Es war der Abend, an dem die Big Points in der Quali-Gruppe G vergeben wurden - und Österreich griff beherzt zu. Im Spitzenspiel gegen Russland zeigte die ÖFB-Auswahl ihre neue Qualität, endlich auch in engen Spielen nicht mehr das Nachsehen zu haben und baut damit ihre Führung in der Staffel weiter aus.
Auch ohne den verletzten Superstar
Die Highlights der Partie
Christoph Leitgeb hatte die schwere Aufgabe zu erfüllen, den verletzten Alaba im defensiven Mittelfeld zu ersetzen. Österreich war schnell drin im Spiel, die erste und zugleich beste Chance der ersten Halbzeit hatten aber die Gäste: Nach Kokorins Schuss aus 22 Metern war Almer bereits geschlagen, die Stange rettete Österreich aber vor dem frühen Rückstand (15.). Die Russen bestimmten das Geschehen bis zur Pause, hatten nach 45 Minuten 56 Prozent Ballbesitz.
Nach dem Wechsel änderte sich wenig am gewohnten Bild. Österreich spielte mit gezügeltem Risiko und lauerte auf seine Chancen im Konterspiel. Wieder waren es aber die Russen, die nach einem Ballverlust der Gastgeber durch Cherysew zu einer dicken Chance kamen. ÖFB-Trainer Marcel Koller reagierte nach gut einer Stunde und brachte den wendigeren Ruben Okotie für Janko ins Sturmzentrum.
Der Angreifer des TSV 1860 München hatte zwölf Minuten später die beste Chance des Spiels, als sein Schuss von Keeper Akinfeew wohl erst hinter der Linie geklärt. Mitten hinein in die Proteste der Fans kreierte Österreich nur Sekunden später den nächsten Angriff, den Okotie dann nach Zuspiel von Harnik zum Tor des Tages versenkte - allerdings aus Abseitsposition.
Russland versuchte in der Schlussphase nochmal alles, warf zwei frische Angreifer ins Rennen und löste die Abwehrkette auf. Eine klare Chance auf den Ausgleich erspielte sich die Sbornaja aber nicht mehr.
Das war gut
Viele Experten rätselten, ob die Mannschaft den Ausfall ihres besten Spielers David Alaba verkraften und kompensieren kann. Die Antwort kann nur lauten: ja. Im Kollektiv war Österreich auch gegen die spielerisch besseren Russen ein ebenbürtiger Gegner und zeigte jene Leidenschaft und Verbissenheit, die man bei österreichischen Auswahlmannschaften schon oft vermisst hatte.
Das Pressing funktionierte gut, die Abwehrkette leistete sich kaum einen Fehler. Auch der im Klub zuletzt schwache Kapitän Christian Fuchs spielte solide. Was aber am meisten Zuversicht für die Zukunft geben sollte: Die Mannschaft kann inzwischen auch Rückschläge (Alaba) wegstecken und glaubt an sich und ihr Spielsystem. Coach Koller hat den Spielern neben handwerklichen Fähigkeiten auch eine gewisse Siegermentalität eingeimpft und die trägt die Mannschaft bisher famos. Eine Partie, wie die im Happel-Stadion wäre vor einem Jahr wohl noch verloren gegangen. Jetzt triumphiert Österreich auch gegen den WM-Teilnehmer Russland.
Durch den Sieg ist die Mannschaft nun schon seit neun Partien ungeschlagen. Eine längere Serie gab es zuletzt von November 1976 bis März 1978. Damals waren es zwölf Spiele am Stück, die Österreich ungeschlagen blieb. Und: Österreich ist die einzige europäische Mannschaft, die im Kalenderjahr 2014 bisher noch ohne Niederlage ist. Im Test am Dienstag gegen Brasilien steht diese überragende Statistik auf einem letzten Prüfstand.
Das war schlecht:
Florian Kleins rechte Seite wurde offenbar als Schwachpunkt im österreichischen Spiel ausgemacht, immer wieder probierten es die Russen auf diesem Flügel. Insgesamt erspielte sich die Mannschaft auch nicht über die Maßen viele Torchancen - was allerdings auch der grundlegenden taktischen Vorgabe geschuldet war.
"Es war schwer, weil auch die Russen sehr kompakt standen", gab Junuzovic nach dem Schlusspfiff zu. "Wir haben uns schwer getan, Torchancen herauszuspielen."
So geht es jetzt in Gruppe G weiter:
Die Ausgangslage für die ÖFB-Truppe ist bestens: Österreich überwintert auf Platz eins, mit fünf Punkten Vorsprung auf Relegationsplatz drei.
Die Russen als härtester Konkurrent sind vorerst distanziert, dazu hat die Mannschaft noch beide Spiele gegen den vermeintlichen Punktelieferant Liechtenstein offen. Tatsache ist, dass eine österreichische Mannschaft zu diesem Zeitpunkt einer EM-Qualifikation noch nie so gut da stand.
Die nächste Partie steht erst nach der Winterpause im März an, dann gegen Liechtenstein. Zeitgleich spielt Russland gegen Montenegro.
"Wir müssen jetzt den Ball flach halten und am Boden bleiben. Frankreich ist noch einige Schritte entfernt", sagt Kapitän Fuchs zwar pflichtbewusst. In Österreich darf man mittlerweile aber schon ein bisschen mehr als nur vage träumen. Die EM ist in greifbarer Nähe.
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