Ein brisantes Duell: Deutschland trifft im Achtelfinale der WM 2014 auf Algerien. Während sich die Nordafrikaner für die "Schande von Gijon" rächen wollen, ist die deutsche Nationalmannschaft vor allem mit sich selbst beschäftigt - und der Frage, wer an der Seite von Philipp Lahm und Toni Kroos im Mittelfeld spielen soll: Bastian Schweinsteiger oder Sami Khedira?

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Miroslav Klose war schon geboren, Roman Weidenfeller auch. Die restlichen 21 Spieler aus dem deutschen WM-Kader waren allesamt nicht auf der Welt, als eine deutsche Nationalmannschaft zuletzt auf Algerien traf. Während der Vorrunde der WM 1982 in Spanien war das. Die Geschichten sind bekannt, die peinliche Niederlage, die beschämende Absprache später im "Duell" gegen Österreich, die die ohnmächtigen Nordafrikaner aus dem Turnier kegelte.

Vor dem Achtelfinale nun drehen sich die Diskussionen um Begriffe wie Revanche, Rache, Vergeltung. Zumindest aus algerischer Sicht sind auch 32 Jahre danach die Narben noch immer sichtbar.

Für die DFB-Elf spielt die "Schande von Gijon" keine Rolle

Im Kreis der deutschen Nationalmannschaft wurden die Stimmen aus dem Lager der Fennecs, der Wüstenfüchse, zwar vernommen. Groß kommentiert werden sie aber nicht, der Fokus liegt alleine auf dem Hier und Jetzt. "Algerien wird uns das Leben schwer machen. Sie werden keinen Zweikampf verlieren wollen. Und im Zweifelsfall foulen sie auch mal. Wir müssen unser eigenes Spiel durchziehen", sagte Philipp Lahm auf der Pressekonferenz am Tag vor dem Spiel.

"Wir müssen handlungsschnell sein. Die richtigen Wege gehen, die richtigen Pässe spielen. Das Schönste für die Spieler ist, wenn man über 90 Minuten Kontrolle hat", formulierte der Kapitän den Plan der DFB-Elf, um dem unangenehmen Gegner Herr zu werden.

Nach den Umstellungen im USA-Spiel wird Bundestrainer Joachim Löw auch gegen die Afrikaner - teilweise notgedrungen - wieder Änderungen an der Startelf vornehmen. Lukas Podolski fehlt wegen einer Zerrung im Oberschenkel. Für ihn wird wohl Mario Götze wieder in die Mannschaft rücken.

Flinke Spieler gegen Algeriens Abwehrriesen

Das hätte gleich zwei Vorteile: Zum einen sind die Algerier mit das kopfballstärkste Team des Turniers. Deutschland wird sich auf sein Kombinations- und Flachpassspiel verlassen müssen, um gegen die körperlich ungemein robusten Algerier zum Abschluss zu kommen. Dafür ist ein flinker, wendiger Spieler wie Götze eher geeignet als etwa Miroslav Klose.

Götze wäre wie bereits gegen Portugal und Ghana im Angriffszentrum vorgesehen - womit Mesut Özil auf die linke Außenbahn rücken würde. Auf den ersten Blick ist das nicht eben Özils Idealposition, der Arsenal-Star fühlt sich im Zentrum wohler.

Allerdings ist Rechtsverteidiger Aissa Mandi die große Schwachstelle im algerischen Defensivverbund, der 22-Jährige hat einige Probleme mit der Geschwindigkeit seiner Gegenspieler und in der Abstimmung mit seinem Nebenmann Essaid Belkalem. Eine andere Überlegung wäre deshalb, den Londoner Andre Schürrle auf links in die Startelf zu holen und Özil als falsche Neun ins Zentrum zu stellen. Thomas Müllers Platz auf der rechten Seite ist unantastbar.

Spielt Schweinsteiger oder Khedira?

Die wichtigste Frage im Vorfeld der Partie bleibt aber: Auf wen setzt der Bundestrainer im zentralen Mittelfeld neben Lahm und Toni Kroos? Die Tendenz geht zu einer erneuten Umstellung, offenbar plant Löw wieder mit Sami Khedira - obwohl Bastian Schweinsteiger im Abnutzungskampf gegen die USA das deutsche Spiel sehr gut ordnen und strukturieren konnte.

Gegen die sehr defensiv erwarteten Algerier benötigt die deutsche Mannschaft aber eine Spur mehr Risiko im letzten Angriffsdrittel und auch den einen oder anderen vertikalen Lauf bis in den gegnerischen Strafraum. Aufgaben, die Khedira auf den Leib geschneidert sind.

Als klassischer "Box-to-Box"-Spieler kann seine Dynamik vor dem gegnerischen Tor für Verwirrung sorgen, wenn Khedira zusätzlichen zu den drei Angreifern aus der Tiefe mit in die Spitze stößt und der Gegner dann Zuordnungsprobleme bekommt. Für die nötige Struktur im deutschen Spiel wird dann in erster Linie wieder Kroos verantwortlich sein - der Spieler, der bisher die meisten Pässe (289) im gesamten Turnier gespielt hat.

Khedira: "Wir haben zu langsam gespielt"

Die Debatte um den vakanten Platz im Mittelfeld geht also weiter: Khediras an sich sachliche Einordnung des USA-Spiels ist nicht bei jedem in der Mannschaft gut angekommen.

"Wir haben aus meiner Sicht zu langsam gespielt", sagte der. "Um relativ weit zu kommen, müssen wir unser Spiel schneller machen und die Box besetzen." Was wie eine objektiv formulierte Kritik daherkommt, könnte auch als Bewerbungsschreiben an den Bundestrainer aufgefasst werden. Schließlich prangert Khedira genau die Missstände an, die er mit seinen Stärken kompensieren kann.

Der bisher so extrovertiert gelebte Teamgeist sollte unter dem Druck der Schweinsteiger-Khedira-Diskussion nicht leiden. Außerdem könnte das Turnier im besten Fall ja noch vier Partien von der Mannschaft einfordern. Da kann es nicht schaden, im Herzen des deutschen Spiels auch ein wenig flexibel zu bleiben. Und körperlich frisch.

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