Marcel Koller kam 2011 – und mit ihm der Erfolg. 2014 scheiterte die ÖFB-Elf nur knapp an der Qualifikation für die WM in Brasilien, zwei Jahre später ist sie nun als Gruppensieger zur EM nach Frankreich gefahren. Doch bis hierher war es ein steiniger Weg. Schon vergessen? Wir helfen Ihrem Gedächtnis auf die Sprünge.
Einige Akteure, die heute im Erfolgskader des ÖFB stehen, durchwanderten jahrelang ein Tal der Tränen, in dem es nur selten einen Lichtblick gab.
Oranger Schock nach rot-weiß-rotem Blitzstart
Beim Testspiel für die Heim-EM gegen Holland am 26. März 2008 wurde die ÖFB-Elf nach einer heißen Anfangsphase eiskalt erwischt. Leichtfertig gab das Team um Sebastian Prödl, Martin Harnik, Christian Fuchs und Marc Janko eine komfortable 3:0-Führung gegen die Oranjes aus der Hand.
Am Ende reichte es nicht einmal für ein Remis: Mit einem Doppelschlag im Finish drehten die Holländer die Partie noch auf 3:4 – und ließen sowohl die Fans als auch die Spieler des ÖFB fassungslos zurück.
Heim-EM: Alters- und Negativrekord aufgestellt
Bei der Heim-EM im Juni sollte es noch bitterer kommen: Zwei knappe 1:0-Niederlagen gegen Kroatien und Deutschland sowie ein hart erkämpftes 1:1 gegen Polen waren zu wenig für den Aufstieg ins Viertelfinale.
Die drei Gruppenspiele reichten jedoch aus, um zwei Rekorde aufzustellen: Zum einen avancierte SK Sturm-Legende Ivica Vastic mit seinem Elfmeter-Tor gegen Polen zum ältesten Torschützen der EM-Geschichte. Zum anderen fiel das ÖFB-Team auf Platz 105 in der FIFA-Weltrangliste und war damit so schlecht wie noch nie zuvor in der Geschichte.
Prestige-Erfolg im Krisen-Duell
Trainer Josef Hickersberger zog die Konsequenzen aus diesem Abstieg und trat zurück. Der ÖFB übergab das Ruder an den tschechischen Routinier Karel Brückner, der Österreich zur WM 2010 führen sollte. Und Brückner feierte tatsächlich einen Einstand nach Maß: Die ÖFB-Elf fegte Frankreich im ersten Spiel der Qualifikation mit 3:1 vom Platz. Es war ein Sieg, der zwar Ansehen brachte, aber keine Aussagekraft besaß: Die Grande Nation befand sich nach dem blamablen Vorrunden-Aus bei der Euro 2008 nämlich selbst auf einem sportlichen Tiefpunkt.
Filmreife Pleiten-Serie: In drei Spieltagen bist du tot
Die Euphorie hielt gerade einmal vier Tage: Eine 0:2-Auswärtsschlappe gegen eine schwache Auswahl aus Litauen holte den ÖFB wieder auf den Boden der Tatsachen zurück. Nur einen Monat später sah es für die Brückner-Elf nach einem zweiten Landskrona aus: Beim Gastspiel auf den Faröer-Inseln konnte sie der Amateur-Mannschaft mit Müh und Not ein 1:1 abringen.
Nach der anschließenden Heim-Niederlage gegen den späteren Gruppensieger Serbien gab es keine Hoffnung mehr auf die WM-Qualifikation. Nicht nur für die Fans, auch für Trainer Brückner war das ÖFB-Team gestorben: Im März 2009 erklärte er nach nur sieben Monaten im Amt seinen Rücktritt.
Deutsche "Gastfreundschaft"
Nächstes Ziel war die EM 2012. Doch auch unter Neo-Coach Didi Constantini hieß es für das ÖFB-Team weiterhin Erfolgsfasten: Nach einem ganz passablen Start setzte es in der zweiten Hälfte der Qualifikation wieder Pleiten am Fließband. Die schlimmste davon kassierte die ÖFB-Elf am 2. September 2011 in Gelsenkirchen, als sie von den deutschen Nachbarn mit einem Rucksack von sechs Gegentreffern nach Hause geschickt wurde.
Das Selbstvertrauen kehrt zurück
Nach der erneut gescheiterten Qualifikation herrschte Krisenstimmung im ÖFB. Doch mit Neo-Trainer Marcel Koller kam ein Mann, der wieder Ruhe und Gelassenheit ins Team brachte. Die verpatzte Generalprobe im November 2011 auswärts gegen die Ukraine war ein gutes Omen, denn von da an ging es kontinuierlich aufwärts. Im gesamten Länderspieljahr 2012 gab es gerade einmal zwei Niederlagen – und zwar nur gegen große Namen wie Deutschland und die Elfenbeinküste.
Kleine Turbulenzen ohne Absturzgefahr
Im Jahr 2013 geriet der getunte ÖFB-Motor ein wenig ins Stottern. Kollers Mannschaft zeigte zwar deutlich mehr Kampfgeist und Spielfreude als in den Jahren davor, doch machte sie sich mit ihrer chronischen Fehleranfälligkeit in der Defensive unnötig das Leben schwer. Am Schluss fehlten drei Punkte für die WM-Qualifikation. Doch anders als in den Jahren zuvor war dieser Rückschlag kein Dämpfer, sondern ein Ansporn. Das ÖFB-Team und die Fans wussten: Es gibt noch Luft nach oben.
In bester Leicester-Manier zur EURO
Die Qualifikation für die EM 2016 schaffte Österreich mit Bravour. Dieser Schritt gelang nicht zuletzt dank zahlreicher solider 1:0-Siege. Doch im spannenden Finale auswärts gegen Schweden enthüllte das ÖFB-Team sein gesamtes Potenzial: Mit vier Toren wurde der Gegner aus dem Stadion geschossen. Da konnte selbst der als Provokateur bekannte Superstar Zlatan Ibrahimovic nur gratulieren.
Nächster Schritt Europameister?
Mit dem klaren Gruppensieg in der EM-Qualifikation kletterte die ÖFB-Elf auch erstmals in der Geschichte in die Top 10 der FIFA-Weltrangliste. Damit ist das Team von Marcel Koller – zumindest auf dem Papier – auf Augenhöhe mit großen Fußball-Nationen wie England, Portugal und Deutschland. Ab dem 10. Juni kann Österreich beweisen, dass es auch auf dem Platz ebenbürtig ist. Vielleicht sogar besser ...
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