Mick Jagger ist Seuchenvogel und Sündenbock in einer Person, der Dickste muss kurioserweise gar nicht ins Tor und Sepp Blatter war zwar schlimm, aber es geht immer noch schlimmer. Unsere (nicht immer ernst gemeinten) Lehren der WM.
1. Lehre: England-Rätsel gelöst: Mick Jagger ist schuld!
Horst Seehofer ist Bundesinnenminister, Lilly und Boris Becker haben sich getrennt und die deutsche Nationalmannschaft scheidet in der Vorrunde einer Weltmeisterschaft aus: Ja, liebe Leser, dieses Land ist tatsächlich aus den Fugen geraten.
Und wäre das alles aus deutscher Sicht nicht schon schlimm genug, haben die Lieblingsrivalen, die Engländer (die Italiener und Holländer hatten sich ja frühzeitig für einen WM-Boykott entschieden), die Naturgesetze bei dieser WM komplett entkräftet und gegen Kolumbien tatsächlich ein Elfmeterschießen gewonnen. Ja, die Engländer! Da wird doch der dog in der pan crazy!!!
Und man hätte es ihnen ja doch irgendwie gegönnt, unseren Freunden von der Insel, wenn es gar mit dem WM-Titel geklappt hätte. Immerhin haben sie Panama UND Tunesien in der Vorrunde geschlagen. Dazu noch Kolumbien und Schweden in der K.-o.-Runde. Das MUSS doch eigentlich für den WM-Titel reichen.
Und sie hatten sich alle so gefreut, waren so guter Dinge, dass es mit dem ersten WM-Gewinn seit 52 Jahren klappen würde. Das gute, alte "It's coming home" wurde reaktiviert, Biere "explodierten" auf den Fanmeilen, manche Fans stachen sich gar übermütig das eine oder andere Weltmeister-Tattoo:
Und nun blieb am Ende nur der vierte Platz hinter Weltmeister Frankreich, Vize-Weltmeister Kroatien und dem Dritten Belgien. Und wer ist schuld? Klar, zum Teil Mario Mandzukic, der das 2:1 im Halbfinale für Kroatien schoss.
Diese Erklärung ist allerdings viel zu simpel. Daher ist der Hauptschuldige ein gänzlich anderer:
Der Rolling-Stones-Frontsänger wagte es tatsächlich, gegen Kroatien auf der Tribüne zu sitzen. Warum das so schlimm ist? Weil ausgerechnet dieser Mann in einem im vergangenen Jahr veröffentlichten Solo-Song "I went to see England, but England lost" ("Ich kam, um England zuzuschauen, aber England verlor") singt.
Wen wundert's da schon, dass die Three Lions gegen Kroatien eine Niederlage einstecken mussten?
In England wird Mick Jagger zwar nur bedingt die Schuld am Scheitern der Nationalmannschaft gegeben, aber dafür gibt's ja die Deutschen, die mit großer Leidenschaft nach Sündenböcken suchen.
Das macht solch einen Spaß - egal ob als normaler Fan beim Stammtisch oder als DFB-Funktionär im Gespräch mit den Medien. Wie sich die zum Sündenbock auserkorene Person dabei fühlen mag? Ist doch vollkommen egal.
2. Lehre: Der Dickste muss gar nicht ins Tor
Wussten Sie eigentlich? Wenn ein Tennis-Match in den Tiebreak geht, hat jeder Spieler drei statt zwei Aufschläge.
Im Eishockey darf ein Spieler den Puck in die Hand nehmen und damit ins gegnerische Tor laufen, sofern er im gegnerischen Drittel mindestens zwei Pirouetten dreht.
Im Handball dürfen für einen Zeitraum von fünf Minuten acht Spieler eines Teams auf dem Parkett stehen, sofern dieses Team in den folgenden fünf Minuten mit maximal sechs Spielern spielt.
Und für einen erfolgreichen Distanzwurf beim Basketball gibt es vier Punkte, wenn der Schütze im Moment des Wurfes seine Augen geschlossen hat.
Klingt nach ziemlich schwachsinnigen Regeln, oder? Da haben Sie Recht. Und das Gute ist: Sie existieren allesamt nicht.
Aber hey, wenn plötzlich erfahrene Fußballprofis, seien es Portugiesen, Panamaer oder Engländer, die mit diesem Sport seit mehreren Jahren ihren Lebensunterhalt verdienen, immer und immer und immer wieder glauben, dass beim Torjubel mindestens ein Feldspieler auf dem Platz stehen muss, da ansonsten das Spiel weiterläuft, dann können auch wir diese Regel-Mythen verbreiten.
Übrigens, hier ein paar weitere Regeln, die im Fußball trotz weitläufiger Meinung nicht existieren:
- Das letzte Tor entscheidet
- Drei Ecken, ein Elfer
- Latte rettet
- Schütze holt
- Der Dickste muss ins Tor
3. Lehre: Gianni Infantino ist schlimmer als Sepp Blatter
Man traut es sich kaum auszusprechen - oder in diesem Fall niederzuschreiben - doch dieser Tage wünscht man sich fast schon Sepp Blatter als FIFA-Präsident zurück. "Hä, wie jetzt", fragen Sie sich?
Ja, natürlich war Sepp Blatter seit Jahren nicht mehr tragbar, seine Suspendierung überfällig, und, und, und.
Doch nun sitzt auf dem Thron des Weltverbands jemand, der es tatsächlich geschafft hat, mit seiner anbiedernden und selbstgefälligen Art noch schlimmer zu sein als sein Vorgänger: Gianni Infantino.
Überschwänglich nannte der FIFA-Chef das Turnier in Russland am Freitag "die beste WM aller Zeiten".
Breit grinsend inszenierte sich Infantino im roten Kapuzenpulli mit der goldenen Aufschrift "Volunteer" als freiwilliger Helfer des Fußballs und sprach dem WM-Gastgeber das größtmögliche Lob aus.
Auf die Frage, wo er angesichts der Opfer im abgeschossenen Flugzeug MH17, der Annexion der Krim, Wahlbeeinflussung, durch Staatsdoping betrogenen Sportlern und Menschenrechtsproblemen in Tschetschenien die "moralische rote Linie" für die FIFA ziehe, antwortete Infantino nur allgemein: "Es gibt viele Sachen, die wir ändern möchten, die aber Realität sind."
Und er führte natürlich das klassische Funktionsmantra des unpolitischen Sports an: "Wir befinden uns hier bei der WM. Uns geht es hier um den Fußball."
Ja, Herr Infantino, Sie haben recht: Es gibt viele Sachen, die wir ändern möchten, die aber Realität sind - und die wir leider nicht so schnell von ihrem Posten vertreiben können.
Aber in vier Jahren lassen Sie dann Fußball in einem Land spielen, in dem Wanderarbeiter seit Jahren unter widrigsten Umständen und kaum auszuhaltenden Temperaturen, mitunter ohne ausreichend Trinkwasser, an protzigen Stadien schuften, manche dieser Menschen gar ihr Leben dafür lassen mussten.
Aber alles voll supi, Herr Infantino.
4. Lehre: Diese Witze sind noch schlechter als die Leistungen der DFB-Elf
Nach dieser ernsten Lehre wollen wir diese Ausgabe - passend zu den Leistungen der deutschen Nationalmannschaft - mit ein paar schlechten Witzen abschließen.
Wissen Sie eigentlich, was des Japaners Lieblings-Automobilhersteller ist?
Und des Nigerianers Lieblings-Buch im Alten Testament?
Welche Jahreszeit der Schweizer besonders mag?
Welche Süßigkeit Neymar besonders gerne isst?
Und was des Spaniers Lieblings-Snack ist, von dem er sich aber immer nur einen gönnt?
Zugegeben: Dieses Rumge...
mag nicht jeder allzu
finden. Doch diesen Artikel sollte man eh nicht allzu
nehmen. Schließlich ist dies nur eine Fußball-Glosse.
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