Die Suche nach Ersatz für den scheidenden ÖFB-Kapitän Christian Fuchs wird keine leichte: Sowohl für die Position des Linksverteidigers als auch die Kapitänsschleife gibt es mehr als genug denkbare Varianten.

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Der plötzliche Rücktritt von Kapitän Christian Fuchs stellt das österreichische Nationalteam vor neue Herausforderungen. Auf der linken Abwehrseite braucht es Ersatz. Auch die Frage, wer als neuer Kapitän die Mannschaft durch die Weltmeisterschaftsqualifikation und bestenfalls 2018 nach Russland führt, muss geklärt werden.

Christian Fuchs hat nach zehn Jahren und 78 Spielen dem Nationalteam den Rücken gekehrt. Mit seinen Flanken und weiten Einwürfen war der Linksverteidiger und Kapitän eine Waffe im Spiel der Österreicher. Er verstand es auch, dem im modernen Fußball nötigen Offensivdrang nachzugeben und seine Mitspieler auf den Seiten zu "hinterlaufen" und dadurch Räume aufzureißen. Neben viel Lob gab es aber auch immer wieder Kritik, dass Christian Fuchs zu oft nicht sein volles Potenzial in den Länderspielen abrufen konnte. Dennoch hat sein Abgang fußballerisch eine Lücke hinterlassen. Wer soll diese füllen?

Linksverteidiger-Ersatz lauert bereits

Die größten Chancen auf den Posten des Linksaußen hat wohl Ingolstadt-Legionär Markus Suttner, der Fuchs in manchen Testspielen bereits vertreten hat. Das Problem des Verteidigers sind aber genau jene Vorstöße, auf die Marcel Koller in der abgelaufenen Qualifikation gesetzt hat.

Während Suttner defensiv eine solide Leistung brachte, mangelte es - besonders in den Vorbereitungsspielen zur Europameisterschaft - an Offensivaktionen des 29-Jährigen. Fairerweise ist zu sagen, dass Suttner erst Anfang des Jahres nach überstandenem Mittelfußbruch sein Comeback in der deutschen Bundesliga gab.

Auch Andreas Ulmer von Meister Red Bull Salzburg ist ein Name, der in der Nachfolgefrage regelmäßig auftaucht. Der Linksfuß gilt als starker Vorlagengeber (acht Assists in der vergangenen Saison), hat jedoch in den Plänen von Marcel Koller in der Vergangenheit keine große Berücksichtigung gefunden.

Sowohl bei Ulmer (30) als auch bei Suttner spielt das fortgeschrittene Fußballalter eine Rolle, was dem 24 Jahre alten Neo-Salzburger Stefan Stangl zugutekommen kann. Der Linksverteidiger brachte es in 70 Ligaspielen auf 15 Torbeteiligungen.

Mit Ylli Sallahi (22) vom deutschen Zweitligisten Karlsruhe gib es allerdings auch einen weiteren jungen Mann, dessen Zeit im Nationalteam kommen könnte. Sallahi hat in der vergangenen Saison in 20 Spielen zwei Tore für den KSC erzielt.

Oder doch David Alaba?

Die wohl naheliegendste Variante für die linke Seite bleibt David Alaba. Der Münchner gilt als einer der besten Linksaußen weltweit, scheint aber trotz durchwachsener Leistung bei der Europameisterschaft für das ÖFB-Team im Zentrum unersetzbar zu sein.

Da sich mit Florian Grillitsch und Alessandro Schöpf Mittelfeld-Alternativen aufdrängen – und eine linke Seite mit Alaba und Marko Arnautovic etwas Charmantes und Kraftvolles innehätte – muss Teamchef Marcel Koller genau abwägen.

Systemumstellung steht im Raum

Da David Alaba seine Zukunft als Lenker und Denker im Mittelfeld sieht und potenzielle Nachfolger in der linken Viererkette aktuell eher als Notlösungen gelten, steht auch eine taktische Umstellung auf eine Dreier-Kette im Raum.

Mit Aleksander Dragovic und Kevin Wimmer von Tottenham hat man bereits zwei Innenverteidiger auf hohem Niveau. Sebastian Prödl ist eher als souveräner "Back Up" zu sehen, wohingegen Martin Hinteregger und auch der 19-jährige Philipp Lienhart, der schon in Real Madrids Champions-League-Kader stand, dem Teamchef ebenfalls auf dieser Position zur Verfügung stehen werden.

Mit dieser gewagten Formation würde sich zwar die "Seiten-Problematik" gut lösen lassen. Sie erfordert aber zugleich auch eine intelligente Raumaufteilung und Spieleröffnung, die – wie nach dem Island-Match klar – erst noch eingespielt gehört. Es bleibt abzuwarten, ob dafür vor der WM-Qualifikation die Zeit bleibt.

Neuer Leader gesucht

Bei der Kapitänsfrage gibt es weitaus weniger potenzielle Varianten. Alles scheint auf Julian Baumgartner oder Zlatko Junuzovic hinauszulaufen. Beide sind unverzichtbare Stammspieler und leisten mit ihrer Besonnenheit und Verlässlichkeit einen gewichtigen Beitrag für das Nationalteam.

Auch ein Robert Almer steht zur Disposition, hat aber den Nachteil des Tormannes, der wenig in das Spiel eingebunden ist. Und er gilt als introvertiert. Alternativ ist auch vorstellbar, dass EM-Elfer-Pechvogel Aleksander Dragovic die Kapitänsschleife überstreift.

Der ehemalige Kapitän Marc Janko und der Star des Teams David Alaba sind eher Außenseiter in dieser Frage. Janko ist mit seinen 33 Jahren und mit einem Blick in die Zukunft wohl etwas zu alt für den Posten.

Alaba hingegen hat mit seinem ersten Formtief in Frankreich nicht nur Enttäuschung, sondern auch einen Diskurs ausgelöst, ob man dem 24-Jährigen zu viel an Erwartungen aufgebürdet hat.

Ein befreit aufspielender David Alaba ist für jede Mannschaft dieser Welt ein Gewinn, das Tragen der Kapitänsbinde aber mit erhöhter Verantwortung und Druck verbunden - den die um vier Jahre älteren Baumgartlinger und Junuzovic vielleicht besser handhaben könnten.

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