Seit Beginn der Saison trainiert Rapid-Urgestein Peter Schöttel den SV Grödig. Einen Aufstieg seines Ex-Vereins in die Gruppenphase der Champions League schließt er nicht aus. Für die Hütteldorfer muss im Rückspiel bei Schachtar Donezk (live in ORFeins und bei uns im Ticker) ein Sieg her. Für seinen eigenen Klub rechnet sich Schöttel den Klassenerhalt aus.

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Wie sehr überrascht es Sie, dass Rapid Wien heuer so stark auftritt?

Peter Schöttel: Rapid ist im richtigen Moment in dieser Topverfassung. Genau jetzt, wo bei Salzburg eine Verlagerung nach Leipzig passiert. Red Bull ist angeschlagen - und Rapid ist in dieser Phase einfach selbstbewusst und spielt tollen Fußball. Der Verein, die Fans und die Mannschaft ziehen dort an einem Strang. Im Moment sind sie sicher die beste Mannschaft Österreichs.

Wie groß schätzen Sie die Chancen ein, dass Rapid heute den Einzug in die Gruppenphase der Champions League schafft?

Ich schließe das nicht aus, weil sie momentan sehr von sich selbst überzeugt sind. Sie haben eine ähnliche Situation gegen Ajax Amsterdam bewältigt. Das werden die Spieler heute sicher noch mehrmals erzählt bekommen, dass die Ausgangsposition eine ähnliche ist. Wobei Ajax eine zwar sehr talentierte, aber eben auch eine sehr unerfahrene Mannschaft war. Schachtar Donezk - das konnte man beim Hinspiel in Wien sehen - ist eine erfahrene Mannschaft, die weiß, wie man Spiele gewinnt.

Ist es übertrieben, wenn alle von einem möglichen Fußballwunder sprechen? Würde nicht einfach eine sehr gute Leistung von Rapid für einen Aufstieg reichen?

Ja, das wird ja immer so aufgezogen, da wird immer übertrieben. Es wäre für mich aber eine wesentlich größere Sensation, wenn Rapid Donezk schlägt, als es der Aufstieg gegen Ajax war. Donezk ist für mich die weit bessere Mannschaft als Ajax Amsterdam. Talent hat bei Ajax jeder Einzelne, aber bei Donezk ist viel Routine drinnen. Da spielen Erwachsene Fußball, während bei Ajax lauter 19- oder 20-Jährige spielen.

Abgeklärt war Donezk im Hinspiel, aber wahnsinnig angriffslustig und überlegen waren sie nicht.

Ja, das hat mich überrascht. Ich hätte geglaubt, dass sie in Wien stärker auftreten. Ich finde nicht, dass Donezk der verdiente Sieger dieses Spiels war, weil Rapid durchaus in Führung hätte gehen können. Rapid hat viel mehr investiert. Donezk hat nach der Führung gar nichts mehr gemacht. Sie haben den Ball, glaube ich, 60-mal zum Tormann zurückgespielt. Sie wollten das 1:0 drüber bringen. Es spricht aber auch für sie, dass sie das geschafft haben. Es hat sie nicht interessiert, jemandem zu zeigen, wie gut sie spielen: Das Ergebnis hatte Priorität. Aber Rapid hätte sich im Hinspiel auf alle Fälle einen Punkt verdient gehabt.

Wir wird Rapid es heute angehen?

Ich kann nur sagen, wie ich es machen würde. Das Wichtigste wäre, ins Spiel zu kommen und darauf zu achten, dass nichts passiert. Dann kann man mehr und mehr Gas geben. Ich schließe nicht aus, dass Rapid es gleich wissen will, aber die Spieler sind sich wohl bewusst, wie gefährlich die Brasilianer vorne bei Donezk sind. Es ist riskant wenn man zu offen spielt. Sie müssen genauso diszipliniert spielen wie im Hinspiel - und sie müssen die zwei, drei Chancen, die sie bekommen, im Gegensatz zum Hinspiel nutzen.

Welche Zwischenbilanz ziehen Sie als Grödig-Trainer bisher?

Vor zehn Tagen hätte ich eine sehr positive Zwischenbilanz gezogen, weil wir da in der Tabelle ganz anders dagestanden sind. Jetzt, nach drei Niederlagen in Serie, ist die Zwischenbilanz natürlich nicht mehr so rosig. Trotzdem denke ich, dass wir durchaus Möglichkeiten haben werden, bald wieder zu gewinnen.

Wo liegt das Ziel für Grödig?

Nach sechs Runden, in denen wir Erfolge und auch Misserfolge hatten, ist der Klassenerhalt das oberste Ziel. Wir werden ganz sicher nicht um die Europacup-Plätze mitspielen.

Altach war vergangenes Jahr in den Europacup-Plätzen zu finden, liegt momentan aber hinter Grödig.

Das ist nur eine Momentaufnahme. Die kommen noch.

Was wird Ihrer Einschätzung nach um den Klassenerhalt kämpfen?

Eigentlich die Admira, die aber leider Gottes schon so viele Punkte hat, was ärgerlich ist. Dann hoffen wir, dass Ried unten bleibt. Leicht spekuliere ich noch mit Wolfsberg und Mattersburg. Das wären für mich gemeinsam mit uns die Teams, die ich eher in der zweiten Tabellenhälfte sehe. Also Salzburg, Rapid, Austria Wien, Sturm und auch Altach, obwohl wir sie geschlagen haben, sind über uns zu stellen. Gegen die anderen wird es eine enge Geschichte.

Das schließt aber ein, dass sich Salzburg ordentlich steigern wird.

Sie werden sich ganz sicher steigern und vorne mitspielen. Nur glaube ich nicht, dass es leicht für Salzburg wird, Rapid noch einzuholen. Sie haben jetzt schon acht Punkte Rückstand.

Peter Schöttel absolvierte für den SK Rapid Wien 524 Pflichtspiele, so viele wie niemand sonst. Für das Österreichische Nationalteam bestritt er 63 Länderspiele und war bei den Weltmeisterschaften 1990 und 1998 vertreten. Von 2011 bis 2013 trainierte er Rapid, bevor sich der Verein von ihm trennte. Seit der Saison 2015/2016 trainiert Schöttel den SV Grödig.
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