Die Berufung von Franco Foda zum neuen Teamchef des ÖFB hat durchaus überrascht. Warum jetzt ausgerechnet ein Deutscher das Nationalteam retten soll und wie er das anstellen will.

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Es ist schon so etwas wie eine Revolution. Franco Foda führt nun bestimmt keinen klassischen deutschen Namen, der gebürtige Mainzer ist aber zweifelsfrei ein deutscher Staatsbürger, sogar ehemaliger deutscher Nationalspieler.

Ein Piefke als Teamchef des Österreichischen Fußball-Bundes, das hat es in der 113-jährigen Geschichte des Verbands noch nicht gegeben.

Am 1. Jänner ist es soweit, dann beginnt die Amtszeit Fodas offiziell. Inoffiziell, aber nicht weniger spektakulär ging es aber schon vor einigen Tagen.

Weil Fodas Vorgänger Marcel Koller freigestellt wurde, wird der Neue die Mannschaft im Vorgriff schon am Dienstag im Testspiel gegen Uruguay betreuen.

Foda ist also schon längst auf Schnupperkurs bei seiner neuen Mannschaft, mit vielen Einzelgesprächen hat er sich ein Bild verschafft von der Struktur und der Stimmung im Kader.

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Nach einer völlig verkorksten WM-Qualifikation und dem letztlich zähen Ende mit Koller benötigt das ÖFB-Team einen Neustart. Die Debatten um Kollers Nachfolge inklusive aller Nebengeräusche unterhielten die Republik gleich mehrere Wochen und Foda war ganz gewiss nicht die erste Lösung aller Experten und vielleicht auch des einen oder anderen Entscheidungsträgers. Von einer "F-Lösung" war sogar zu lesen: "F" wie Foda, oder aber "F" wie die sechste Wahl.

Was aber ist jetzt von Foda zu erwarten? Wo muss der Neue schnell ansetzen? Ein Ausblick.

Was bringt Foda als Trainer mit?

Lange Zeit war der 51-Jährige ein Dogmatiker. In seiner ersten Zeit bei Sturm Graz und auch nach seinem Comeback vor drei Jahren setzte Foda nahezu ausschließlich auf eine 4-4-2-Grundordnung bei seinen Mannschaften.

Das System stand dabei über allem, Kaderstruktur oder Gegneranpassungen waren eher zweitrangige Ebenen, mit denen sich Foda allenfalls am Rande beschäftigte oder seine Ausrichtung danach umstellte.

Diese dogmatische Herangehensweise hat der Trainer in seinen letzten Monaten beim SK Sturm fast komplett aufgeweicht. Fodas (ehemalige) Mannschaft besticht in dieser Saison durch eine hohe taktische Flexibilität und Variabilität.

Das betrifft zum einen die Zusammenstellung des Kaders als auch die Vorbereitung auf die jeweiligen Gegner. Foda variierte seine Grundordnungen, spielte mit Dreierkettensystemen.

Franco Foda ist neuer ÖFB-Teamchef Ist der Deutsche die richtige Wahl?
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Das früher in Stein gemeißelte kompakte Verteidigen mit schnellem Umschalten in die Offensive nach Ballgewinn ist immer noch ein Bestandteil des Grazer Spiels. Aber eben auch längst nicht mehr die einzige Waffe.

Foda hat der Mannschaft ein gut funktionierendes Ballbesitz- und Positionsspiel beigebracht. Fodas Graz hat ein gefestigtes Fundament, von dem aus sich die Mannschaft immer sehr speziell auf die unterschiedlichen Gegner mit unterschiedlichen Stärken und Schwächen einstellen konnte, ohne dabei seinen eigenen Grundcharakter zu vergessen.

Das wäre dann auch schon die eine ganz große Aufgabenstellung für die Weiterentwicklung des ÖFB-Teams. Und es ist die Benchmark, wie man neudeutsch sagt: Mit Graz hat es Foda zurück an die Spitze der österreichischen Liga geschafft und bietet Serienmeister Red Bull Salzburg einen spannenden Titelkampf. Diese Annäherung an die europäische Spitze soll in den kommenden Jahren auch wieder gelingen.

Was gibt es auf die Schnelle zu tun?

Österreich galt im Sommer 2016 als ein Team aus der 1B-Kategorie: Nicht drin im inneren Zirkel der Großmächte, aber auf einer Stufe mit beachtenswerten Mannschaften wie Kroatien, Schweden, die Schweiz oder sogar den Geheimfavoriten aus Belgien.

Dann kamen die EM und der komplette Absturz. Und alles wurde wieder auf Null gestellt.

Die WM-Qualifikationskampagne war eine einzige große Enttäuschung, die Errungenschaften der Jahre 2014 bis 2016 plötzlich wie weggewischt. Und mit ihr die zaghafte Euphorie, die sich um die Mannschaft entwickelt hatte.

Österreich hat mal wieder ein großes Turnier verpasst und startet einen neuen Anlauf. Die Zeit bis zu den ersten EM-Qualifikationsspielen im September kann Foda zu Testzwecken nutzen - das immerhin ist ein kleiner Vorteil, dass dieses knappe Jahr bis zum nächsten Pflichtspiel nicht auseinander gerissen wird durch die Vorbereitung auf ein großes Turnier.

Foda muss die Führungsspieler und Leistungsträger im Team wieder auf Kurs bringen und auf einen gemeinsamen Nenner. Als Königsaufgabe dürfte sich die "Verwendung" von David Alaba entpuppen.

Um den Bayern-Star und dessen Einsatzgebiet entzündeten sich gewissermaßen dauerhafte Diskussionen, über die am Ende auch Koller stolperte, der Alaba immer wieder auf Positionen im Mittelfeld einsetzte und damit kein Glück hatte.

Wichtige erste Spiele für Foda

Auch deshalb sind die ersten Spiele so wichtig für Foda, auch der Test gegen Uruguay. Es muss schnell wieder eine Aufbruchsstimmung erzeugt werden und verloren gegangenes Vertrauen in die handelnden Personen beim ÖFB zurückgewonnen werden.

Ohne die Unterstützung der Fans und der Liga wird es für ein Nationalteam wie jenes von Österreich doppelt schwer, sich wieder nach oben zu kämpfen.

Dass sich Foda auf eine veränderte mediale Herausforderung einstellen muss, ist klar. Bisher ist der Trainer alles andere als einer, der die Medien einfach so um den Finger wickelt.

Da wird sich der Deutsche umstellen und ziemlich sicher auch den einen oder anderen Gegenwind aushalten müssen.

Welchen Spielstil braucht die Mannschaft?

Österreich hat bestimmt keine Über-Mannschaft - aber doch definitiv eine, die eine Gruppe mit Serbien, Irland oder Wales hätte überstehen können. Umso wichtiger ist ein tragendes Konzept, um über das Kollektiv die individuell fehlende Klasse auszugleichen.

Fodas Anpassungsfähigkeit als Trainer und die Tatsache, dass er mit seinen Mannschaften in relativ kurzer Zeit beziehungsweise in wenigen Einheiten entscheidende Fortschritte erzielen konnte, sind da eine gute Basis.

Österreich wird einen variablen Fußball anbieten müssen, der mit einer potenziellen Kadergröße von 30 bis 35 Spielern umzusetzen ist und zwischen Gegnern der Bandbreite von Gibraltar bis Spanien auf alles reagieren kann.

Positionsspiel, Umschaltspiel, hohes Pressing, kompaktes, tiefes Verteidigen: Österreich wird eine Allroundermannschaft werden müssen. Den einen Stil für dieses Team wird es kaum geben.

"Ich habe eine intakte Mannschaft übernommen mit einer guten Mentalität, einem guten Charakter, das haben die Spieler auch in den letzten zwei Spielen unter Marcel Koller gezeigt. Es sind viele junge Spieler dabei, und ich bin der Überzeugung, dass hier etwas am Endstehen ist", sagt Foda.

Wichtig seien eine gute Balance auf allen Teildisziplinen und die detaillierte Vorbereitung auf jeden einzelnen Gegner. "Da muss man immer wieder unterschiedliche Ideen entwickeln und das werden wir tun."

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