Die US-Liga NWSL hat nach der großen Missbrauchsuntersuchung einem Millionen-Vergleich zugestimmt. Was das für die betroffenen Spielerinnen konkret bedeutet.

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Die National Women's Soccer League (NWSL), die Fußball-Profiliga der Frauen in den USA, erlebt seit einigen Jahren einen echten Boom. Die Stadien werden voller, die Zahlen der Fernsehzuschauer steigen – sie alle wollen die Stars des Sports sehen.

Das sah zu Beginn der US-Liga noch ganz anders aus. Zur Anfangszeit der NWSL – die Liga wurde 2012 gegründet – war sie noch deutlich weniger populär.

2021 machten Spielerinnen Missbrauchsvorwürfe öffentlich

Das machte es wohl auch möglich, dass viele Vorfälle von Missbrauch und Belästigung lange im Verborgenen blieben. Bis 2021, als mehrere Spielerinnen der NWSL den Mut hatten, mit konkreten Vorwürfen gegen Verantwortliche an die Öffentlichkeit zu gehen.

Den Stein richtig ins Rollen brachten damals die Spielerinnen Sinead Farrelly und Meleana Shim. In einem Artikel des Online-Portals "The Athletic" äußerten sie eindrücklich und schockierend mutmaßliche sexuelle Übergriffe ihres Ex-Trainers Paul Riley. Der Coach bestritt die Vorwürfe, doch der US-Fußballverband entzog ihm schließlich die Trainerlizenz, 2023 wurde er von der NWSL lebenslang gesperrt. In der Folge trat auch Liga-Chefin Lisa Baird zurück, die von vielen der Vorfälle gewusst haben soll.

Meleana Shim
Meleana Shim war 2021 eine der ersten Spielerinnen, die konkrete Vorwürfe öffentlich machte. © IMAGO/USA TODAY Network/Vincent Carchietta

Immer mehr Spielerinnen machten nach Farrelly und Shim Vorwürfe öffentlich, etliche Trainer und Verantwortliche wurden entlassen oder gesperrt. Der US-Fußballverband beauftragte die ehemalige Staatsanwältin Sally Q. Yates mit der Aufarbeitung der Missbrauchsvorwürfe in der US-Profiliga. Im Zuge der Veröffentlichung des Berichts von Yates kamen noch weitere Vorwürfe ans Licht. Ein Jahr nach Aufkommen der Vorwürfe leiteten die Generalstaatsanwälte für New York, Illinois und Washington DC eine gemeinsame Untersuchung der Anschuldigungen ein.

Vergleich: NWSL stellt Millionen-Fonds bereit

Jetzt, rund viereinhalb Jahre nach den Vorwürfen von Farrelly und Shim, erklärte sich die NWSL dazu bereit, einen Fonds in Höhe von fünf Millionen Dollar zu schaffen, um betroffene Spielerinnen entsprechend zu entschädigen. Gleichzeitig soll das Geld dafür genutzt werden, um Reformen zum besseren Schutz der Spielerinnen in der NWSL umzusetzen.

"Zu lange waren die fleißigen und talentierten Frauen der National Women's Soccer League gezwungen, eine inakzeptable Kultur des Missbrauchs, der Belästigung und der Vergeltung zu ertragen", wurde die New Yorker Generalstaatsanwältin Letitia James im "Guardian" zitiert.

Die New Yorker Generalstaatsanwältin Letitia James
Die New Yorker Generalstaatsanwältin Letitia James. © IMAGO/Newscom World/Barry Williams

Die Einigung sende ihr zufolge die "klare Botschaft, dass ein solches Fehlverhalten nicht toleriert wird und dass die Spielerinnen die Entschädigung und den Schutz erhalten, die sie verdienen". James weiter: "Wir sind es den mutigen Frauen schuldig, die mit ihren Geschichten an die Öffentlichkeit gegangen sind, dass so etwas nie wieder passiert."

Sollte die NWSL gegen die vereinbarten Bedingungen, zu denen auch ein strenger Hintergrundcheck von potenzieller Trainer und Mitarbeiter gehört, verstoßen, droht der Liga den Generalstaatsanwälten zufolge eine Strafe von zwei Millionen Dollar.

Zwei Spielerinnen erhalten eine Million Dollar aus dem Fonds

Zwei Spielerinnen, die in der Vergleichsankündigung nicht namentlich erwähnt werden, erhalten gemeinsam eine Million Dollar aus dem Fonds. Die restlichen vier Millionen Dollar können theoretisch an andere Spielerinnen mit ähnlichen Schicksalen verteilt werden.

Betroffene Spielerinnen haben nun 180 Tage, um ihre Ansprüche einzureichen und eine Entschädigung einzufordern. Dafür müssen sie entsprechende Informationen bereitstellen – zunächst einmal also über die stattgefundenen Ereignisse berichten und diese gegebenenfalls durch weitere Unterlagen, wie medizinische oder psychiatrische Gutachten, unterstützen. Anschließend werden die Ansprüche bewertet und überprüft, unter anderem auch durch Gespräche mit der Betroffenen sowie unter Umständen auch des Beschuldigten.

In der boomenden US-Liga geht es also voran – endlich auch in Bezug auf die Aufarbeitung der Missbrauchsvorwürfe. Ein wichtiges Zeichen für den Fußball der Frauen in den USA und auf der ganzen Welt.

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