Eine aktuelle Umfrage zeigt: Frauen sind im Top-Management der deutschen Bundesliga- und Zweitliga-Vereine noch immer deutlich unterrepräsentiert. Auch in den Hierarchieebenen darunter besteht größtenteils noch deutlicher Handlungsbedarf. Einige wenige Klubs sind jedoch Vorreiter in Sachen Diversität und Geschlechtergerechtigkeit.

Eine Analyse
Dieser Text enthält eine Einordnung aktueller Ereignisse, in die neben Daten und Fakten auch die Einschätzungen von Michael Schleicher sowie ggf. von Expertinnen oder Experten einfließen. Informieren Sie sich über die verschiedenen journalistischen Textarten.

Profifußball als reine Männerdomäne? Das war vielleicht mal. Der Fußball der Frauen nimmt seit Jahren einen immer größeren Stellenwert ein, inzwischen wird immer mehr in den Frauen-Bereich der Vereine investiert und auch das Interesse der Fans steigt stetig.

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Das Problem: Bislang sind Frauen in den Vereinen eher die Ausnahme – sei es als Trainerin, Schiedsrichterin oder Funktionärin. Der Fußball wird auch weiterhin größtenteils von Männern geprägt.

Sabrina Wittmann
Sabrina Wittmann sorgte für ein Novum: Als Trainerin von Drittligist Ingolstadt ist sie die erste Trainerin im deutschen Profifußball der Männer. © IMAGO/Pressefoto Baumann/Hansjürgen Britsch

Der erstmals herausgegebene Jahresbericht "Lage der Liga" der gemeinnützigen Organisation FUSSBALL KANN MEHR hat nun untersucht, wie divers die Führungsebene sowie die darunterliegenden Gremien der Erst- und Zweiliga-Klubs der Bundesliga der Männer besetzt sind.

28 Vereine der 1. und 2. Liga haben keine Frau im Top-Management

Das Ergebnis ist ernüchternd: Lediglich auf sechs der 84 abgefragten Positionen in den Führungsetagen der 32 Klubs, die an der Umfrage teilgenommen haben, sind Frauen vertreten. Ganze 28 Vereine haben überhaupt keine Frau im Top-Management.

Die "Lage der Liga" orientiert sich bei der Methode an den jährlich veröffentlichten Berichten der deutsch-schwedischen AllBright-Stiftung, die seit 2016 die Zusammensetzung der Vorstände und Aufsichtsräte der DAX-Gremien untersucht. In Anlehnung daran analysierte FUSSBALL KANN MEHR, wie die Lage in der vergangenen Saison war – der Bericht soll in Zukunft jährlich erscheinen.

© FUSSBALL KANN MEHR gGmbH

Bundesliga-Aufsteiger St. Pauli ist im Ranking sowohl im Hinblick auf das Top-Management als auch das Kontrollgremium, das für die Besetzung des Managements verantwortlich ist, gut vertreten. Damit ist der Kiez-Klub einer der Vorreiter in Sachen Geschlechtergerechtigkeit im Profifußball der Männer.

"Der FC St. Pauli freut sich, wegweisend in dieser ersten Datenerhebung präsent zu sein, die den Gang zu mehr Diversität im professionellen Fußball weist", wird Pauli-Präsident Oke Göttlich in der offiziellen Mitteilung der Organisation zitiert.

Das Top-Management beim Aufsteiger, das aus Präsidium und Geschäftsleitung besteht, umfasst insgesamt sieben Personen, von denen drei Frauen sind – das macht einen Anteil von 42,9 Prozent aus.

Schalke hat eine Frau an der Finanz-Spitze

Besser steht auf der obersten Hierarchieebene nur Zweitligist Schalke 04 da, wo der Frauenanteil dank Finanzchefin Christina Rühl-Hamers 50 Prozent beträgt.

Christina Rühl-Hamers ist Finanzchefin beim FC Schalke 04.
Datum: 2024:04:2
Christina Rühl-Hamers ist Finanzchefin beim FC Schalke 04. Datum: 2024:04:26 © IMAGO/Tim Rehbein/RHR-FOTO

Wobei hierbei auch gesagt werden muss, dass das Top-Management bei den Königsblauen lediglich zwei Personen umfasst. Im Gegensatz dazu steht Schalke beim Blick auf das Kontrollgremium nicht gut da: Unter den elf Personen befinden sich ausschließlich Männer.

FUSSBALL KANN MEHR arbeitet beim Jahresbericht mit einem Farbschema: Klubs im roten Bereich haben keine Frau auf der entsprechenden Hierarchieebene. Vereine, mit einem Frauenanteil unter 30 Prozent sind gelb markiert, Klubs, die darüber liegen, sind grün unterlegt.

Der detaillierte Blick auf das Top-Management
Der detaillierte Blick auf das Top-Management. © FUSSBALL KANN MEHR gGmbH

Als einziger Klub im gelben Bereich des Top-Managements befindet sich Bundesligist Werder Bremen. Unter den vier Personen befindet sich eine Frau – macht also einen Frauenanteil von 25 Prozent. "Für Werder Bremen ist das klare Bekenntnis zu Diversität ein Erfolgskriterium. Wir wissen, dass Geschlechtergerechtigkeit notwendig ist, um ein zeitgemäßer Arbeitgeber zu sein und dass unterschiedliche Perspektiven bessere Ergebnisse bringen", wird Klaus Filbry, Vorsitzender der Werder-Geschäftsführung zitiert.

Durch die Berufung von Anne-Kathrin Laufmann sei die Geschäftsführung laut Filbry in vielen Bereichen besser geworden. Für die nahe Zukunft gibt der Werder-Boss zudem ein klares Ziel aus: 2026 soll der Frauenanteil in allen Gremien mindestens 25 Prozent betragen.

Anne-Katrhin Laufmann
Anne-Kathrin Laufmann gehört zum Top-Management von Bundesligist Werder Bremen. © IMAGO/nordphoto GmbH/Rauch

Die Besonderheit beim Jahresbericht "Lage der Liga": Die Organisation hat sich auch die Zusammensetzung der sogenannten "Direct Reports" angesehen – damit ist die Führungsebene gemeint, die direkt an das Top-Management, also die höchste Stelle im Verein, berichtet.

Auch der FC Bayern ist bei einer Ebene weiter oben vertreten

Führend sind hier die SV Elversberg (50 Prozent Frauenanteil), der 1. FC Kaiserslautern (45,5 Prozent) und auch der FC Bayern München (33,3 Prozent). Auf den restlichen Ebenen schneidet der deutsche Rekordmeister hingegen schlecht ab: Sowohl im Kontrollgremium (neun Personen) als auch im Top-Management (vier Personen) befindet sich keine Frau.

Auf der Ebene der "Direct Reports" haben fünf der 32 Vereine gar keine Frau. Von 332 Positionen werden 268 von Männern und 64 von Frauen gehalten – das entspricht einem Anteil von 19,3 Prozent. "In der Konsequenz geht es nicht nur um die oberste Führungsebene, sondern um Karrierepfade auf dem Weg an die Spitze", sagt Tanja Gönner, Aufsichtsratsvorsitzende des VfB Stuttgart und Hauptgeschäftsführerin des Bundesverbandes der deutschen Industrie (BDI).

In anderen Worten: Solange Frauen nicht auch schon auf unteren Karriereebenen gefördert werden, können sie es kaum in die höchsten Managementebenen schaffen. Doch bereits an dieser Förderung hakt es offenbar bei vielen Vereinen.

Der Männer- und Frauenanteil bei den "Direct Reports"
Der Männer- und Frauenanteil bei den "Direct Reports". © FUSSBALL KANN MEHR gGmbH

Katja Kraus, Beiratsvorsitzende von FUSSBALL KANN MEHR, fasst die Ergebnisse der ersten Umfrage wie folgt zusammen: "Der Fußball bildet in seinem Top-Personal eine Monokultur und schöpft dadurch seine Wirkkraft nicht aus." Ihr zufolge bleibe der Fußball hinter seinen Möglichkeiten zurück, solange die gesellschaftliche Vielfalt nicht auch in den Führungsgremien dargestellt werde. "Mit Frauen im Top-Management verbessert sich das Risikomanagement, steigt die Leistungsfähigkeit und erhöht sich die Innovationskraft", sagt Kraus.

Ob sich die Bundesliga- und Zweitliga-Klubs den Bericht zu Herzen und Maßnahmen ergreifen werden, wird sich spätestens in einem Jahr zeigen. Dann erscheint der neue Jahresbericht zur Geschlechter-Situation im deutschen Profifußball.

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