Noch FIFA-Boss Joseph Blatter wird von der Ethikkommission der Organisation für acht Jahre gesperrt. Das Urteil hält er für "eine Schande". Wir blicken zurück auf ein Potpourri von Sprüchen und Peinlichkeiten aller Beteiligten - die beteuern, so gar nicht beteiligt zu sein.

Eine Glosse
von Nico Carli

Hach ja, die FIFA. Eine tolle Organisation, wirklich. Vorbild, Fixstern, so etwas wie dein Freund und Helfer in Fußballfragen.

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Neulich hat sich der Weltverband angestrengt Gedanken über die WM der Zukunft gemacht - und als Vision die Idee eines Turniers mit 40 Teams aufgeworfen, ab 2026.

Ex-Kicker und Fußballfunktionär Horst Heldt ist zwar nicht bei der FIFA, und auch für ein schniekes Büro in Zürich reicht es nicht, er lungert noch in Gelsenkirchen rum. Dennoch sah er sich bemüßigt, neckisch anzumerken: "Wer redet denn da noch? Die sind doch alle im Gefängnis."

Verhaftungen, aber wofür?

Ja, das ist natürlich ein Problem der FIFA. Ihre Mitglieder werden, verflixt noch mal, ständig als Komparsen bei "Verdachtsfälle" auf RTL gehandelt.

Betrug, Erpressung, Geldwäsche, das böse Wort der Korruption, das in Bayern sicherlich "Koar Ruption" buchstabiert wird, alles dabei. 2015 wurden Top-FIFA-Funktionäre in Gewahrsam genommen, natürlich in Zürich.

Doch Joseph Blatter, der FIFA-Vater, hob abwehrend die Hände: "Ich war nicht beteiligt. Wofür soll ich schon verhaftet werden?" Berechtigter Einwand.

"Ich bin sauber"

Vielleicht sollten wir vorab etwas Generelles ansprechen, nur dass es mal gesagt wurde, fürs Protokoll. In Artikel 11 des FIFA-Ethik-Kodex steht geschrieben: "Offizielle dürfen keine Bestechungsgelder annehmen." Was logisch klingt.

Blatter steckte der BBC daher im Vertrauen: "Ich weiß, dass ich ein ehrenwerter Mann bin. Ich bin sauber." Und zur gemeinen Gemengelage: "Es gibt keine Korruption im Fußball, es gibt Korruption bei Einzelpersonen." Wissen wir, Sepp!

Russland und Katar

Die nächsten beiden Weltmeisterschaften kommen mutmaßlich ohne 40 Länder aus, doch es riecht ja ein bisschen streng um Russland 2018 und Katar 2022. Funzelig ist das Licht, das auf die Vergaben fällt, weshalb die FIFA die FIFA-Ethikkommission aussandte, um die FIFA zu rehabilitieren. Schon wieder diese bahnbrechende Logik!

Richter Hans Joachim Eckert schloss denn auch ein Fehlverhalten bei der russischen Bewerbung aus, allerdings habe FIFA-Chefermittler Michael Garcia nur "eine begrenzte Menge von Dokumenten" einsehen können.

Der Grund liegt auf der Hand: Die bei der WM-Bewerbung genutzten Computer seien geleast gewesen, sie weilen nicht mehr unter uns. "Der Besitzer hat bestätigt, dass die Computer mittlerweile vernichtet sind." Künstlerpech.

Katar ist nicht mit der Technik, sondern bitterbösen Unterstellungen beschäftigt. FIFA-Kommunikationsdirektor Walter De Gregorio führte "Menschenrechtsheuchelei" an und fragte, wo bei WM-Austragungsorten bitteschön die Grenze zu ziehen sei: "Guantanamo - muss man das berücksichtigen, wenn die USA ein Kandidat wäre?“

Angeschlagenes Image

Die FIFA ringt mit ihrer Reputation. Vom niederländischen "Volkskrant" mit dem angekratzten Image konfrontiert, antwortete Blatter: "Wie kann Ajax Amsterdam gegen Rapid Wien verlieren?" Widerspruch zwecklos - die Logik ...

"Ich war der erste Entwicklungshelfer, und das bin ich im Grunde geblieben", blatterte Sepp indes in der "FAZ". Sowieso ist das ja alles unfair: "Ich bin sicher, dass anerkannt wird, was die FIFA und ich in den vergangenen 40 Jahren geleistet haben."

Pioniergeist in der FIFA

Folglich, erläuterte Blatter, müsse der Weltverband ein Vorreiter sein. Womit wir wieder bei Weltmeisterschaften wären, im wahrsten Wortsinn: "Wir sollten uns fragen, ob unser Spiel eines Tages auf einem anderen Planeten gespielt wird. Wir hätten dann interplanetarische Wettbewerbe."

Ein Pionier ist, wer Twitter hat, und ein noch größerer ist, wer von 140 Zeichen bloß 115 braucht. Wie Blatter. "Jeder in der Fußballgemeinschaft hat die Verpflichtung, ethisch zu handeln. Da hat die FIFA die Führung übernommen."

Ein andermal verpackte er ihre Bedeutung so: "Wir formen die Gesellschaft." Und weil das scheinbar nicht ausreicht, prophezeite er Mitte 2014: "Wir werden eine neue FIFA errichten." Etwa auf einem anderen Planeten?

Michel Platini ganz bescheiden

Gestern Weltklasse, heute Weltverband. Das ist Michel Platinis Rechnung. Der französische Ex-Fußballer und heutige Fußballfunktionär will an die Spitze der FIFA. Im Oktober 2015 fand er gegenüber "Le Matin" die passenden pragmatischen Worte.

"Ich fühle mich wie ein Ritter im Mittelalter, der vor einer Festung steht und versucht hereinzukommen, um der FIFA den Fußball zurückzugeben", sagte er. "Stattdessen werde ich mit heißem Öl übergossen. Ich bin, in aller Bescheidenheit, der Beste, um den Weltfußball zu führen." Das "in aller Bescheidenheit" war ihm wichtig zu betonen.

Luis Figo gegen Diktatur

Gestern Weltklasse, morgen Weltverband. Das war Luis Figos Rechnung, bis er merkte, dass dieser Weltverband ziemlich obskur ist. "Ich werde erst zur Verfügung stehen, sobald nachgewiesen ist, dass die FIFA keine Diktatur ist", sagte der Beau, der Rekordnationalspieler Portugals, der freilich, so er wollte, rhetorischen Doppelpass mit Platini spielen könnte.

"Ich habe mit eigenen Augen gesehen, wie Verbandspräsidenten zunächst FIFA-Führungspersonen mit dem Teufel verglichen - und dann, am nächsten Tag auf der Bühne, mit Jesus Christus."

Diese Vergesslichkeit ...

Die Schlussworte im Klüngeleien-Komödienstadl gebühren Blatter und Platini. Im Oktober 2015 wurden beide für 90 Tage suspendiert, es geht um Millionenzahlungen für Beraterdienste. Konkret: Millionenzahlungen aus dem Jahr 2011 für Beraterdienste aus den Jahren 1999 bis 2002.

Blatter kennt sich aus mit dem Zwang zu Rechtfertigungen, also dozierte er. "Ich stehe da wie der Ochs am Berg und frage mich: Was ist denn hier passiert?" Zumal Uefa-Chef Platini "keinen Zweifel" an seiner Integrität habe - seiner eigenen.

Warum dann dieser große zeitliche Abstand zwischen Arbeit und Entgelt? Da meinte Blattini, die Zahlung "vergessen" zu haben. Als sie feststellen, dass das nicht so authentisch wirkte, wie es wirken sollte, fiel Platini der tatsächliche Grund ein. Demnach hänge die verspätete Überweisung mit der damaligen Finanzlage der FIFA zusammen.

Dazu nur dieses: 2002 blies der Blattersepp in Zürich die Backen auf und verkündete einen Gewinn von 115 Millionen Schweizer Franken.

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