Eigentlich hatte Evan Johnson eine touristische Bootstour geplant, am Ende landete er auf der Auswärtsfahrt eines Fünftligisten. Doch die Verwechslung machte es für den Amerikaner erst zu einem wirklich besonderen Tag.
Der 21-jährige US-Amerikaner Evan Johnson hat bei seinem Studienaufenthalt in London eine ganz besondere Einführung in die dortige Fußballkultur erlebt: Johnson wurde durch einen Zufall Fan des englischen Fünftligisten Southend United.
Eigentlich hatte er an dem Tag nicht vor, ein Fußballspiel in der englischen Hauptstadt zu besuchen. "Ich hatte ursprünglich geplant, an Bord eines Flusskreuzfahrtschiffs für eine Hop-On-Hop-Off-Tour zu gehen, von der ich dachte, sie sei am selben Dock", erzählt Johnson der englischen Zeitung "Echo" sein Missgeschick. Nach der Tour, die nur eine Stunde hätte dauern sollen, wollte er den Rest des Tages noch in der Stadt verbringen.
Doch es kam alles anders: Denn wie Johnson noch vor dem Einsteigen bemerkte, hatten sich um ihn herum ungewöhnlich viele Fußballfans versammelt. "Sie schienen sich zu kennen und sangen Fangesänge, die ich nicht verstanden habe. Ich habe mich aber entschieden, trotzdem an Bord zu gehen, weil ich dachte, wenn sie mein Ticket kontrollieren würden, würden sie mich zurückschicken", erzählt Johnson weiter. Die Tickets wurden am Boot aber nicht mehr kontrolliert – und so fand er sich plötzlich auf einer ganz anderen Fahrt wieder, als er gedacht hatte.
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Denn es war kein Touristenboot. Fans des Fünftligisten Southend United aus dem Südwesten Englands hatten das Boot gemietet, um zum Auswärtsspiel ihres Vereins beim Londoner Stadtteilklub Sutton United zu fahren. Als die feiernden Anhänger der "Shrimpers" (Krabbenfischer), wie der Klub auch genannt wird, bemerkten, dass Johnson mehr oder weniger versehentlich auf ihr Boot geraten war, nahmen sie ihn einfach bei sich auf.
"Jemand auf dem Boot erzählte mir, dass ein junger Kerl auf dem falschen Boot war und ich wollte nur sichergehen, dass es ihm gut geht", sagte Southend-Fan Andy Ward dem "Echo". "Als ich ihn gefunden habe, trank und tanzte er mit anderen Southend-Fans und auch wenn man sehen konnte, dass er nervös war, hat jeder versucht, ihm das Gefühl zu geben, willkommen zu sein". Von anderen Fans bekam Johnson ein Ticket und wurde schließlich dazu überredet, mit zum Spiel zu kommen.
"Bin jetzt ein Southend-Fan bis zu meinem Tod"
Dort holte Southend United gegen Sutton United immerhin ein 1:1-Unentschieden – das erste Southend-Tor seines Lebens verpasste Johnson laut Aussage eines anderen Fans, weil er währenddessen wohl am Burgerstand war. Trotzdem ist Johnson nach dem eindrücklichen Erlebnis mittlerweile Feuer und Flamme für seinen neuen Klub. "Ich bin jetzt ein Southend-Fan bis zu meinem Tod", sagt der Student, der bis dahin eigentlich noch nicht viel mit Fußball zu tun hatte. Seine neuen Freunde haben ihn schon mit dem Fangesang "Evan is a shrimper" bedacht.
Auch beim nächsten Spiel von Southend will Johnson wieder dabei sein – und der Klub will seinen unerwarteten neuen Fan zum ersten Heimspiel gegen Solihull Moors dann anständig begrüßen: "Wir werden ihm eine Tour hinter die Kulissen des Stadions geben und ihm die Chance bieten, einige von unseren Spielern zu treffen", erklärt ein Sprecher gegenüber dem "Guardian". "Nachdem wir gehört haben, dass er einer der 1.459 Fans war, die in unserem Auswärtsblock in Sutton gelandet sind – komplett zufällig – freuen wir uns, ihm zu zeigen, was ein Heimspiel der 'Shrimpers' so ausmacht."