Der frühere spanische Verbandspräsident hat am Dienstag vor Gericht ausgesagt und seine Sicht der Dinge erklärt. Zuvor sagte ein Lippenleser beim Prozess aus.

Mehr News zum Thema Fußball

Der ehemalige spanische Verbandschef Luis Rubiales hat im Prozess um den Skandal bei der Siegerehrung der Frauen-WM 2023 die Anschuldigungen gegen ihn zurückgewiesen und seine Darstellung von einem einvernehmlichen Kuss erneuert. Er sei sich "absolut sicher", dass die Weltmeisterin Jennifer Hermoso damals dem Kuss auf ihre Lippen zugestimmt habe, sagte Rubiales am Dienstag bei seiner mit Spannung erwarteten Aussage vor Gericht.

Er habe Hermoso bei der Siegerehrung nach dem Finale, das Spanien gegen England gewann, gefragt, "ob ich dir einen Kuss geben darf, und sie hat 'okay" gesagt", sagte Rubiales: "So war es". Zunächst habe auch nichts darauf hingedeutet, dass Hermoso ein Problem mit dem Kuss gehabt habe, sagte Rubiales: "Erst zwei Tage später änderte sie ihre Geschichte."

Der Hauptangeklagte sagte zu seiner Verteidigung vor Gericht unter anderem auch aus, er habe bei ähnlichen Situationen "auch viele männliche Fußballer mit Küssen bedeckt".

Lippenleser stützt Rubiales' Aussage

Zuvor hatte am Dienstag der Lippenleser David Murillo auf Grundlage einer Video-Analyse im Gericht ausgesagt, dass Rubiales Hermoso tatsächlich nach dem Kuss gefragt habe. "Er sagte: 'Darf ich dir einen Kuss geben?' Daran gibt es keinen Zweifel", sagte Murillo. Die Antwort von Hermoso sei auf dem ihm zur Verfügung gestellten Video aber nicht zu erkennen.

Murillo erklärte der "Marca" zufolge, er habe ein Tiktok-Video von guter Qualität analysiert und "keine Zweifel. Ich habe es mehrere Male gesehen und bin mir sicher", beteuerte der gehörlose und als Lippenleser ausgebildete Mann in der Gebärdensprache.

Der Gutachter wurde zwar von der Verteidigung vorgeladen, er beteuerte aber auf Frage der Staatsanwaltschaft, er habe keine Beziehung zu Rubiales. Er arbeite regelmäßig mit der spanischen Polizei zusammen. "Ich analysiere nur, was die Lippen sagen. Es gibt keinen Spielraum für Fehler", erklärte Murillo.

Abel Banos, ein weiterer Gutachter, sagte vor Gericht aus, das Video sei echt und nicht manipuliert worden.

Hermoso: Kuss war nicht einvernehmlich

In der Vorwoche hatte Hermoso zum Prozessauftakt beteuert, dass der Kuss keinesfalls einvernehmlich gefallen sei. "Als Frau fühlte ich mich nicht respektiert. Dieser Moment trübte einen der glücklichsten Tage meines Lebens", sagte die 34-Jährige: Ein "Kuss auf die Lippen wird nur gegeben, wenn ich es so entscheide".

Rubiales muss sich wegen sexuellen Übergriffs und Nötigung vor Gericht verantworten. Er hatte bei der Siegerehrung nach dem WM-Finale im August 2023 vor laufenden Kameras und unter den Augen von Millionen Fernsehzuschauern den Kopf der Spielerin Hermoso mit beiden Händen gepackt und sie auf den Mund geküsst. Die weltweit im Fernsehen übertragene Szene löste Empörung aus, Kritiker werteten sie als Machtmissbrauch.

Dieses Bild ging um die Welt
Dieses Bild ging um die Welt. © IMAGO/Sports Press Photo/IMAGO/Richard Callis / SPP

Seit einer Reform des spanischen Strafrechts gilt ein nicht einvernehmlicher Kuss als sexueller Übergriff. Rubiales ist auch wegen Nötigung angeklagt, weil er Hermoso gedrängt haben soll, sich seiner Darstellung vom einvernehmlichen Kuss anzuschließen. Rubiales bestreitet auch diese Vorwürfe.

Die Staatsanwaltschaft fordert eine Haftstrafe von zweieinhalb Jahren für Rubiales. Der Prozess soll bis zum 19. Februar dauern. (sid/dpa/bearbeitet von ms)

JTI zertifiziert JTI zertifiziert

"So arbeitet die Redaktion" informiert Sie, wann und worüber wir berichten, wie wir mit Fehlern umgehen und woher unsere Inhalte stammen. Bei der Berichterstattung halten wir uns an die Richtlinien der Journalism Trust Initiative.

Teaserbild: © IMAGO/Europa Press/Eduardo Parra