Ein 0:1-Rückstand, die 85. Minute, ein mutiger Wechsel: Als Bayern-Trainer Alex Straus die 19-jährige Momoko Tanikawa bringt, ahnt kaum jemand, was folgt. Doch dann startet die junge Japanerin ihre Show – und wird zur Matchwinnerin.

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Momoko Tanikawa. Dieser Name dürfte am Mittwochabend ab circa 20.30 Uhr bei Google Deutschland durch die Decke gegangen sein.

Denn die 19-Jährige, die in der Schlussphase des DFB-Pokal-Viertelfinals eingewechselt wurde, entschied das Spiel gegen Eintracht Frankfurt fast im Alleingang. In Deutschland war sie bis dahin kaum bekannt – dabei gilt sie als eines der größten Talente der Welt.

Die vielleicht beste Nachwuchsspielerin der Welt kannte in Deutschland fast niemand

Tanikawas Einwechslung in der 85. Minute des Pokalfights war erst ihr zweiter Kurzeinsatz im Bayern-Trikot. Ihre Mannschaft war kurz zuvor durch ein Eigentor in Rückstand geraten. Alle Zeichen deuteten auf ein Pokal-Aus der Bayern. Doch dann riss die Japanerin die Zuschauer im ausverkauften Stadion am Campus gleich zweimal von den Sitzen.

Weil Jovana Dammjanovic, ebenso erst zur Schlussphase eingewechselt, in der 90. Minute den Münchner Ausgleich erzielte, durfte Tanikawa für die ganzen 30 Minuten Verlängerung ihr Talent zeigen.

Tanikawa kommt in 85. Minute nach dem 0:1 - Nach Verlängerung siegt Bayern 4:1

Gesagt, getan: Erst tanzte Tanikawa in Minute drei der Pokal-Verlängerung drei Frankfurterinnen im Strafraum aus, zog zur Grundlinie und legte von dort perfekt zu Bayern-Kapitänin Glodis Vigosdottir ab, die aus fünf Metern am kurzen Pfosten nur noch einschieben musste. Es war der 2:1-Führungstreffer nach 0:1-Rückstand und ein entscheidender Wandel im Momentum des Spiels.

Dann, nur elf Minuten später und noch vor der Halbzeitpause der Verlängerung, knallte Tanikawa den Spielball mit links aus 20 Metern unter die Latte. Eintracht-Torhüterin Stina Johannes hatte keine Chance - es war der Treffer zum 3:1, die Vorentscheidung des so wichtigen Viertelfinals. Ein Geniestreich, der die Zuschauer im Bayern-Campus ins Staunen versetzte.

Schon vor Beginn der Verlängerung hatte der Stadionsprecher laut durchgesagt, dass der VfL Wolfsburg soeben aus dem DFB-Pokal ausgeschieden war - zum ersten Mal seit 2013. Damit war ein weiterer Reiz gesetzt, denn plötzlich wirkte das Viertelfinale von München zwischen dem aktuellen Tabellenführer der Bundesliga aus Frankfurt und dem Meister von 2024 wie ein verfrühtes Endspiel.

Für Alex Straus war sie "die beste Spielerin der schwedischen Liga"

Noch vor wenigen Wochen kannte kaum jemand in Deutschland den Namen Momoko Tanikawa. Dabei verpflichteten die Bayern die Japanerin schon im Januar 2024, verliehen die damals 18-Jährige dann aber sofort nach Schweden, wo sie bei Top-Klub Rosengard wertvolle Spielpraxis sammeln sollte.

Ein Deal mit drei Gewinnern: Dem Klub, der auch dank der Leihspielerin im November schwedischer Meister wurde, der Spielerin - und dem FC Bayern. In 20 Ligaspielen erzielte Tanikawa 16 Tore und bereitete drei weitere vor.

Bayerns Trainer Straus, selber Norweger und lange in Skandinavien aktiv, bezeichnete Tanikawa im Dezember nach ihrer erfolgreichen Leihsaison schon als "beste Spielerin in der schwedischen Liga".

Meister 2024 mit Rosengard: Momoko Tanikawa, DFB-Neuling Rebecca Knaak und Jessica Wik.
Momoko Tanikawa, DFB-Neuling Rebecca Knaak und Jessica Wik feiern im November die schwedische Meisterschaft. © Bildbyran/IMAGO/JONATHAN NÄCKSTRAND

Die Bayern hatten das Offensiv-Talent aus Japan schon früh im Blick. Bereits im Sommer 2023, da war sie gerade erst volljährig geworden, trainierte Tanikawka probeweise mit der ersten Mannschaft am Bayern-Campus mit. Sie beeindruckte sofort.

Seit der U17-WM gilt Tanikawa als eines der größten Juwele im Frauen-Fußball

In die Notizblöcke der großen europäischen Klubs hatte Tanikawa sich erstmals bei der U17-WM 2022 in Indien gespielt, als sie vier Tore erzielte.

Danach ging es steil bergauf - bis hin du den Olympischen Spielen 2024 in Paris, wo Tanikawa für Japans A-Natinonalmannschaft glänzte. Im Spiel gegen Brasilien erzielte sie in nur zwölf Minuten ein Tor und holte einen Elfmeter heraus. Da war sie vertraglich aber schon an den FC Bayern gebunden - zum Glück aus Münchner Sicht, denn sie spielte so stark auf, dass sie nach Olympia wohl unbezahlbar gewesen wäre.

Momoko Tanikawa traf bei Olympia 2024 für Japan gegen Brasilien.
Momoko Tanikawa traf bei Olympia 2024 für Japan gegen Brasilien. © IMAGO/Naoki Morita

Trotz Angeboten aus England, Spanien und Frankreich hatte Tanikawa acht Monate vor Olympia in München unterschrieben. Ein globales Juwel des Frauen-Fußballs landete bei einem Bundesliga-Klub. "Ich kenne den FC Bayern, seit ich ein kleines Mädchen bin. Als das Angebot kam, war ich überglücklich", sagte sie bei ihrer Vorstellung im Januar 2024.

"Ich kenne den FC Bayern, seit ich ein kleines Mädchen bin. Als das Angebot kam, war ich überglücklich."

Momoko Tanikawa im Januar 2024 bei ihrer Bayern-Vorstellung

Die Bayern auch. Sportdirektor Francisco De Sa Fardilha lächelte damals stolz in die Kamera der klubinternen Medien: "Sie ist eine der besten Nachwuchsspielerinnen weltweit."

Doch was für eine Spielerin ist die 1,68 Meter große Fußballerin, die am 7. Mai 2005 in der japanischen Präfektur Aichi geboren wurde? Und was hat der FC Bayern mit ihr vor?

Tanikawas Talent fiel schon zu Kindeszeiten auf. Über drei Stationen landete sie schließlich als Teenagerin in der renommierten JFA Academy Fukushima, dem Nachwuchsprogramm des japanischen Fußballverbandes, bevor sie Anfang 2024 mit dem Wechsel nach München den ersten Schritt nach Europa wagte.

Japan-Teenie bei Bayern-Frauen: Achter, Zehner oder Bühl-Erbin?

Ihr Spielstil ist eine Mischung aus Kreativität, technischer Finesse und Torgefahr. Tanikawa besticht durch enge Ballführung und Beidfüßigkeit, schnelle Richtungswechsel und Spielintelligenz. Qualitäten, die sie sowohl im zentralen Mittelfeld als Achter im Spielaufbau, als auch eine Reihe davor auf der Zehn oder den Flügeln gut nutzen kann.

Womit sich die Frage stellt: Wo soll Tanikawa bei den Bayern spielen? Auf welcher Position plant Straus mit ihr?

In den kommenden Wochen könnte die 19-Jährige vor allem im defensiven Mittelfeld auf Spielminuten kommen, weil Georgia Stanway und Lena Oberdorf weiterhin ausfallen.

Auch die Nummer zehn ist bei den Münchnern nicht mit einer Stammspielerin besetzt: Hier konkurrieren die drei DFB-Stars Linda Dallmann, Sydney Lohmann und Alara Sehitler um die Gunst des Trainers.

Besonders interessant wird ihre Entwicklung, falls Außenstürmerin Klara Bühl den Verein im Sommer verlässt. Die 24-Jährige wird mit einem Wechsel zum FC Barcelona in Verbindung gebracht. Sollte es dazu kommen, wäre eine Schlüsselrolle in der Bayern-Offensive frei.

Doch selbst ohne einen Abgang Bühls ist die 19-Jährige eine ernstzunehmende Option für die Startelf. Ihr DFB-Pokal-Auftritt könnte der Startschuss einer großen Karriere beim FC Bayern sein.

Verwendete Quellen:

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