Leon Goretzka galt als Auslaufmodell und sollte sogar seinen Verein verlassen. Das DFB-Comeback belohnt seinen Charakter und wie er mit der Situation umgegangen ist.
Noch im November hatte sich die Nationalmannschaft darauf verständigt, dass der DFB-Kader mit Blick Richtung WM 2026 im Grundsatz steht. Dass ein paar Talente zwischendurch frischen Wind reinbringen: Richtig so! Dass Altgediente ihren Vorruhestand genießen dürfen: Nur logisch! Nun hat der Bundestrainer eine Kehrtwende vollzogen, die Erklärungsbedarf hat. Es geht um
Julian Nagelsmann hatte ihn vor der Heim-EM 2024 aussortiert und sogar
In einer solchen Situation, quasi am Scheideweg ihrer Karriere, können Fußballprofis zweierlei reagieren. Entweder wie einst Weltmeister
Er blies kein Trübsal, er tat, wofür er bezahlte wurde – er trainierte und war zur Stelle, als seinem Vereinstrainer Vincent Kompany das Personal im zentralen Mittelfeld ausging. Die Spekulationen überschlugen sich trotzdem regelmäßig, welches Transferfenster Goretzka zum Abflug nutzen würde. Die Nationalelf: schon lange kein Thema mehr.
Jetzt schaut der scheinbar Ausgemusterte auf eine ansehnliche Saisonbilanz. 19 von 25 Bundesliga-Spielen absolviert, zehn von zwölf Einsätzen in der Champions League, dazu fünf Treffer und zwei Torvorlagen: Das sind Werte eines Stammspielers und nicht die eines Lückenbüßers. Und trotzdem kommt von Goretzka kein Wort der Genugtuung oder des Grolls.
Man kann das alles nur so interpretieren: Er ist Sportsmann durch und durch, integer und leistungsorientiert. Auf seine geplante Degradierung hat er nicht mit dem Mund, sondern mit den Beinen reagiert, also damit, wofür er bezahlt wird. Der Einzug ins Viertelfinale der Champions League geht auch auf ihn zurück: Er sortierte das Mittelfeld in beiden Spielen gegen Meister Leverkusen.
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Das ist keine Selbstverständlichkeit. Es gab schon DFB-Trainer, die jede Korrektur der eigenen Entscheidung als Eingeständnis von Schwäche betrachtet haben. (Zur Erinnerung: Berti Vogts und Stefan Effenberg 1998.) Nicht so Nagelsmann: Er stellt den Nutzen für die Mannschaft über sein Ego. Er will das beste Team und nicht die beste Darstellung.
Das gibt jedem Fan, der's gut mit der Nationalmannschaft meint, das sichere Gefühl: Es geht um Leistung. Und wenn dann einer nicht nominiert wird, dann hat der Bundestrainer gute Gründe dafür. Ob Leon Goretzkas Formhoch bis zur Weltmeisterschaft Mitte 2026 andauert, ist offen. Aber er hat sich die Chance, die ihm Nagelsmann jetzt gibt, redlich verdient.
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- Pit Gottschalk ist Journalist, Buchautor und ehemaliger Chefredakteur von SPORT1. Seinen kostenlosen Fußball-Newsletter Fever Pit'ch erhalten Sie hier.
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