Spanien gewinnt die Europameisterschaft, weil es schwerer auszurechnen ist als früher und zwei Jung-Stars auf den Flügeln hat. Englands Trainer Southgate sieht jedoch einen anderen Grund, warum es für England schon wieder nicht zum Titel gereicht hat.
Luis de la Fuente kam aus dem Schwärmen gar nicht mehr heraus. "Ich bin sehr glücklich darüber, was wir in Spanien kreiert haben", sagte der spanische Nationaltrainer nach dem 2:1-Finalsieg gegen England. "Ich hoffe, dass alle stolz auf diese Mannschaft sind. Wir haben praktisch alles richtig gemacht. Jeder Schritt, den wir gegangen sind, war, um besser zu werden und uns weiterzuentwickeln."
Einwechselspieler wird zum Helden
Ein Einwechselspieler hatte Spanien zuvor zum Titel geschossen. Mikel Oyarzabal, der in der 68. Minute ins Spiel kam, erzielte in der 86. Minute den Siegtreffer zum 2:1. "Mikel ist ein Gewinner. Wir haben neun Jahre zusammen alles gewonnen. Und heute hat er das Tor gemacht", sagte der Nationaltrainer, der Oyarzabal auch bei den U-Nationalmannschaften und in der Olympia-Auswahl trainierte. Oyarzabal kam zwar in allen EM-Spielen zum Einsatz, stand aber nur einmal in der Startelf.
Zum Spieler des Turniers wurde der 28-jährige Spanier Rodri gewählt. De la Fuente ist so begeistert von seinem Mittelfeld-Strategen, dass er sogar sagt: "Rodri ist für mich einer der besten Spieler der Welt. Ich möchte, dass er den Ballon d’Or (Auszeichnung für den besten Fußballspieler der Welt, Anm.d.Red.) bekommt."
Williams und Yamal sind die Entdeckungen dieser Europameisterschaft
Die auffälligsten Spieler des Turniers waren allerdings andere: der 22-jährige
Auf Nachfrage unserer Redaktion lobte Williams seinen jungen Mitspieler: "Lamine ist unglaublich. Ihr habt ihn in diesem Turnier ja spielen gesehen, er ist der beste junge Spieler. Ich denke, er wird noch sehr weit kommen. Er ist auch ein toller Mensch und sehr klar im Kopf." Und wie bewertet Williams seine eigene Leistung? "Ich bin sehr stolz, einer der besten Spieler des Turniers zu sein. Ich weiß, dass ich mich als Spieler noch weiterentwickeln kann."
Spaniens Nationaltrainer de la Fuente wünscht sich, dass seine Mannschaft anderen jungen Menschen als Vorbild dient: "Ich hoffe, dass junge Leute unsere Spieler als Menschen ansehen, die wirklich hart arbeiten. Ich hoffe, dass junge Leute dadurch erkennen, was man im Leben alles erreichen kann."
Der spanische Fußball ist vielseitiger geworden
Doch nicht nur die Spieler haben bei diesem Turnier Herausragendes geleistet, sondern auch der Trainer selbst. Stand der spanische Fußball früher für Ballbesitz pur, ist die Mannschaft unter de la Fuentes Leitung schwerer auszurechnen. Im Finale gegen England war Spanien dominant, hatte 65 Prozent Ballbesitz. In anderen Spielen ließen die Europameister den Gegner das Spiel machen und setzten auf Konter. Im Viertelfinale gegen Deutschland, welches sie in der Verlängerung mit 2:1 gewannen, hatten sie zum Beispiel nur 48 Prozent Ballbesitz.
Trainer de la Fuente setzte bewusst auf Vielseitigkeit: "Wir wollten unsere Stärken hervorbringen. Das ist einmal Ballbesitz und Spielkontrolle - aber nicht nur. Wir wollten auch noch mehr Dynamik und ein schnelles Umschaltspiel einbringen, denn wir haben viele schnelle Spieler. So gaben wir der Mannschaft unterschiedliche Charaktere. Wir haben das Rad nicht neu erfunden. Wir haben einfach versucht, das Beste aus den Spielern herauszuholen." Dies ist ihm offenbar gut gelungen.
Kane bleibt in seiner Karriere weiter ohne Titel
So groß die Freude der Spanier war, so groß war der Frust der Engländer. Als die spanischen Nationalspieler den Pokal in die Höhe streckten und ein Feuerwerk den Himmel über dem Berliner Olympiastadion in ein Lichtermeer verwandelte, verschwanden
"Es war ein hartes Spiel. Das ist schwer, in Worte zu fassen. Wir haben versucht, zurück ins Spiel zu kommen. Wir hatten das Momentum (nach dem Ausgleich durch Cole Palmer, Anm.d.Red.), aber wir konnten es nicht behalten. Das ist sehr schmerzhaft", sagte Kane direkt nach dem Spiel. Er selber fand nie richtig in die Partie. Nachdem er zuvor drei Tore bei der Europameisterschaft erzielt hatte, wurde er von der spanischen Verteidigung komplett aus dem Spiel genommen. Über 61 Minuten hatte er lediglich 13 Ballkontakte und bekam keine echte Torchance zustande. Trainer
Darum hat es für England wieder nicht gereicht
Auf Nachfrage unserer Redaktion nahm Southgate Kane dennoch in Schutz: "Harry ist in dieses Turnier gekommen, nachdem er eine Verletzung am Ende der Saison hatte. Er hat viele Minuten gespielt. Wir haben versucht, das zu managen. Er hat die Mannschaft super geführt, es lastete viel Druck auf seinen Schultern, denn einige Führungsspieler sind vor dem Turnier ausgefallen."
Southgate erwies sich als fairer Verlierer und zollte den Spaniern Respekt. "Sie waren die beste Mannschaft des Turniers und waren auch heute das bessere Team", gab er zu, lobte aber auch die Einstellung seiner Spieler: "Meine Mannschaft war unglaublich. Sie hätten vom Willen und Charakter nicht mehr geben können."
Warum es trotzdem nicht für den ersten Titel seit der WM 1966 gereicht hat? "Am Ende des Spiels waren die physischen Aspekte das Problem. Wir hatten vier, fünf Spieler, die wir kurz vor Ende eigentlich hätten auswechseln müssen", sagte Southgate, der bereits seit 2016 Nationaltrainer von England ist. Southgate bedauert: "Wir haben in dieser Zeit viele wichtige Spiele gespielt, aber wir konnten einfach nicht den letzten Schritt zum Titel machen."
Ganz anders als Spanien.
Quelle
- Pressekonferenz und Mixed Zone nach dem EM-Finale Spanien – England, 14.07.2024
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