020.

College-Sport hat dem Profisport etwas voraus

Warum College-Sport so populär ist? Kurz gesagt: Alles dreht sich um tiefgehende, emotionale Verbundenheit.

"College-Sport unterscheidet sich deutlich von anderen Sportarten, weil die Leidenschaft der Fans schlicht und ergreifend größer ist als bei den großen Sportligen", wird John Brody, Chief Revenue Officer bei Learfield, einem der führenden Marketingunternehmen für College-Sport, vom "Sports Business Journal" zitiert.

Ein weiterer treibender Faktor sei zudem das Konkurrenzdenken zwischen den einzelnen Universitäten und ihren Anhängern. "Die Leidenschaft der Fans treibt Rivalitäten an. Und es gibt keine größere Leidenschaft im Sport als die, die man für seine Schule, seine Alma Mater oder sogar sein Familienerbe empfindet", führte Brody weiter aus.

Anhänger einer bestimmten Universität zu sein, ist somit in der Regel weit mehr als reines Fandasein, sondern wird häufig familiär zelebriert und von Generation zu Generation weitergegeben.

Nicht nur Football und Basketball ziehen am College die Massen an

Die Annahme, dass Basketball und Football die alleinigen Zugpferde sind, die den College-Sport so beliebt und erfolgreich machen, trifft jedoch nicht zu. Auch deutlich kleinere Sportarten ziehen an den Universitäten in den USA die Massen an.

Im August 2023 sorgte etwa ein Volleyball-Match für eine Rekordkulisse, die weit über die Grenzen des eigenen Sports hinaus für eine Bestmarke sorgte. Insgesamt 92.003 Zuschauer strömten ins Memorial Stadium in Lincoln, Nebraska, um das Match der Cornhuskers gegen den Lokalrivalen, die Nebraska-Omaha Mavericks, zu sehen.

Damit wurden die Bestmarke von 91.533 Zuschauern beim Fußballspiel des FC Barcelona gegen Real Madrid im Camp Nou im Jahr 2022 übertroffen, das bis dato die größte Besucherzahl bei einer Sportveranstaltung der Frauen verbucht hatte.

Einzigartige Bindung zwischen Athleten und Zuschauern am College

Wie derartige Mega-Kulissen bei Amateurveranstaltungen überhaupt zustande kommen können, mag für Außenstehende auf den ersten Blick schwer nachvollziehbar sein.

Die Nähe zu den jungen Sportlern macht es den Zuschauern jedoch leicht, sich in sie hineinzuversetzen: "Offensichtlich ist es ein Gemeinschaftserlebnis, aber ich glaube, es ist einfach eine echte Faszination, was es bedeutet, ein College-Sportler zu sein und diesen jungen Leuten dabei zuzusehen, wie sie ihren Weg gehen", betonte Jordan Larson, Assistenztrainerin der Cornhuskers, gegenüber "Esquire Middle East".

Lesen Sie auch

Sportler und Fans sorgen am College regelmäßig für magische Momente: "Ich habe mich wieder wie eine 12-Jährige gefühlt und es ist großartig zu wissen, dass all die Mädchen, die in diesem Stadion waren, jetzt Ikonen haben, zu denen sie aufschauen können. Es gibt eine enorme Dynamik im Frauensport auf allen Ebenen", geriet Larson im Rückblick auf das Großereignis ins Schwärmen.

Preise für College-Übertragungsrechte erreichen schwindelerregende Höhen

College-Sport ist längst ein Milliardengeschäft, ungemein populär bei den Fans und von immer größerer Bedeutung auch für die großen Sendeanstalten in den USA. Das zeigt sich nicht zuletzt in den horrenden Summen, die mittlerweile für die Übertragungsrechte gezahlt werden.

Laut "The Athletic" hat sich "ESPN" Anfang des Jahres allein die Rechte für die Playoffs im College Football für sechs Jahre schlappe 7,8 Milliarden Dollar kosten lassen.

Die Umsätze gehen entsprechend durch die Decke und prognostizieren eine rosige Zukunft. Wie "ESPN" berichtet, verbuchte die National Collegiate Athletic Association (NCAA) im Geschäftsjahr 2022/23 einen Umsatz in Höhe von 1,28 Milliarden Dollar - eine deutliche Steigerung im Vergleich zum Vorjahr mit etwa 1,14 Milliarden Dollar.

Kosten für Studierende am College gehen durch die Decke

Während die Universitäten ihre Umsätze immer weiter in die Höhe schrauben, sieht es für die Studenten weniger lukrativ aus. Denn die Studiengebühren für die Universitäten in den USA übersteigen die in Europa bei weitem und steigen immer weiter an.

Dies wird besonders deutlich, wenn man an privaten Bildungseinrichtungen studiert. Die durchschnittlichen Kosten für Studiengebühren an einem öffentlichen College im eigenen Heimatbundesstaat lagen laut "US News" für das Jahr 2023/24 mit 10.662 Dollar bei etwa einem Viertel der durchschnittlichen Kosten für ein Jahr an einem privaten College mit 42.162 Dollar. Bedenkt man eine Regelstudienzeit von vier Jahren, kommen hierbei erhebliche Kosten zusammen.

Stipendien gibt es für Studierende zwar, diese decken jedoch nur einen Bruchteil ab. Statistiken von "NCSA College Recruiting" zufolge bekommen weniger als zwei Prozent der Highschool-Absolventen ein Athleten-Stipendium.

Die hohen Gebühren spielen somit auch eine erhebliche Rolle im Streben nach akademischen und sportlichen Höchstleistungen der Studenten am College und treiben die sportliche Rivalität zwischen den Universitäten darüber hinaus weiter voran: Gewinnen für das Team und für die Anhänger.

Verwendete Quellen

JTI zertifiziert JTI zertifiziert

"So arbeitet die Redaktion" informiert Sie, wann und worüber wir berichten, wie wir mit Fehlern umgehen und woher unsere Inhalte stammen. Bei der Berichterstattung halten wir uns an die Richtlinien der Journalism Trust Initiative.