In Amsterdam kassierte die deutsche Nationalmannschaft das früheste Gegentor seit 50 Jahren. Der Ausgleich ist wohlverdient.

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Die deutsche Fußball-Nationalmannschaft hat den extremen Härtetest gegen Erzrivale Niederlande mit viel Leidenschaft und etwas Glück bestanden. Die Elf von Bundestrainer Julian Nagelsmann erkämpfte sich in einem wilden Klassiker nach erheblichen Startproblemen ein 2:2 (2:1) in der Nations League. Positiv trotz erheblicher defensiver Schwächen: In Amsterdam ließ sie sich vom frühesten Gegentor seit 50 Jahren und einer überaus wackligen ersten halben Stunde nicht beirren, steckte nie auf.

Tijjani Reijnders ließ den Hexenkessel Johan-Cruyff-Arena mit seinem Treffer nach nur 99 Sekunden überkochen. Es war das früheste Gegentor für die DFB-Auswahl seit jenem durch Johan Neeskens nach 86 Sekunden beim WM-Triumph über die Niederlande 1974. Das erste Länderspieltor von Startelf-Debütant Deniz Undav (38.) und Kapitän Joshua Kimmich (45.+3) wendeten das Blatt.

Weitere Schritte in Richtung K.o. im Oktober möglich

Die 1200 mitgereisten deutschen Fans im nicht ganz gefüllten Auswärtsblock waren wieder "völlig losgelöst". Doch Denzel Dumfries (51.) übertölpelte die löchrige DFB-Abwehr erneut, das Remis ist nach dem Auftaktsieg gegen Ungarn (5:0) ein kleiner Dämpfer. Im Oktober kann das DFB-Team in Bosnien und beim Rückspiel gegen die Elftal in München aber weitere Schritte in Richtung K.o.-Runde machen.

Nagelsmann hatte seine Elf gewarnt: Oranje würde kontern, sagte er, seine Defensive müsse gut sein "in der Restverteidigung, damit der Raum hinter der Kette nicht zu groß wird". Genau das passierte beim 0:1. Die deutsche Viererkette mit den unsicheren Jonathan Tah und Nico Schlotterbeck war weit aufgerückt, Sechser Robert Andrich ließ sich beim Steilpass des Ex-Münchners Ryan Gravenberch tunneln, Reijnders vollstreckte alleine vor Marc-Andre ter Stegen. "Ganz schlecht verteidigt", schimpfte RTL-Experte Lothar Matthäus.

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Die niederländischen Fans, mit Pfiffen bei der deutschen Aufstellung und einer stimmungsvollen Lichter-Show unter dem geschlossenen Arena-Dach in Schwung gekommen, feierten ekstatisch. Und Nagelsmann, der nach der Nationalhymne noch mit Sandro Wagner gewitzelt hatte, hatte plötzlich erhöhten Gesprächsbedarf mit seinem Assistenten. Seine Spieler versuchten angeführt von Gestalter Pascal Groß, über Ballbesitzphasen Sicherheit zu bekommen.

Mehr als ein Schuss ans Außennetz von Kai Havertz brachte das erst einmal nicht ein (11.). Sturmspitze Undav, der den angeschlagen abgereisten Niclas Füllkrug vertrat, fand lange nicht ins Spiel. Stattdessen hatten die Gastgeber durch Dumfries (15.) oder den Leipziger Xavi Simons (21.), der erneut vom auffälligen Gravenberch perfekt eingesetzt wurde, Hochkaräter. Nagelsmann schimpfte - und durfte doch bald jubeln.

Musiala und Wirtz taten sich schwer

Ein lichter Pressing-Moment von Jamal Musiala, der sich wie Zauber-Kumpel Florian Wirtz diesmal schwerer tat, ermöglichte den Ausgleich. Das 2:1 leitete Andrich mit einem perfekten Diagonalball ein, der über David Raum und Undav zu Kimmich gelangte, der nur noch einschieben musste. Undav ist damit der erste Nationalspieler seit Amin Younes im Jahr 2017, dem bei seinem Startelfdebüt ein Tor und eine Vorlage gelang.

Beim Ausgleich verlor Musiala den Ball, Schlotterbeck sah wieder schlecht aus und Raum ließ seinen Gegenspieler Dumfries ziehen. Havertz (52.) hatte die erneute Führung auf dem Fuß.

Nagelsmann, der mit Wiederanpfiff schon den teilweise überforderten Tah durch Waldemar Anton ersetzt hatte, suchte mit der neuen Doppel-Sechs aus Emre Can und Aleksandar Pavlovic (64.) nach Stabilität. Havertz zog er ins Zentrum vor, das Spiel wogte hin und her. Für mehr fehlte beiden Mannschaften letztlich die Kraft oder eine entscheidende, zündende Idee.(SID/bearbeitet von jst)

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