Manchester Uniteds Trainer Ruben Amorim äußert sich öffentlich schonungslos ehrlich - ohne Rücksicht auf Verein oder Spieler. Wie lange geht das gut?
Es gibt Trainer, die ihre Spieler in Watte packen. Und es gibt Ruben Amorim. Der neue Coach von Manchester United hat sich in Windeseile einen Ruf als unbequemer Klartext-Kommunikator erarbeitet.
Als ein Journalist ihm am vergangenen Wochenende nach ManUniteds schmeichelhaftem 1:0-Sieg gegen Fulham zu seinem 40. Geburtstag gratulierte, antwortete Amorim: "Ich bin nicht 40 geworden. Nach zwei Monaten bei Manchester United bin ich jetzt 50."
Auf die Frage, warum Fan-Liebling Marcus Rashford im Kader fehlte, sagte der Portugiese: "Schauen Sie sich unsere Bank an, da fehlt es uns an Tempo. Aber ehe ich einen Spieler aufbiete, der nicht jeden Tag sein Maximum gibt, wechsle ich Vital ein." Jorge Vital, 63, ist der Torwarttrainer.
"Schlechteste Mannschaft in der Geschichte von Manchester United"
Es ist viel passiert, seit Amorim am 9. November 2024 als Nachfolger des glücklosen Erik ten Hag bei Manchester United vorgestellt wurde. Die Partie in Fulham war erst Amorims vierter Sieg in der Premier League im zwölften Ligaspiel unter seiner Regie.
Eine Woche zuvor, nach der 1:3-Heimniederlage gegen Brighton, hatte der Portugiese öffentlich erklärt: "Das ist die schlechteste Mannschaft in der Geschichte von Manchester United."
In der Kabine habe er dies seinen Spielern zuvor ehrlich ins Gesicht gesagt, beteuerte Amorim einige Tage später. Außerdem soll er bei der Spielanalyse nach Abpfiff einen Fernseher in der Kabine zerschlagen haben, berichtete "The Athletic".
Bevor Amorim in England nach eigenen Angaben innerhalb von zwei Monaten von 39 auf 50 Jahre gealtert ist, hatte er sich in seiner portugiesischen Heimat als Trainer von Sporting Lissabon einen Namen gemacht. In vier Jahren bei Sporting wurde er zweimal Meister, zweimal Ligapokalsieger und einmal Superpokalsieger.
"Ich lüge meine Frau nicht an und ich lüge meine Spieler nicht an"
Bei Sporting, der ewigen Nummer zwei in Portugal hinter dem verhassten Stadtrivalen Benfica, flogen dem jungen Coach vor allem dank seines Temperaments die Herzen zu. "Ich lüge meine Frau nicht an und ich lüge meine Spieler nicht an, das ist meine Regel", sagte er 2021, als es um ein Duell zweier Spieler um einen Startelfplatz ging.
Als Sporting im Januar 2023 mit zwölf Punkten Rückstand auf Tabellenführer Benfica nur auf einem enttäuschenden vierten Platz lag, bot Amorim öffentlich seinen Rücktritt an: "Wenn Sporting will, können sie mich ohne zusätzliche Euros gehen lassen, obwohl ich einen Vierjahresvertrag habe. Das ist mein Wort." Amorim durfte bleiben - und wurde im Jahr darauf mit zehn Punkten Vorsprung portugiesischer Meister.
Auch in England spricht Amorim Klartext - allerdings ohne sich zuvor durch sportliche Erfolge einen Sympathiepuffer erarbeitet zu haben. Eine gefährliche Situation.
Ruben Amorim: "Peinlich, Trainer von Manchester United zu sein"
Als die BBC ihn Ende Dezember fragte, ob Manchester United im Abstiegskampf sei, meinte Amorim, "das kann passieren, das müssen wir den Fans klar sagen." Seine Mannschaft hatte im Dezember sechs Spiele verloren, stand Silvester auf Platz 14.
"Es ist auch meine Schuld", sagte er auf Nachfrage, ob es ihm peinlich sei, als Trainer von Manchester United über den Abstieg reden zu müssen. "Die Mannschaft wird nicht besser. Sie ist im Moment ein bisschen verloren und es ist ein wenig peinlich, Trainer von Manchester United zu sein und eine Menge Spiele zu verlieren."
Die letzten Worte, die Amorim damals an die BBC richtete, beinhalten auch eine unbequeme Wahrheit, der sich der Trainer selbst stellen muss. "Ich glaube, die Leute haben genug von Ausreden in diesem Verein. Dieser Verein braucht einen Schock."
Verwendete Quellen
- BBC: Amorim says he'd rather pick 63-year-old coach over Rashford
- The Athletic: Manchester United manager Ruben Amorim’s brutal honesty: ‘Good or bad, he tells us everything’
- BBC: Man Utd relegation 'a possibility' says Amorim
- Mais Futebol: Amorim: "Não minto à minha mulher e não minto aos meus jogadores"
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