Zdravko und Zoran Mamic führen Bayern Münchens Gegner Dinamo Zagreb mit eiserner Hand und Mafia ähnlichen Strukturen. Die Mamic-Brüder kontrollieren gefühlt den gesamten kroatischen Fußball und sollen sich an ihrem Klub in Millionenhöhe bereichert haben. Zu befürchten haben beide offenbar trotzdem nichts.

Mehr News zur Champions League

Der mächtigste Mann des kroatischen Fußballs hat sein Imperium auf Styropor gebaut. Zdravko Mamic war ein junger Mann Mitte 20 und immer knapp bei Kasse. Die Idee, auf dem Platz vor dem Maksimir-Stadion von Dinamo Zagreb gebrauchte Styroporplatten als Sitzschalen für die besser betuchten Fans zu verkaufen, erwies sich als durchaus einträglich.

Zusammen mit dem Verkauf geschmuggelter Jeanshosen aus dem Westen kam der heute 56-Jährige damit ganz gut über die Runden. Nach dem Fall des Eisernen Vorhangs und mit Beginn des Unabhängigkeitskriegs im ehemaligen Jugoslawien erweiterte er seine Aktivitäten auf die Lieferung von Zigaretten an die Kämpfer an der Front und riss sich während der folgenden Privatisierung der Staatsbetriebe eine Holzverarbeitungsfirma unter den Nagel. Das war in den frühen 90er Jahren der Beginn des Aufstiegs von Zdravko Mamic.

Heute verkauft Mamic keine Zigaretten und keine Jeans mehr. Und mit einer Styroporplatte ist sein Sitz im Maksimir-Stadion auch nicht ausgestattet. Mamic hat den Klub vor 15 Jahren übernommen und es gibt nicht wenige, die behaupten, er kontrolliere mittlerweile nicht mehr bloß seinen Lieblingsverein, sondern den gesamten kroatischen Fußball.

Wenn Dinamo Zagreb heute Abend in der Champions League beim FC Bayern München aufläuft, dann sitzt Zdravko Mamic hoch oben im VIP-Bereich der Münchener Allianz Arena - und sein Bruder Zoran, 43, ein ehemaliger Bundesligaspieler für den VfL Bochum und Bayer 04 Leverkusen, als Trainer unten auf der Bank. Vor ein paar Wochen saßen beide noch ganz woanders.

Elf Tage in U-Haft

Elf Tage mussten die Mamic-Brüder in Untersuchungshaft. Zusammen mit Damir Vrbanovic sind die beiden wegen Veruntreuung, Bestechung und Steuerhinterziehung in besonders schweren Fällen angeklagt, gegen Kaution ist das Trio freigesetzt. Unter anderem steht der Vorwurf im Raum, die Mamic-Brüder hätten sich bei den einigen der zahlreichen Auslandstransfers ihrer Stars selbst bedient.

Luka Modrics Verkauf zu den Tottenham Hotspur steht im Fokus, auch der Wechsel von Dejan Lovren zum FC Liverpool und Mario Mandzukics Transfer zum VfL Wolfsburg. Dazu die Verkäufe von Tim Jedvai oder Ivica Olic. Modric und Lovren mussten als Zeugen bereits vor Gericht aussagen. Angeblich soll Zdravko Mamic bis heute prozentual an den Verdiensten von Modric beteiligt sein. Der Star der kroatischen Nationalmannschaft verdient bei Real Madrid mittlerweile rund sechs Millionen Euro jährlich. Und er soll nur einer von rund 100 Spielern sein, die ähnliche Vereinbarungen mit Mamic laufen haben.

Dazu steht der Verdacht im Raum, Mamic hätte Steuern hinterzogen und zusammen mit seinem Bruder Zoran Gelder des Klubs für eigene geschäftliche Zwecke zweckentfremdet. 150 Millionen Euro hat Dinamo, das im europäischen Vergleich lediglich ein kleines Licht ist und als Ausbildungsverein quasi jährlich seine besten Spieler an zahlungskräftige Klubs im Ausland verliert, in den vergangenen zehn Jahren an Ablösesummen kassiert. Und trotzdem ist der Klub notorisch knapp bei Kasse.

"Haltlos und konstruiert"

Wohin das ganze Geld geflossen ist, fragen sich nicht nur die Ultras der "Bad Blue Boys". Die stärkste Fangruppierung des Landes boykottiert die Spiele ihrer Mannschaft aus Protest gegen das Mamic-Konstrukt, das bis weit in den kroatischen Fußballverband HNS hineinreicht.

Von Zoran, der nebenbei auch die Stelle des Sportdirektors ausfüllt, verpflichtete südamerikanische Spieler wurden in den vergangenen Jahren teilweise eingebürgert. Prominentestes Beispiel ist sicherlich der Brasilianer Eduardo, der seit geraumer Zeit für die kroatische Nationalmannschaft spielt - und einst von Dinamo zum FC Arsenal transferiert wurde.

Die Aufnahme in den Kreis der Nationalmannschaft garantiert eine verstärkte Aufmerksamkeit, einen höheren Marktwert und letztlich mehr Transfererlöse. Die dann in den Taschen der Mamic-Brüder landen? Dinamo-Präsident Zdravko, der im Nebenjob auch noch Vizepräsident des HNS ist, weist die Vorwürfe entschieden zurück. "Das alles ist haltlos und konstruiert! Wir haben so viele Anschuldigungen überlebt und Versuche, den Klub kaputtzumachen. Ich kenne nichts und niemanden, der diesen Erfolg geschafft hätte, in so einer feindlichen Umgebung", wird der Patron zitiert.

Die Institutionen unter Kontrolle

Dass er Dinamo nach seiner Machtübernahme in seiner Vereinsstruktur nach seinem Gusto komplett umgekrempelt und als Entscheidungsträger nur eigene Gefolgsleute eingesetzt hat, verschweigt er dabei ebenso wie die Tatsache, dass er mit Hilfe seines Freundes Mirjan Hanzekovic mittlerweile nun auch größten Einfluss auf die Medien des Landes hat. Unternehmer Hanzekovic hat sich die EPH einverleibt, den größten Medienkonzern Kroatiens.

Das Geflecht aus Wirtschaft, Politik und Medien trägt die Mamic-Brüder sanft. Selbst der anstehende Gerichtstermin sorgt kaum für unruhige Nächte. Mamics Arm soll auch bis in die Staatsgewalt hineinreichen, von Richtern und Staatsanwälten hätten die beiden wenig zu befürchten. Also geht es immer weiter und das Familienimperium wird munter ausgeweitet. Nichte Sanda Mamic betreut die Marketingabteilung Dinamos, Zorans Sohn Mario schleust als Spielervermittler immer wieder neues Personal in den Klub.

Die Initiative der Ultras gegen die Missstände und die Ausbeutung ihres Klubs läuft fast komplett ins Leere. Die Politik ist hilflos oder will im schlimmsten Fall erst gar nicht eingreifen. Zdravko und Zoran Mamic beherrschen Dinamo und den kroatischen Fußball fast nach Belieben. Als im September Niko Kovac als Nationaltrainer gehen musste, hatte auch Zdravko Mamic seine Finger im Spiel. Nachfolger ist Ante Cacic, 61 Jahre alt und ein ziemlicher Unbekannter. Aber eben ein Duz-Freund des Vizepräsidenten Zdravko.

JTI zertifiziert JTI zertifiziert

"So arbeitet die Redaktion" informiert Sie, wann und worüber wir berichten, wie wir mit Fehlern umgehen und woher unsere Inhalte stammen. Bei der Berichterstattung halten wir uns an die Richtlinien der Journalism Trust Initiative.