Viel fehlte nicht, dann wäre das Jahr 2023 für die DFB-Frauen komplett in die Hose gegangen. Weil der Traum von Olympia in Paris weiterlebt, wird der Jahreswechsel nun versöhnlich. Nia Künzer steht als Direktorin vor großen Aufgaben.

Eine Kolumne
Diese Kolumne stellt die Sicht von Mara Pfeiffer (FRÜF) dar. Informieren Sie sich, wie unsere Redaktion mit Meinungen in Texten umgeht.

Die DFB-Frauen sind 2023 unterm Strich noch mit einem blauen Auge davongekommen. Die Enttäuschung in Sachen WM bleibt und wird in vielen Spielerinnen in der anstehenden Pause sicher nochmals nachwirken. Doch das zwischenzeitlich drohende, katastrophale Fazit konnte mit dem Fortbestehen des Olympia-Traums ins neue Jahr hinein abgefedert werden.

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Freilich täuscht die Teilnahme an den Final-Four-Spielen in der Nations League nicht darüber hinweg, dass dieses Team auch unter Interimstrainer Horst Hrubesch teils rätselhafte Leistung gezeigt hat. Es ist sicherlich die richtige Entscheidung, mit Hrubesch in die anstehenden beiden Spiele – Halbfinale gegen Frankreich, Finale oder Spiel um Platz 3 – zu gehen, die Entscheidung für eine neue Lösung auf dem Trainer*innen-Posten sollte dennoch zeitnah fallen.

Die Entscheidung für Nia Künzer ist positiv

Immerhin ist seit vergangener Woche die Person gefunden, die damit vor allem betraut sein wird: Nia Künzer besetzt den dritten Direktionsposten im DFB mit Verantwortung für die Frauen und die U20. Und so lange und lauthals, wie die Spatzen ihren Namen schon in den Wochen vor der Verkündung von den Dächern des DFB gerufen hatten, ist anzunehmen, dass Künzer nicht erst mit ihrem offiziellen Amtsbeginn am 1. Januar damit anfangen wird, sich Gedanken zu diesem Thema zu machen, sondern im Hintergrund längst damit angefangen hat.

Die Entscheidung für Künzer ist eine gute, nicht nur im getuschelten Vergleich mit anderen Namen, die zwischenzeitlich gehandelt wurden. Zum einen kann, ganz ohne Augenzwinkern, ein Pädagogik-Studium für die Arbeit in diesem Verband sicher nicht schaden. Zum anderen ist Künzer in der Vergangenheit bereits in Rollen wie die als TV-Expertin hineingewachsen, in denen sie zu Beginn vor allem von Männern umgeben war, die es gewohnt waren, unter sich zu bleiben. Diese Erfahrungswerte sind im Fußball nach wie vor wichtig.

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Nah genug dran an den Spielerinnen für Dialog

Ebenso wie die Selbstverständlichkeit, die Künzer sich in ihren Tätigkeiten nach der Karriere erarbeitet hat. Die sichere Ausstrahlung, genau da hinzugehören, wo sie gerade ist, ging nicht von Anfang an von ihr aus – und wie sollte sie auch? Doch längst hat sie sich diese ebenso erarbeitet wie eine Souveränität in Umgang und Aussagen. Beides wird sie brauchen.

Durch die eigene Fußballkarriere ist Künzer nah genug an den Spielerinnen, um mit ihnen auf Augenhöhe zu sprechen. Sie hat den Fußball der Frauen in einer Zeit miterlebt, die mit der heutigen kaum noch vergleichbar ist, formuliert heute klare Forderungen für dessen Zukunft und kann diese in der neuen Rolle vorantreiben. Bei der Besetzung des Bundestrainer*innen-Postens wird Künzer ihre Erfahrung ebenso helfen. Längst sind selbsternannte Kandidat*innen marktschreierisch in eigener Sache unterwegs, wovon die Ex-Spielerin sich aber mutmaßlich nicht aus dem Konzept bringen lassen wird. Auch das ist eine gute Nachricht.

Ihre eigene Vita ist zudem ein erkennbarer Faktor dafür, dass Nia Künzer Fußball angemessen ernst nimmt, aber nie aus den Augen verliert, dass andere Themen beizeiten dringlicher sind. Weil gesellschaftliche Aspekte an Bedeutung in diesem Sport eher zunehmen werden, ist das nicht zu unterschätzen. Und nicht zuletzt gehört Mut dazu, einen Job zu übernehmen, auf dem alle Augen ruhen und von dem viele glaubten, sie selbst seien die beste Besetzung dafür. Mit dem Mut zu Scheitern etwas Großes zu erreichen, das wären gute Aussichten für 2024, für Künzer selbst ebenso wie für die DFB-Frauen.

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