Deutschland schlägt Island mit 2:0 in der Nations League. Doch das DFB-Team tut sich wieder schwer – zum Ärger von Bundestrainer Horst Hrubesch, der mehr von seinen Spielerinnen erwartet.

Eine Analyse
Dieser Text enthält eine Einordnung aktueller Ereignisse, in die neben Daten und Fakten auch die Einschätzungen von Justin Kraft sowie ggf. von Expertinnen oder Experten einfließen. Informieren Sie sich über die verschiedenen journalistischen Textarten.

Knapp fünf Minuten waren gespielt, da hätte der ganze Abend einen anderen Verlauf nehmen können. Deutschland kam gut in die Partie, kombinierte sich in dieser Situation klug nach vorn. Klara Bühl wurde halblinks freigespielt und fand Lea Schüller mit einem starken Pass in die Mitte.

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Die Stürmerin des FC Bayern München traf allerdings nur die Latte. Anschließend flachte das Spiel zunehmend ab. Das DFB-Team tat sich schwer, fand kaum noch zu gefährlichen Abschlüssen. Islands Defensive hatte die Partie von Minute zu Minute besser im Griff.

"Wir haben uns spielerisch schwergetan, den Ball gut laufen zu lassen", analysierte Lena Lattwein nach der Partie im ZDF selbstkritisch: "Wenn man die Chancen nicht macht, will man es erzwingen. Es wäre durchaus gut gewesen, hätten wir ein frühes Tor erzielt." So habe die letzte Konsequenz aber gefehlt.

DFB-Team muss "cleverer und ruhiger spielen"

"Du musst es cleverer und ruhiger spielen, aber wir haben die Sicherheit einfach nicht", erklärte auch Horst Hrubesch den Auftritt. Konsequenz, spielerische Sicherheit und Spielglück – all das haben die DFB-Frauen aktuell nicht. Selbst nachdem Giulia Gwinn in der 65. Minute per Elfmeter die Erlösung brachte und zum 1:0 traf, wackelte man noch. Island hätte kurz vor dem Ende beinahe den Ausgleich geschossen.

Deutschland haderte unter anderem mit dem gefrorenen Platz, wollte diesen aber auch nicht als Ausrede benutzen. "Wir haben es uns wieder selber schwer gemacht", so der Bundestrainer. Dabei gab es gute Ansätze auf dem Platz.

Im Vergleich zum Wales-Spiel tauschte Hrubesch auf drei Positionen. Für die verletzt abgereiste Marina Hegering rückte Sara Doorsoun in die Startelf. Außerdem spielten Lena Lattwein und Linda Dallmann von Anfang an. Sara Däbritz und Laura Freigang blieben dafür auf der Bank. Beide hatten am vergangenen Freitag Probleme, sich ins Kombinationsspiel zu integrieren.

Horst Hrubesch tüftelt an der Ausrichtung

Auch in der Anordnung sah es etwas anders aus. Während Freigang gegen Wales stark darum bemüht war, sich immer wieder fallen zu lassen und den Spielaufbau zu unterstützen, war Dallmann diesmal höher positioniert. Auch Lattwein agierte sehr hoch und so hatte Deutschland phasenweise fünf Spielerinnen im Angriffsdrittel positioniert.

Angesichts der sehr tief verteidigenden Isländerinnen ergab eine offensive Ausrichtung Sinn – wie die ersten Minuten der Partie zeigten. Deutschland war sofort im Spiel. Doch nach dem Lattentreffer von Schüller war es die von Hrubesch angesprochene Konsequenz, die fehlte.

Zu oft hielt sich das Team selbst damit auf, den Ball durch die Abwehrreihe laufen zu lassen. Zu selten fand man den Weg in die offensiven Zwischenräume. Auch weil die Angebote und Laufwege fehlten. Die weiter vorn positionierten Spielerinnen waren zu statisch. Wenig überraschend baute Hrubesch zur Halbzeit bereits um, nahm die unglücklich spielende Lattwein runter und auch Svenja Huth.

DFB-Team: Auch gegen den Ball nicht konsequent genug

Ein Grund dafür war womöglich nicht nur die Statik im Offensivspiel. Die Arbeit gegen den Ball war ebenso inkonsequent. Deutschland hatte oft Gleich- oder Überzahlsituationen, weil sie recht hoch pressten. Auch hier schob Lattwein beispielsweise sehr nach vorn.

Das führte aber zu Konstellationen, in denen eine der Innenverteidigerinnen nach vorn verteidigen musste und dann neben Oberdorf im Mittelfeld auftauchte. Island versuchte es ab und an mit langen Bällen, um das zu nutzen, bekam aber selbst keine Präzision ins Spiel.

Beim DFB-Team fehlte Druck im Anlaufverhalten. Island konnte sich trotz vieler deutscher Gegenspielerinnen viel zu häufig befreien, es ergaben sich kaum lukrative Ballgewinne für die Deutschen. Mit der Einwechslung von Sjoeke Nüsken stabilisierte Hrubesch das Team ein wenig. Die ehemalige Frankfurterin interpretierte ihre Rolle etwas tiefer als Lattwein zuvor.

DFB-Team krampft sich zum Sieg

Offensiv veränderte das allerdings wenig. Und so war es Elfmeter-Torschützin Gwinn, die vielleicht den ehrlichsten und passendsten Satz aussprach: "Es war heute ein ziemlicher Krampf für uns."

Es war wichtig für das DFB-Team, die beiden Spiele gegen Wales und Island zu gewinnen. Viel mehr war angesichts der Gesamtsituation nicht zu erwarten. Die Qualifikation für Olympia ist das ausgerufene Ziel. Um die dafür notwendige Tabellenführung zu übernehmen, muss Dänemark in der nächsten Länderspielpause mit zwei Toren Abstand besiegt werden.

Angesichts der Bedeutung, die Olympia im Fußball der Frauen hat, überrascht es, welchen Stellenwert die DFB-Frauen im ZDF hatten. Dass zeitgleich auch der DFB-Pokal der Männer stattfand, war gewiss eine für den Sender schwierige Ausgangssituation. Eine angemessene Lösung fand man aber nicht.

Das Spiel der Frauen verschwand im Stream. Im Vorlauf der Berichterstattung zum Pokalspiel in Kaiserslautern erwähnte Katrin Müller-Hohenstein in zwei knappen Sätzen, dass man das Länderspiel parallel schauen könne. Eine Zusammenfassung der Partie gab es dann um 23:35 Uhr.

Streng genommen fand das richtungsweisende Duell mit Island im linearen Fernsehen also für viele gar nicht statt. Es ist der Schlusspunkt einer Länderspielpause, die, um es mit dem Wortlaut von Gwinn zu beschreiben, eher krampfig war. Immerhin konnte sich der DFB wichtige Zeit verschaffen. Doch bis zu den entscheidenden Spielen gegen Dänemark und Wales gibt es noch sehr viel Klärungs- und Anpassungsbedarf – auf allen Ebenen.

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