In München beginnt der Prozess gegen den mutmaßlichen Erpresser von Uli Hoeneß. Der frühere Bayern-Präsident selbst soll schon bald Freigänger sein. Er wird sich auf Vieles neu einstellen müssen.

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Uli Hoeneß ist allgegenwärtig. Zwar sitzt der ehemalige Präsident des FC Bayern München nach wie vor wegen Steuerhinterziehung in der Justizvollzugsanstalt Landsberg am Lech in Haft. Doch der Name des 62-Jährigen polarisiert wie eh und je. Auch an diesem Montag, wenn sich der mutmaßliche Erpresser des langjährigen Bayern-Managers in München vor Gericht verantworten muss.

Der vorbestrafte Mann soll am 10. Mai mit einem Drohbrief versucht haben, 215.000 Euro von Hoeneß zu erpressen. Angeblich drohte er ihm ansonsten mit schwerwiegenden Konsequenzen in dessen Haft. Hoeneß informierte die Polizei, die den Mann bei einer fingierten Geldübergabe im Stadtteil Sendling festnahm. Hoeneß selbst soll aber nicht als Zeuge aussagen. Noch vor Weihnachten soll ein Urteil fallen - und damit kurz bevor der Weltmeister Freigänger sein wird. Ab Januar soll er wieder für den FC Bayern arbeiten, und ein fester Arbeitgeber ist die Grundvoraussetzung für den sogenannten offenen Vollzug. Doch wie wird sein Tagesablauf aussehen? Wie frei kann er sich bewegen? Und darf er sogar zu Auswärtsspielen des Rekordmeisters mitfahren?

Er wird an den Ort zurückkehren, an dem er den Klub zu einer Weltmarke schmiedete. Das ist klar. Sein Büro in der Säbener Straße ist unangetastet. Einst war er hier der mächtige Klubboss, nun wird er sich unterordnen müssen. Die Bayern sehen für ihn einen Posten in der Jugendabteilung vor. Für Hoeneß ist es nach sieben Monaten in der JVA ein erster Schritt zurück in die Normalität. "Wir hoffen, dass er im Januar, an welchem Tag auch immer, anfangen kann. Für ihn wäre das eine unheimliche Erlösung, wenn er hier wieder in einen anderen Rhythmus reinkommt und wieder unter uns sein wird", meinte sein Nachfolger Karl Hopfner im November. Er glaube jedoch nicht, sagte der neue Bayern-Präsident, dass sein Vorgänger ein Leben wie vor der Inhaftierung vorfinden werde.

Der neue starke Mann ist der Vorstandsvorsitzende Karl-Heinz Rummenigge. Der 59-Jährige hat längst Hoeneß’ Posten als Lautsprecher eingenommen. Hoeneß wird unter der Oberfläche wirken müssen. Ein Platz im Aufsichtsrat gilt für ihn als verurteilter Straftäter ausgeschlossen. Und dennoch soll er an einem der wichtigsten Projekte des Vereins entscheidend mitarbeiten. Die Bayern planen ein großes Nachwuchsleistungszentrum im Norden Münchens. "Unser Trainingsgelände an der Säbener Straße platzt aus allen Nähten, von daher planen wir ein neues Trainingszentrum für den Nachwuchsbereich. Dafür haben wir einen Standort gefunden, der vier oder fünf Kilometer von der Allianz Arena entfernt ist", erklärte Rummenigge im Februar. Wann es aus Giesing-Harlaching in den Stadtteil Freimann gehen soll, ließ der Klub offen. Dem Vernehmen nach soll Hoeneß künftig die Pläne vorantreiben. Er darf sich hierfür tagsüber am Arbeitsplatz frei bewegen, muss aber unmittelbar nach Feierabend hinter verschlossene Türen zurück.

Wie die "Süddeutsche Zeitung" schreibt, müsse dies aber nicht zwingend in der JVA sein. Er könne auf eine "etwas angenehmere Unterkunft" hoffen. Er wird auch wieder seine eigene Kleidung tragen dürfen, allerdings ein paar Nummern kleiner. Er soll im Gefängnis mehrere Kilo abgenommen haben, heißt es.

Es bleibt Raum für Spekulationen. Bis heute ist unklar, wann der offene Vollzug wirksam wird. Es wird gemutmaßt, dass er erstmals am 5. Januar als Freigänger raus darf. Es ist sein Geburtstag. Nicht Wenige sehnen seine Rückkehr herbei. "Wir brauchen alle dieses Gefühl, dass er wieder hier ist, ich vermisse ihn, wie alle hier", sagte der französische Superstar Franck Ribery der "Welt am Sonntag". Die gewohnte Unterstützung wird's bei Auswärtsspielen aber nicht geben. Mehrtägige Abwesenheit und Auslandsaufenthalte sind nicht erlaubt, auch die Abendspiele in der Allianz Arena wird er sich nicht anschauen dürfen. Dennoch hat er weitere Hafterleichterungen in Aussicht. Das bayerische Strafvollzugsgesetz sieht nach mindestens sechs Monaten Haft Urlaub vor. Demnach darf er die Anstalt an bis zu 21 Tagen im Jahr über Nacht verlassen. Hoeneß kehrt so peux à peux ins zivile Leben zurück. Eines, an das er sich erst wird gewöhnen müssen.

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