Real-Star Jude Bellingham fliegt nach einer mutmaßlichen Schiedsrichter-Beleidigung vom Platz – er selbst spricht von einem Missverständnis. Dennoch könnte dem Mittelfeldspieler eine empfindliche Sperre drohen.

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Am vergangenen Wochenende kam Real Madrid auswärts beim CA Osauna nicht über ein 1:1 hinaus, für die "Königlichen" war es ein Rückschlag im Meisterschaftskampf. Aus Sicht der Madrilenen hatte Schiedsrichter José Luis Munuera Montero großen Anteil am Remis – die "Königlichen" fühlten sich wie zuletzt häufiger vom Unparteiischen benachteiligt.

Montero zeigte Real-Star Jude Bellingham in der 39. Minute aufgrund einer mutmaßlichen Beleidigung die Rote Karte. Zuvor hatte Bellingham ein Foul verursacht, bestand aber offensichtlich darauf, dass er den Ball gespielt habe. Nach der Ausführung des Freistoßes diskutierte er erneut mit dem Schiedsrichter und flog vom Platz. Der Unparteiische gab später in seinem Bericht an, dass Bellingham "Fuck you" zu ihm gesagt habe.

"Er hat 'Fuck off' gesagt und nicht 'Fuck you'. Das ist ein großer Unterschied."

Carlo Ancelotti über Jude Bellingham

Verständnis für die Entscheidung hatte Real logischerweise nicht, nach dem Spiel war die Rede von einem Missverständnis. Denn Bellingham soll nicht "Fuck you", sondern "Fuck off" gesagt haben. Real-Trainer Carlo Ancelotti erklärte nach dem Spiel, der Schiedsrichter habe den Kommentar falsch übersetzt: "Ich glaube, der Schiedsrichter hat das Englisch nicht gut verstanden. Er hat 'Fuck off' gesagt und nicht 'Fuck you'. Das ist ein großer Unterschied", sagte Ancelotti auf der anschließenden Pressekonferenz: "Ich denke, die Rote Karte wurde gezeigt, weil der Schiedsrichter nervös war."

CA Osasuna - Real Madrid
Jude Bellingham (l.) flog mit einer Roten Karte vom Platz. © Miguel Oses/AP/dpa

Auch Bellingham sprach hinterher von einem Missverständnis. "Das ist ein Ausdruck, den ich seit meinem 16. oder 17. Lebensjahr sage, im Guten wie im Schlechten", sagte der 21-Jährige. Den Schiedsrichter habe er damit nicht beleidigen wollen. "Es gab keine Absicht, ihn zu beleidigen, es gab keine Beleidigung. Ich denke, man kann sehen, dass es ein Missverständnis war."

Bellingham droht Mega-Strafe

Sollte Montero jedoch bei seiner Version bleiben und ihm recht gegeben werden, könnte eine heftige Strafe auf Bellingham zukommen. Denn in Artikel 99 der Disziplinarordnung des Königlichen Spanischen Fußballverbands (RFEF) heißt es: "Den Hauptschiedsrichter, die Assistenten, den vierten Offiziellen, Direktoren oder Sportbehörden zu beleidigen oder zu beschimpfen, wird mit einer Sperre von vier bis zwölf Spielen bestraft." Der 21-Jährige könnte seinem Team also möglicherweise sogar für mehrere Wochen fehlen.

Zurück zum vergangenen Wochenende: Zum Ärger von Real kam Osasuna durch einen umstrittenen Foulelfmeter noch zum Ausgleich durch Ante Budimir (58. Minute). Der Videoschiedsrichter hatte sich eingeschaltet, nachdem Eduardo Camavinga nach Abschluss eines Torschusses von Budimir, dem späteren Ausgleichsschützen, beim Klärungsversuch auf den Fuß getreten war. Ancelotti schlug an der Seitenlinie beide Hände vors Gesicht.

Real Madrid im Dauer-Streit mit den spanischen Schiedsrichtern

Pikanterweise hatte Real erst jüngst das Schiedsrichter-Wesen in Spanien massiv und öffentlich kritisiert. Die Königlichen hatten nach dem 0:1 bei Espanyol Barcelona einen vierseitigen Protestbrief an den spanischen Fußballverband geschrieben und diesen auf seiner Internetseite veröffentlicht.

Die Leistung des Schiedsrichterteams inklusive des VAR sei "skandalös" gewesen. Sie sei "der Höhepunkt eines völlig diskreditierten Schiedsrichtersystems, dessen Entscheidungen gegen Real Madrid einen Punkt erreicht haben, an dem die Verfälschung und Manipulation des Wettbewerbs nicht mehr ignoriert werden kann", echauffierte sich Real.

Liga-Präsident Javier Tebas
Liga-Präsident Javier Tebas. © IMAGO/Europa Press/Eduardo Parra

Die Klubführung habe "den Verstand verloren", sagte Liga-Präsident Javier Tebas laut Nachrichtenagentur AP als Reaktion. Tebas verriet zudem, dass die Liga rechtliche Schritte wegen des Briefes erwäge.

Am Montagmorgen folgte der Krisengipfel zwischen einer Real-Delegation und dem Schiedsrichterkomitee des spanischen Fußballverbands – es war der vorläufige Höhepunkt im omnipräsenten Dauerstreit zwischen Verein und Liga.

Real stichelt in Spielbericht gegen Schiedsrichter

Auch nach dem Remis gegen Osasuna ging Real vehement gegen die Unparteiischen vor. "Unentschieden in Pamplona mit Schiedsrichter- und VAR-Kontroverse", lautete etwa die Überschrift des vereinseigenen Spielberichts zum 1:1. Schiedsrichter Montero wird darin mehrfach kritisiert.

Das aktuell wenig königliche Gebaren der "Königlichen" gefällt LaLiga-Präsident Tebas überhaupt nicht. "Sie haben eine Opfergeschichte aufgebaut. Das Thema wurde aufgebauscht", hatte er nach einem Treffen zwischen den spanischen Klubs, dem Verband und dem Schiedsrichterkomitee CTA in der Vorwoche gesagt – Real Madrid blieb diesem aus Protest fern.

Einen kleinen Annäherungsversuch wagte hingegen RFEF-Präsident Rafael Louzán. "Lassen Sie dies den Beginn einer neuen, anderen Ära sein", sagte er nach dem Treffen. "Wir haben die Möglichkeit, sie gemeinsam zu gestalten." Gemeinsam mit dem Schiedsrichterkommitee gestattete er den Real-Verantwortlichen Einblick in die VAR-Kommunikation aus der Partie gegen Espanyol Barcelona.

Schiedsrichter Montero bekommt nach Spiel Morddrohungen

Für Montero, den Unparteiischen beim Spiel gegen Osasuna, hatte die Partie schockierende Folgen. Der Referee war vor allem in den sozialen Netzwerken übel angegangen worden, nachdem er Bellingham Rot gezeigt und einen Elfmeter gegen Madrid verhängt hatte. Spaniens Schiedsrichter verurteilten die Drohungen und Beleidigungen als "nicht akzeptabel".

"Wir, die professionellen Schiedsrichter, möchten unsere absolute Ablehnung der Angriffe und Drohungen zum Ausdruck bringen, die unser Kollege über soziale Netzwerke erhält und die ihn und seine Familie persönlich betreffen", heißt es in einer Mitteilung des Technischen Komitees der Schiedsrichter (CTA).

Seit mehreren Tagen wird Montero auf seinem Instagram-Konto von Madrid-Fans mit Beleidigungen überhäuft, darunter auch Morddrohungen. "Diese Angriffe kommen zu dem Hass und der verbalen Gewalt hinzu, mit der wir unsere Arbeit jedes Wochenende ausüben müssen und die in den unteren Ligen leider in vielen Fällen in körperliche Gewalt umschlägt", hieß es weiter.

Eine Entscheidung zu einer möglichen Bellingham-Sperre steht noch aus, der Fall wird aktuell untersucht. Was schon jetzt sicher ist: Das letzte Wort im Schiedsrichter-Streit zwischen Real Madrid und der spanischen Liga ist noch nicht gesprochen.

Verwendete Quellen

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