Der Kader von Titel-Favorit Spanien ist mit Stars gespickt, ein gerade einmal 16-Jähriger sticht darin aber nochmal heraus: Mit Lamine Yamal bekommt es das deutsche Team im EM-Viertelfinale nun mit dem Spieler zu tun, der während des Turniers schon die ein oder andere kuriose Situation erlebt hat - und dessen Einsatz strenggenommen gegen das deutsche Jugendschutzgesetz verstößt.

Ein Porträt
Dieser Text enthält neben Daten und Fakten auch die Einschätzungen von Michael Schleicher sowie ggf. von Expertinnen oder Experten. Informieren Sie sich über die verschiedenen journalistischen Textarten.

Wer Lamine Yamal beim Fußballspielen zusieht, kann schnell vergessen, dass da ein gerade einmal 16-jähriger Junge auf dem Platz steht. Gefährliche Dribblings, scharfe Flanken, tolle Pässe – beinahe wirkt es so, als würde Spaniens Top-Talent schon jahrelang auf dem Platz stehen.

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Dass Yamal aber immer noch ein Teenager ist, wurde nach dem überzeugenden 4:1-Sieg im EM-Achtelfinale gegen Georgien deutlich: Weil es nur eine Wasserflasche gab, entschieden er und der 21-jährige Nico Williams kurzerhand mit einer Runde Schnick, Schnack, Schnuck darüber, wer sich zuerst erfrischen darf. Spielchen nach dem Weiterkommen in der K.-o.-Runde. Eine Szene, die bei Fans und Experten für Schmunzeln sorgte und zeigte, wie verspielt der spanische Youngster ist.

Yamal gehört bei Spanien bereits zum Stammpersonal

Bei der Europameisterschaft in Deutschland ist Yamal einer der wichtigsten Bausteine im Spiel der Spanier. Beim furiosen 3:0-Auftakt gegen Kroatien sowie beim hart erkämpften 1:0 gegen Italien spielte er jeweils von Beginn an. Im letzten Gruppenspiel gegen Albanien (1:0), als Spanien bereits als Gruppensieger feststand, rotierte Yamal wie die meisten seiner Kollegen aus der Startelf und wurde lange geschont. Im Achtelfinale war er dann wieder auf dem rechten Flügel gesetzt.

Das Spiel gegen Kroatien war ein besonderes für Yamal und die Fußball-Welt gleichermaßen: Denn mit gerade einmal 16 Jahren und 338 Tagen ist der Spanier, der gegen Modric und Co. auch gleich ein Tor vorbereitet hatte, der jüngste Spieler der EM-Historie. Ein Vergleich, der eindrücklich zeigt, wie jung Yamal ist: Als Altstar Modric 2006 sein Debüt für Kroatien gab, war der Spanien-Youngster noch nicht einmal geboren.

"Es ist ein Traum, mit 16 Jahren die EM zu spielen", berichtete Yamal kurz nach dem Sieg gegen Kroatien ungläubig. Lediglich die Zahnspange erinnert an sein junges Alter. "Baby an Bord", schrieb die "Marca" über den Flügelflitzer und bezeichnete seine Torvorlage gegen Kroatien als "pures Gold".

"Eine ganz große Karriere liegt vor ihm."

Kroatien-Star Luka Modric über Lamine Yamal

"Jahre sind unwichtig, Jahre sind nur eine Zahl", sagte Modric kurz vor dem EM-Duell, als er auf Yamal angesprochen wurde: "Wichtig ist, was er leistet, er zeigt unglaubliche Dinge. (…) Er wird mit Recht als größte Gefahr Spaniens für uns betrachtet, er hat unglaubliches Talent", lobte der Real-Star und schob hinterher: "Eine ganz große Karriere liegt vor ihm."

In seiner noch jungen Karriere pulverisierte das Offensiv-Talent bereits einen Altersrekord nach dem anderen: Mit 15 Jahren hatte er bereits für Barcelona in der ersten spanischen Liga debütiert, im vergangenen Jahr stieg er beim 7:1 gegen Achtelfinalgegner Georgien mit 16 Jahren und 57 Tagen zum jüngsten Debütanten und Torschützen in der spanischen Nationalmannschaft auf.

Wie schnell und steil der Aufstieg Yamals vonstattengeht, zeigt auch der Blick auf seinen Marktwert. Diesen konnte er laut "transfermarkt.de" innerhalb von nur zehn Monaten von 25 auf 90 Millionen Euro steigern. Damit gehört der 16-Jährige, der längst Stammspieler beim FC Barcelona ist, zu den wertvollsten Spielern der Welt.

Messi ist Yamals großes Vorbild

Mit sieben Jahren kam Yamal von seinem Heimatclub CF La Torreta in die berühmte Barca-Kaderschmiede "La Masia". Dort durchlief er die Altersklassen schneller als jeder andere Spieler seiner Generation. Seine großen Vorbilder? Na klar, Lionel Messi. Und von Neymar habe er sich auch einiges abgeschaut. "Mit der Zeit wird er ein wundervoller Fußballer werden", kündigte Spaniens Nationaltrainer Luis de la Fuente kürzlich auf einer der Spieltags-Pressekonferenzen verheißungsvoll an.

Lob für die Leistungen Yamals gibt es auch von höchster Stelle: "Wenn ich einen Klub besitzen würde, wäre er der erste Spieler, den ich kaufen würde, wenn ich genügend Geld hätte", erklärte Uefa-Präsident Aleksander Ceferin kürzlich bei seinem Besuch im slowenischen EM-Quartier in Wuppertal. Laut Ceferin sei Yamal "der beste junge Spieler in der Welt", der "bald der Beste von allen" sein könnte.

"Ich hoffe, wir können uns weiter an ihm erfreuen – viele, viele Jahre lang."

Spaniens Trainer Luis de la Fuente über Lamine Yamal

Auch deshalb erwartet Spanien-Coach de la Fuente viel von seinem Supertalent, will dem 16-Jährigen aber nicht nur auf dem Fußballplatz etwas beibringen. "Wir versuchen, ihn auch als Person zu trainieren, nicht nur als Fußballer", sagte der 63-Jährige am vergangenen Wochenende. "Er zeigt sehr viel Reife auf dem Spielfeld. [...] Er hat gerade erst angefangen. Er hat sein ganzes Leben noch vor sich. Ich hoffe, wir können uns weiter an ihm erfreuen – viele, viele Jahre lang."

Yamal profitiert von de la Fuente als Trainer, denn der Ex-Profi hat bereits reichlich Erfahrung mit jungen Spielern: 2019 wurde er mit der U21 Europameister, 2021 holte er bei Olympia in Tokio Silber. Der 63-Jährige weiß also, wie man junge Spieler zum Erfolg führt.

Yamal mit Schulabschluss während der EM

Yamal erlebte bei der EM bereits die ein oder andere kuriose Situation: So absolvierte er während des Turniers seinen Realschulabschluss. "Ich bin gerade vom Training gekommen und mir wurde gesagt, dass alles gut gelaufen ist", sagte der 16-Jährige vergangene Woche dem spanischen Radiosender Onda Cero. "Ich habe die Prüfungen bestanden und habe jetzt meinen Abschluss."

Zuletzt musste der 16-Jährige noch in Deutschland für den Abschluss lernen. "Ich muss meine Hausaufgaben online machen und an den Lehrer schicken", sagte Yamal im Interview mit der Sportzeitung "AS". Er "hoffe nicht", dass die Lehrer ihn durchfallen lassen würden. Sie ließen ihn nicht durchfallen – und mit dem Abschluss in der Tasche kann sich der Teenager nun voll und ganz auf die EM in Deutschland konzentrieren.

Skurrile Jugendschutz-Diskussion um Yamal

Yamals Alter sorgte bei dieser EM auch bereits anderweitig für reichlich Gesprächsstoff. Dem spanischen Fußballverband (RFEF) könnte eine Geldstrafe drohen. Der Grund: Sollte der Teenie seiner Arbeit noch nach 23 Uhr nachgehen, würde er gegen das in Deutschland geltende Jugendschutzgesetz verstoßen. Demnach ist es nicht zulässig, Jugendliche als Sportler bei Sportveranstaltungen später als 23 Uhr zu beschäftigen.

"Ob Verstöße gegen die Regelungen geahndet werden, entscheidet die jeweils zuständige Behörde im eigenen Ermessen", teilte die Bezirksregierung Köln dem sid vor dem dort stattfindenden Achtelfinale gegen Georgien mit. Der Bußgeldrahmen sehe "eine maximale Bußgeldhöhe von 30.000 Euro vor", hieß es in der Mitteilung.

Schon in den beiden Vorrundenpartien gegen Albanien in Düsseldorf und gegen Italien in Gelsenkirchen hatte Yamal eigentlich gegen das Jugendschutzgesetz verstoßen. Ob Strafen aufgrund der späten Einsätze folgen, ist noch offen.

Barca-Star Yamal: Ausstiegsklausel von einer Milliarde Euro

Durch seine überzeugenden Leistungen bei der EM wird natürlich auch schon jetzt über die Zukunft des Shootingstars spekuliert. Yamals Vertrag in Barcelona läuft noch bis 2026, in seinem Arbeitspapier ist eine Ausstiegsklausel in Höhe von einer Milliarde Euro verankert. Die unmissverständliche Botschaft dahinter: Das katalanische Supertalent ist unverkäuflich!

Das soll auch zuletzt nochmal deutlich geworden sein: Denn wie die spanische "Mundo Deportivo" berichtet, soll Paris Saint-Germain bereit sein, 250 Millionen Euro für den Teenager zu zahlen. Dem Bericht zufolge sei das Werben jedoch zwecklos, das 16 Jahre alte Juwel sei "unter keinen Umständen" zu verkaufen, heißt es. Barca-Präsident Joan Laporta hatte im März angegeben, bereits ein 200-Millionen-Angebot für Yamal abgelehnt zu haben, der "Mundo Deportivo" zufolge war die Offerte damals ebenfalls von PSG gekommen.

Doch nun steht erstmal die Europameisterschaft an, nach dem Erfolg gegen Georgien geht es am kommenden Freitag gegen Gastgeber Deutschland (hier bei uns das Viertelfinale im Live-Ticker mitverfolgen). Für viele bereits das vorgezogene Finale. In Spanien ist die Erwartungshaltung, die bereits vor dem EM-Start riesig war, weiter gestiegen – auch aufgrund der starken Leistungen von Yamal.

Spaniens neuer Offensiv-Star würde seinen 17. Geburtstag jedenfalls gerne in Deutschland feiern – einen Tag vor dem Finale am 14. Juli.

Verwendete Quellen

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