Die DFB-Frauen haben es im allerletzten Versuch doch noch geschafft: Mit einem 2:0-Sieg gegen die Niederlande haben sie das Ticket für die Olympischen Spiele im Sommer in Paris gelöst. Trainer Horst Hrubesch nahm im Vergleich zum Frankreich-Spiel die richtigen Veränderungen vor und gab seine große Stärke an die Mannschaft weiter.

Eine Analyse
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Bonjour Paris! Den ersten Meilenstein haben die DFB-Frauen erreicht: Sie sind bei den Olympischen Spielen im Sommer in der französischen Hauptstadt dabei. Vor ein paar Monaten noch, nach dem enttäuschenden WM-Aus und in fahrigen Länderspielen danach, hätte das kaum jemand für möglich gehalten.

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Und die Mannschaft um Interimstrainer Horst Hrubesch machte es bis zum Schluss spannend: Nach der 1:2-Niederlage gegen Frankreich am Freitag war ein Sieg gegen die Niederlande Pflicht. Doch sie lieferte: Die DFB-Frauen bewiesen Mut und einen gesunden Teamgeist – und Horst Hrubeschs Plan ging auf. Und das fiel beim Nations-League-Spiel in Heerenveen gegen die Niederlande auf.

Der Interimsbundestrainer veränderte die Startelf im Gegensatz zum Frankreich-Spiel auf zwei Positionen. Er verzichtete auf Svenja Huth auf der rechten Außenbahn und Lea Schüller im Sturm und setzte stattdessen auf eine Dreierkette mit Jule Brand und Sydney Lohmann vor der einzigen Stürmerin Alexandra Popp.

Weg vom Angsthasenfußball: Die DFB-Frauen spielen aggressiver

Außenverteidigerin Giulia Gwinn monierte nach der Niederlage gegen Frankreich den "Angsthasenfußball", den die Mannschaft gespielt hat. Ihre Mitspielerinnen haben ihr die Aussage nicht krummgenommen, wie sie sagte, ganz im Gegenteil: Sie haben sie sich zu Herzen genommen und es gegen die Niederlande besser gemacht. Ein engagierteres und aggressiveres Verhalten in den Zweikämpfen war von der ersten Minute an erkennbar, zum Beispiel von Lena Oberdorf (6., 10.) oder Sjoeke Nüsken, die den Ball eroberte, sich wieder anbot und kurz vor dem Sechzehner abzog – Pfosten (23.).

Auch die Innenverteidigerinnen Marina Hegering und Kathrin Hendrich wagten ein mutigeres Spiel nach vorn, liefen häufig weit über die Mittellinie. Das führte aber auch zu Fehlern: Hendrich etwa ließ sich in solch einer Vorwärtsbewegung den Ball abnehmen, was zum Konter von Oranje führte. Generell zeigte sich, dass die Ballannahmen manchmal etwas hektisch und unsauber waren.

Die DFB-Frauen gewannen laut "Opta" 77 Zweikämpfe (die Niederlande nur 63), obwohl die Mannschaft von Ex-Bayern-Coach Andries Jonker sogar etwas mehr Ballbesitz hatte. Auch wenn das Zweikampfverhalten wenig über die tatsächliche Qualität einer Mannschaft sagt, zeigt es doch, wie beherzt und kämpferisch das Team im Spiel war.

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Mehr Torgefahr durch mehr Varianz

Mehr Mut, mehr Aggressivität führte auch zu einem offensiv attraktiveren Spiel – aus deutscher Sicht. Die Mannschaft verstand es früher als im Frankreich-Spiel, sich Chancen herauszuspielen und einfach mal abzuziehen. Mittelfeldspielerin Nüsken (23.) und Popp (44.) brachten die Gegnerinnen schon in der ersten Halbzeit in Bedrängnis – mal durch die Mitte, mal über außen – auch, wenn diese Versuche noch nicht zum Tor führten. Durch Hrubeschs Wechsel zur Halbzeit (Lea Schüller kam für Sydney Lohmann) boten sich noch mehr Anspielstationen in der Offensive. Das Doppelspitzensystem, das gegen Frankreich nicht funktionierte, ging nun besser auf, unter anderem, da die Jonker-Elf mehr Räume zuließ. Gleich in der 49. Minute führte das zum Tor durch Schüller, angespielt von Popp. Der Treffer zählte jedoch nicht – Abseits.

Ob der Dominanz war es nur eine Frage der Zeit, bis der Ball im Oranje-Tor unterkam. Die entscheidende Vorarbeit leistete Oberdorf, die sich vors Tor dribbelte und nach Zusammenarbeit mit Jule Brand zu Klara Bühl köpfte. Die Bayern-Stürmerin versenkte den Ball aus etwa sechs Metern (66.). Die niederländische Abwehr ließ zu viel Platz und dadurch Bühl frei schießen.

Beim zweiten Tor belohnte sich Schüller mit einem Kopfballtor in bester Hrubesch-Manier: Die brillante Vorarbeit leistete hier Sjoeke Nüsken mit Pass in die Tiefe zu Schüller, die noch an Torfrau Daphne van Domselaar scheiterte, aber eine Ecke herausholte. Bühls Ball konnte im ersten Versuch noch niemand verwerten, dann aber schraubte sich Schüller hoch und netzte ein (78.). Diese Art, Tore zu erzielen, hat ihr vielleicht ihr Trainer noch ein bisschen nähergebracht, der bis heute "Kopfballungeheuer" genannt wird. Mit Standards, über außen, durch die Mitte: Die DFB-Frauen zeigten, dass sie verschiedene Ideen haben, wie man Tore schießt.

Mehr Kommunikation, besserer Teamgeist

"Wir haben sehr viel für uns eingesteckt, wir wollten das unbedingt schaffen", sagte Klara Bühl nach dem Spiel. Den Teamgeist spürte man ab der ersten Minute. Die Spielerinnen taten alles dafür, um zu verhindern, dass es das letzte Spiel für Horst Hrubesch werden würde, sagte Bühl. Für die Mannschaft, für den Trainer – das Kollektiv zeigte sich vor allem durch eine bessere Kommunikation auf dem Platz.

Während Hrubesch immer wieder von der Trainerzone "Vorwärts" auf den Platz rief, sortierten sich die Spielerinnen, stellten Räume zu und ließen den Niederländerinnen wenig Platz, um ihr Spiel zu entfalten.

Bei Offensivbewegungen waren fast immer mehrere Spielerinnen anspielbar, was sich auch bei den beiden Toren zeigte. "Sie haben das gemacht, was wir von ihnen erwartet haben", sagte Hrubesch nach dem Tor. "Sie sind über die Grenzen gegangen." Die Mannschaft hat sich und den Trainer belohnt: Die Reise mit Hrubesch wird weitergehen, zu Olympia.

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