Normalerweise müssen sich Spieler Kritik anhören, wenn sie Elfmeter nicht schießen wollen. In der italienischen Serie A war das am vergangenen Spieltag genau andersherum: Stürmer Lorenzo Lucca traf vom Punkt, wurde von seinen Mitspielern gemieden und prompt ausgewechselt.
Das Verwandeln eines Elfmeters ist eine große Verantwortung, die von Fans und Spielern mit viel Dankbarkeit belohnt wird - eigentlich. Doch beim Auswärtsspiel in der Serie A von Udinese Calcio bei US Lecce am Freitagabend sah die Sache anders aus: Der erfolgreiche Elfmeterschütze Lorenzo Lucca wurde gerade wegen seines Elfmetertors noch vor der Halbzeit ausgewechselt.
Die kuriose Szene nahm in der 27. Minute ihren Lauf: Udineses Sandi Lovric bekam von seinem Gegenspieler Gaby Jean eine Hand ins Gesicht und ließ sich theatralisch fallen. Die Entscheidung war strittig, doch der Schiedsrichter zeigte nach Ansicht des Videomaterials auf den Elfmeterpunkt. Doch damit nicht genug der Diskussion: Denn bei den Gästen kam plötzlich die Frage auf, wer den Elfmeter schießen soll.
Udineses Kapitän verschoss bisherige Elfmeter
Eigentlich ist bei Udinese in dieser Saison Kapitän Florian Thauvin als Elfmeterschütze gesetzt. Der hatte aber in der Liga beide bislang gepfiffenen Elfmeter für Udinese verschossen. Seinem Mitspieler Lucca war das offensichtlich zu unsicher: Der aktuell mit zehn Ligatoren beste Torschütze des ostitalienischen Klubs schnappte sich den Ball deshalb selbst - und seine Teamkollegen einschließlich des Kapitäns waren darüber wenig begeistert.
Mehrere Spieler, darunter auch der Kapitän selbst, versuchten, Lucca von seinem Vorhaben noch abzuhalten. Die aufgebrachten Teamkollegen stellten sich vor den Ball, führten eine leidenschaftliche Diskussion, die teilweise den Anschein hatte, als könne es bald handgreiflich werden. Lucca aber war dennoch fest entschlossen, den Elfmeter selbst zu schießen. Und der 24-Jährige ließ sich von seinen Mitspielern, die noch bis kurz vor dem Schuss versuchten, auf ihn einzureden, nicht beirren.
Lucca verwandelt und wird ausgewechselt
Dem Druck hielt Lucca problemlos stand und verwandelte den Elfmeter zum 1:0 für Udinese, zahlte dafür aber einen hohen Preis. Seine Mitspieler ließen ihn beim Torjubel komplett alleine. Und auch Trainer Kosta Runjaic (früher bei Kaiserslautern und 1860 München) zeigte sich vom Torerfolg seines Stürmers wenig beeindruckt und wechselte den besten Spieler des Teams kurz darauf aus - nicht einmal 40 Minuten waren da gespielt. Und trotzdem war Luccas Treffer der entscheidende des Tages - Udinese Calcio gewann in Lecce mit 1:0 und konnte damit den guten Trend der letzten Wochen fortsetzen.
Dass niemanden die Aktion von Lucca so wirklich gefallen hatte, war aber dennoch klar. Die guten Nachrichten für den Stürmer: Vom eingewechselten Iker Bravo und dem Trainer bekam er bei der Auswechslung immerhin einen Handschlag und auch beim Jubelfoto nach dem Spiel war er wieder mit dabei. So glücklich wie seine Teamkollegen sah Lucca da aber noch nicht wieder aus.