Es hätte eine Sensation werden können: Im freundschaftlichen Länderspiel gegen Uruguay zeigt die österreichische Nationalmannschaft eine starke erste Hälfte. Doch wie schon in Schweden dreht sich das Spiel der Österreicher nach der Pause um 180 Grad.

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Für das Wörthersee-Stadion in Klagenfurt war es das erste Länderspiel nach jahrelanger Bauzeit. Das für die Europameisterschaft 2008 errichtete Stadion wurde gerade erst fertig gestellt und machte bislang eher Schlagzeilen bezüglich Sinn, Kosten und Nachnutzung als mit Fußball. Doch im ersten Länderspiel nach der Wiedereröffnung empfing die österreichische Nationalmannschaft dort mit dem zweifachen Weltmeister Uruguay einen würdigen Gegner. Für Marcel Kollers Team war es auch ein Testspiel im Hinblick auf die EM-Qualifikation ab September.

Die Österreicher starteten selbstbewusst und beschäftigten den Weltranglisten-Siebten durch gutes Pressing in der gegnerischen Hälfte. Schon nach fünf Minuten gelang Zlatko Junuzovic nach einem schönen Kombinationsspiel der erste Schuss knapp über das Tor. In dieser Angriffsphase Österreicher kamen die Gäste aus Südamerika kaum über die Mittellinie hinaus, geschweige denn in den gegnerischen Strafraum.

Österreich macht das 1:0

So war es nur konsequent, dass in der 14. Minute nach schnellem Zusammenspiel zwischen Martin Harnik, Junuzovic und dem abschließenden Marc Janko das 1:0 fiel. Der Reservist von Trabzonspor versenkte den Ball aus elf Metern Entfernung per Flachschuss ins rechte Eck. Kaum vier Minuten später lenkte Uruguays Torwart Muslera gerade noch einen Freistoß von David Alaba auf die Querlatte ab. Marko Arnautovic setzte aus spitzem Winkel nach und schoss den Ball am rechten langen Eck vorbei – der einzige Höhepunkt des Stoke-City-Legionärs in diesem Spiel. Gegen Ende der ersten Hälfte kamen auch Harnik und Alaba zu Torchancen.

In der ersten Halbzeit sahen die 22.000 Zuschauer im Klagenfurter Stadion eine mutig und beherzt aufspielende Mannschaft, die den Spielaufbau der Südamerikaner zum Großteil unterband. Bis auf zwei Freistöße von Luis Suarez und Diego Forlan setzte Uruguay den Gastgebern nur wenig entgegen: Suarez’ Schuss aus 30 Metern prallte gegen die Querlatte, bei Forlan klärte Teamkollege Gimenez versehentlich an der Torlinie und verhinderte so den Ausgleich. Ein starker und souveräner Auftritt der österreichischen Mannschaft in den ersten 45 Minuten, den das Publikum leider nur mäßig belohnte.

Spielfluss leidet in Hälfte zwei

Nach der Pause zeigte sich die spielerische Klasse des amtierenden Copa-América-Meisters. Das überraschend fehlende Pressing der Österreicher gab Uruguay Raum für schnelle, technisch ausgefeilte Spielzüge – und Torchancen. Nachdem der für Robert Almer eingewechselte Heinz Lindner in der 65. Spielminute einen Torschuss von Suarez parierte, gelang Alvaro Pereira nur eine Minute später der Ausgleich. Dieser Treffer wurde durch ein konfuses Stellungsspiel im österreichischen Strafraum ermöglicht.

Hatte Teamchef Koller in der ersten Halbzeit bis auf drei Ausnahmen (Leitgeb, Suttner, Hinteregger) auf bewährte Stammspieler gesetzt, nutze er, ebenso wie Uruguay, in der zweiten Hälfte die Wechselmöglichkeiten eines Freundschaftsspiels. Dadurch litt allerdings auch der Spielfluss - vor allem auf österreichischer Seite. So konnte der eingewechselte Ivanschitz Harniks Schnelligkeit und Spielintensität nicht ersetzen; Florian Klein setzte zwar als rechter Verteidiger offensiv Akzente, doch in der Defensive schlichen sich einige Fehler ein.

Es fehlt der Mut zu Verantwortung

Der Verlauf der zweiten Halbzeit zeigte, dass es auf österreichischer Seite noch vielen Spielern der zweiten Reihe an Mut zu Verantwortung mangelt. Spielübersicht, Risiko- und Laufbereitschaft fehlten zum großen Teil, der Endstand von 1:1 ist damit gerechtfertigt. Gelingt es Marcel Koller, den Spielfluss und die Aggressivität, die seine Mannschaft in der ersten Halbzeit ausgezeichnet hat, mit in die zweite zu nehmen, kann Österreich nicht nur in der EM-Qualifikation zum ernsthaften Gegner werden – auch eine Teilnahme am Turnier ist dann möglich: Als Quali-Gegner warten Russland, Schweden, Montenegro, Moldawien und Liechtenstein.

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